Nach den Schülern sind nun auf Mallorca auch die Studenten dran. Das neue Semester an der Balearen-Universität UIB fängt am 28. September an. Infolge der Pandemie sind die Insulaner nun auch an der Universität fast unter sich. „Für das anstehende Wintersemester haben wir das Erasmus-Programm eingestellt. Es werden also weder Studenten anderer Universitäten nach Palma de Mallorca kommen noch UIB-Studenten ins Ausland gehen", sagt Ricardo Sagrera vom örtlichen Erasmus-Amt. Erst im kommenden Jahr sei das wieder möglich.

Dabei ist Palma de Mallorca keine klassische Universitätsstadt. Das erklärt sich allein schon durch die recht überschaubaren Zahlen. Laut einer Studie des spanischen Bildungsministeriums, die 2019 veröffentlicht wurde, waren im akademischen Jahr 2017/2018 13.605 Studenten auf Mallorca eingeschrieben. Im nationalen Vergleich der Regionen liegen die Balearen ­damit auf dem drittletzten Platz. Die MZ hat bei drei Studentinnen nachgefragt, wie das Studium in der Praxis aussieht.

Die Anfängerin

„Die Pandemie hat alles schwieriger gemacht", sagt Judith Martínez. Die 19-jährige Galicierin wohnt seit zwei Jahren auf der Insel und will nun mit dem Studium anfangen. „Schon in normalen Jahren ist die Einschreibung eine Menge Papierkram. Durch Corona musste ich für jeden einzelnen Behördengang einen Termin vereinbaren. Hilfe von den Mitarbeitern der Universität gab es nur über Online-Sprechstunden oder per Mail." In den kommenden Jahren will sie sich an der Uni zur Erzieherin ausbilden lassen. „Die Vorfreude ist wegen der Umstände dahin. Dabei sollen das doch die schönsten Jahre meines Lebens werden", sagt Judith Martínez.

Der Studentenalltag wird sich dabei nur wenig von ihrem bisherigen Schülerdasein unterscheiden. „Ich bleibe weiter bei meinen Eltern wohnen, die mich hoffentlich auch weiterhin finanziell unterstützen." Den künftigen Zeitaufwand schätzt sie nicht so enorm ein. „Ein Nebenjob müsste möglich sein. Bisher habe ich als Animateurin bei Dorfpartys gearbeitet. Das passt zu meinem Studium. Jetzt mit der Pandemie ist das aber natürlich schwierig." Ein bisschen trauert sie der verpassten Chancen nach, sich von den Eltern unabhängig zu machen. „Ich erlebe das WG-Leben bei Freunden und meinem Freund. Unter der Woche werde ich wohl nicht so viel Party machen können", sagt sie.

Die Fortgeschrittene

Jessica Perea hat ihr erstes Studienjahr schon hinter sich gebracht. Wobei es durch die Pandemie verkürzt war. „Am 26. März haben die Kurse aufgehört. Die Professoren sind unterschiedlich mit der Situation umgegangen. Bei einigen hat man gemerkt, dass sie einem ­helfen wollen. Andere waren selbst von der ­Situation überfordert, sind mehr oder weniger verschwunden und dann zur Prüfungszeit plötzlich wieder aufgetaucht."

Das führte zum Unmut der Studenten. Denn eine durchgefallene Prüfung ist nicht nur ärgerlich, sondern geht auch ins Geld. „Ein Studium kostet - je nach Anzahl der Module - etwa 1.200 Euro im Jahr. Beim ersten Versuch kostet ein Modul etwa 200 Euro, fällt man durch, wird im kommenden Semester der doppelte Betrag fällig."

Neben dem Geld ist auch die Zeit knapp bemessen. „Das Studium erlaubt mir kaum, in den Spiegel zu schauen", sagt die 19-Jährige, die Informatik-Ingenieurwesen studiert. Auch sie wohnt bei den Eltern. „Da habe ich es ruhiger." Das Wohnheim auf dem außerhalb von Palma ein wenig in der Einöde gelegenen ­Campus ist eher für die auswärtigen Studenten gedacht. „Der Zug ist ständig überfüllt. Man fühlt sich wie die Sardine in der Dose.

Dennoch sollte man den Zug nicht verpassen. Denn dann bleibt nur der Bus, der ewig rumgondelt", sagt Jessica Perea.

