Viele deutsche Mallorca-Residenten engagieren sich ehrenamtlich, das wird vor allem in Krisenzeiten deutlich. Nicht selten sind sie sogar die Initiatoren von Hilfsorganisationen auf der Insel. Umso mehr erstaunt es, dass die Caritas als eines der größten Hilfswerke auf Mallorca zwar rund 1.050 ehrenamtliche Mitarbeiter zählt - aber nur drei von ihnen Deutsche sind.

Die MZ trifft eine von ihnen. Rosa Hempel lebt schon so viele Jahre auf Mallorca, dass sie selbst nachrechnen muss. „Ich war 19, als ich herkam, jetzt bin ich 65", sagt sie. Damals hatte sie ihren Mann - einen Mallorquiner - in Freiburg kennengelernt. Sie zog zu ihm auf die Insel. Heute spricht sie nicht nur fließend Spanisch und Mallorquinisch, auch ihre sozialen Kontakte sind hauptsächlich im nicht-deutschen Umfeld verankert.

„Ich habe immer schon gerne Menschen geholfen", sagt Hempel ganz ohne Hochmut. In all ihren Inseljahren mischte sie bei zahlreichen Flohmärkten für den guten Zweck mit, betreute privat Obdachlose und machte es sich zur Angewohnheit, Bedürftigen auf der Straße Infos über Stellen zuzustecken, bei denen sie Hilfe bekommen. Auch in der Kirchengemeinde Parròquia de Sant Pau in Palma engagierte sie sich bei Hilfsprojekten. „Nicht, dass ich sonderlich religiös bin, aber es geht mir um den sozialen Aspekt", sagt sie.

In der Gemeinde lernte die Deutsche auch Maria Cristina Pérez kennen, eine Mallorquinerin, sieben Jahre jünger als Hempel und ebenso aktiv, wenn es darum geht, Menschen in Not zu unterstützen. „Cristina hat mich praktisch in die Caritas reingeschleust", sagt Hempel. Das war 2014, als die Caritas Mallorca gerade beschlossen hatte, in Palmas Stadtviertel La Vileta eine weitere Lebensmittelausgabestelle einzurichten. Seitdem ist Hempel fest mit im Boot der Caritas-Ehrenamtler und hilft jeden Montagvormittag dabei, die Bedürftigen, die zur Ausgabestelle kommen, mit

Lebensmitteln zu versorgen.

Dass ich Deutsche bin, hat nie eine Rolle gespielt", beteuert Rosa Hempel, und Cristina Pérez nickt. „Es wäre toll, wenn mehr Deutsche mithelfen würden, wir können momentan jeden gebrauchen", sagt Pérez. Sie hat bereits 2008 erlebt, wie eine Wirtschaftskrise die Armut in die Höhe schießen lässt. „Diesmal ist es noch viel schlimmer, denn es trifft fast jeden in irgendeiner Form."

Vor Corona gab die Caritas Lebensmittel an jegliche Bedürftige aus, die sich bei der Hilfsorganisation meldeten. „Wegen der hohen Nachfrage mussten wir nun umstrukturieren", berichtet Hempel. Andere Hilfsorganisationen und die Rathäuser kümmern sich um Menschen, denen offiziell und vom Sozialamt bescheinigt Hilfen zustehen. Die Caritas wendet sich ausschließlich an Migranten, die keine gültige Aufenthaltsgenehmigung haben und ohne alles dastehen.

„Bevor sie sich Lebensmittel holen dürfen, müssen sie sich mit einem Caritas-Sozialarbeiter in Verbindung setzen. Der analysiert dann, was er oder sie braucht", sagt Rosa Hempel. Sie empfängt die Bedürftigen am Eingang der Ausgabestelle, vergewissert sich, dass sie auf der Liste der Sozialarbeiter stehen und überträgt die Daten später in ein digitales System. Nicht selten ist sie den Menschen auch einfach ein Ansprechpartner. „Viele brauchen jemanden, der ihnen zuhört, weil das sonst kaum jemand tut."

Anders als bei vielen anderen Tafeln dürfen sich die Nutzer in La Vileta selbst an den Hilfsgütern bedienen. Wie in einem Supermarkt sind Grundnahrungsmittel, Hygiene- und Putzartikel in offenen Regalen verstaut. Statt Preisschildern gibt es ein Punktesystem. „Jeder darf so selbst aussuchen, was er benötigt. Das ist würdiger", findet Hempel. Wenn sie nicht bei der Caritas hilft, arbeitet sie als Sekretärin. Auch familiär ist die 65-Jährige stark eingebunden. „Oft fehle es mir schlicht an Zeit, mehr zu tun." Immerhin naht nun die Rente - und mit ihr die Möglichkeit, sich noch häufiger zu engagieren.