Im neuen Semester wechseln sich die Studenten in ihrem Kurs mit den Vorlesungen im Hörsaal ab. „Die eine Hälfte verfolgt den Unterricht vor Ort, die andere über den Laptop. Jede Woche wird gewechselt." Viel Zeit, um sich an das System zu gewöhnen, bleibt nicht. Bereits im Oktober steht die erste Prüfungsphase an. „Die Professoren setzen einen gehörig unter Druck." Vor den Examen essen die Studenten vermehrt in der Mensa. „Sonst geht da kaum jemand hin. Viele fahren nach Hause. Jede Fakultät auf dem Campus hat seine eigene Mensa. Für 8 Euro gibt es einen Hauptgang mit Getränken, Kaffee und Nachtisch."

Nach dem Lernen können sich die Studenten abends im großen Fitnessstudio der Uni austoben. „In meinem Studiengang ist Sport nicht so üblich", sagt Perea und lacht. „Ich selbst spiele aber Fußball im Verein."

Eine wirkliche Studentenkneipe gibt es in Palma de Mallorca übrigens nicht. „Aber im Es Gremi lungern immer Studenten rum", sagt Jessica Perea, „das ist schon eine kleine Tradition."

Die Expertin

Sarah-Therese Mann liebt das Unileben. So sehr, dass sie auch nach dem Studium den Campus nicht missen möchte und eine akademische Karriere anstrebt. „Ich stehe auf das Forschen. Es ist wie eine Detektivarbeit", sagt die Münchnerin, die seit zwölf Jahren auf der Insel wohnt. „Ich bin damals mit meiner Familie ausgewandert, als ich noch zur Schule ging. Das Abi musste ich per Fernstudium beenden." Das klappte so gut, dass sie mit dem Bachelor „Wirtschaftspsychologie und BWL" an einer Fernuniversität weitermachte. „Meine Spanischkenntnisse waren noch zu schlecht. Ich habe mir das Studium an der UIB nicht zugetraut." Nach dem Abschluss machte sie den Master-Studiengang „Interkulturelle Kommunikation" in München. Für Spanier unüblich, meint sie. „In der Tourismus-Branche braucht man in der Regel keinen Master. Höchstens vielleicht, wenn man Hoteldirektor werden möchte. Der Master ist für Leute, die es sich zeitlich und finanziell leisten können."

Oder eben ein Faible fürs Studieren haben. Mittlerweile studiert die Deutsche ihren zweiten Master in Linguistik, diesmal an der UIB. Ihr erster Master umfasste zu wenige Leistungspunkte. Sie konnte somit nicht direkt ihren Doktortitel machen. „Es ist ein verkürztes Studium, eine spanische Besonderheit. Der Master dauert nur ein Jahr, auch die Abschlussarbeit muss nur halb so umfangreich sein." Läuft alles glatt, kann sie im Sommersemester nächstes Jahr ihre Doktorarbeit anfangen. „Das Thema soll der Tourismus mit Schwerpunkt Sprache sein."

Die eigene Wohnung finanziert sie sich mit einem Job - natürlich an der Uni. „Ich gebe Sprachkurse in Deutsch und Englisch. Für deutsche Studenten manchmal auch einen Anfängerkurs Spanisch." Wesentlich verbreiteter als Jobben seien bei spanischen Studenten ­Stipendien, die becas. „Banken, Institutionen und der Staat bieten sie an. Die sind nicht nur für Studenten in finanzieller Notlage."

Die Corona-Auflagen dürften in ihrem Studium kaum für Probleme sorgen. „Wir sind im Studiengang höchstens zehn Leute, und die Uni ist technisch gut ausgestattet." Online-Vorlesungen sind daher kein Problem. Schwieriger ist der Kontakt zu den Kommilitonen. „Manchmal geht eine ganze Clique aus einem Dorf geschlossen zur Uni. Dann ist es schwierig, Anschluss zu finden." Die Deutsche befürchtet, dass es künftig auf dem Campus noch ruhiger zugeht. „Die Erasmus-Studenten haben einen großen Teil des Unilebens ausgemacht."

Die deutsche Variante

Neben der UIB legt auch die Ascenso Akademie wieder los. „Ab dem 26. September für die Studenten im dritten Semester, neue Studenten haben noch bis zum 28. Oktober Zeit", sagt Leiter Klaus Vorbrodt. Die Studenten sollen an der Privatuni selbst entscheiden können, ob sie den Unterricht vor Ort oder lieber am Laptop wahrnehmen möchten. „Die Flexibilität ist der Vorteil unserer kleinen Akademie."

Zumal die Anzahl der Studenten durch die Pandemie sinkt. „Das passiert auch in Deutschland durch die späten Abitur-Prüfungen. Bei uns kommt zudem die Reiseproblematik hinzu." Genaue Zahlen kann der Leiter wegen der noch laufenden Einschreibung nicht nennen. „Bisher hatten wir pro Studiengruppe 20 bis 25 Studenten. Im nächsten Semester wird es wohl nur noch die Hälfte sein."