Andre Engelhardt ist ein gutgelaunter Mensch, der in seinem Leben eine richtig gute Idee hatte: 1994 sicherte er sich die Rechte an der Marke Ballermann. Er besitzt sie heute noch. Engelhardt ist durch Geschäfte mit Lizenz- und Markenrechten ein wohlhabender Mann geworden, der entspannt auf seiner Ballermann-Ranch im tiefsten Niedersachsen in den Sonnenuntergang reiten könnte.

Doch es zürnt im Landkreis Diepholz. In einer Pressemitteilung der Marke Ballermann in der es eigentlich um eine Geld-Spende für Pferde geht, ändert sich plötzlich die Tonlage. Da heißt es dann, recht frei vom bisherigen Kontext: Zukünftig solle es „keine Eskalations-Partys unter der bekannten Partymarke mehr geben".

Weiter heißt es in der Pressemitteilung: "Leider mussten wir seit 2016 beobachten, dass durch das unflätige und respektlose Auftreten einiger Mallorca-Protagonisten gegenüber den Spaniern, der Marke 'Ballermann' Schaden zugefügt wurde und ein Image-Problem drohte." Und der Markenchef legt noch einen drauf: "Assi-Partys können gerne die anderen machen."

So ruhig wie seit 50 Jahren nicht mehr

Einen aktuellen Anlass für diese wuchtigen Worte dürfte es eigentlich nicht geben, am sogenannten Ballermann an der Playa de Palma ist es derzeit so ruhig wie seit 50 Jahren nicht mehr. Von „Assi-Party" weit und breit keine Spur in coronabedingter Ermangelung schlecht erzogener Trinker, die bereit sind, aus der Rolle zu fallen. Und bisher sieht es nicht danach aus, als würde es in diesem Jahr Gelegenheit zur Eskalation geben.

Dennoch will Engelhardt diese Zeit des Stillstands nutzen, um auch die Marke Ballermann für die nahe Zukunft, also eine mögliche Saison 2022, aufhübschen zu wollen. Anruf auf der Ballermann-Ranch in Scholen (Niedersachsen). Andre Engelhardt ist am Festnetz-Telefon: „Eigentlich ist der Ballermann, wie ich ihn kenne, eine positiv-verrückte Party-Institution mit sympathischen Leuten. Aber das Ganze ist entgleist."

Die Fehler sucht er dabei auch bei sich. „Wir haben uns das Ganze zu lange angeschaut und auch zugelassen. Es tut uns ehrlich leid, für die Marke aber auch ganz besonders für Mallorca". Es wurde so dermaßen übertrieben, so Engelhardt, dass den Behörden eigentlich gar keine andere Möglichkeit blieb als eine Null-Toleranz-Politik zu betreiben. „Das Niveau muss sich dauerhaft ändern!", sagt er.

14 Euro fürs Rührei im Chalet Siena

Engelhardt ist mit diesem Gesinnungswandel nicht allein. An der Playa de Palma ist bereits ein neues Niveau zu spüren. Im Chalet Siena, einem der wenigen derzeit geöffneten Restaurants, kostet das Rührei 14 Euro. Dieses kulinarische Aushängeschild von „Palma Beach", der offiziellen Gegenbewegung zum Ballerman, gehört Juan Ferrer mit seiner Familie. Er tritt seit Jahren massiv für eine Qualitätsoffensive an der Playa des Palma ein. Ihm gefällt die Einsicht der Ballermänner. „ Als der Ballermann erfunden wurde, ging es nicht um Sauftourismus, sondern um Spaß. Wenn es der Anspruch der Marke Ballermann ist, wieder mit mehr Stil zu feiern, dann können wir das nur unterstützen."

Und auch aus dem Partytempel Megapark ist zu hören, dass derzeit das künstlerische Niveau überprüft wird. Die Vermutung dabei: Viele frivole Zicke-Zacke-Jodler aus den vergangenen Jahren werden aussortiert. Generell denke man über einen Musikwechsel nach, hin zu internationalen Acts in der Hochsaison und Schlager-Stars in der Vor-und Nachsaison.

Die Tendenz geht auch bei der Konkurrenz in der Schinkenstraße in Richtung musikalische Deeskalation. Die Pabisa-Gruppe hat direkt hinter dem Bierkönig zwei neue Luxushotels gebaut. Ausschreitungen wie in den „harten Jahren" 2016/2017 soll es schon deshalb nicht mehr geben, um zahlungskräftige Hotelgäste nicht zu verschrecken. Schon vor Corona war die Szene rund um den Feiertempel entschärft worden durch Auflagen und Sicherheitsmaßnahmen. Diese Politik der „Befriedung" scheint dort selbst bei den bisher störrischen Anrainern kaum noch auf Widerstände zu stoßen.

Wie wird der Ballermann 3.0 aussehen?

So könnte Corona in der Tat zu einer Zäsur in der Geschichte der Playa de Palma werden. Eine Zeitenwende, die von den meisten Gastronomen und Hoteliers mit Spannung erwartet wird. Jedoch: „Es kommt jetzt tatsächlich darauf an, wie der erste Fußballverein sich benimmt, der auf der Insel aufschlägt", sagt ein einflussreicher Playa-Wirt. „Und dann müssen wir schauen, wie von offizieller Seite darauf reagiert wird". Bisher ist er allerdings beeindruckt. „Unter den derzeitigen Gästen sind tatsächlich auch typische Party-Urlauber. Aber, die grölen nicht, die benehmen sich anständig und gehen um 22.30 Uhr nach Hause". Ab 23 Uhr gilt derzeit ohnehin eine Ausgangssperre.

Doch was passiert, wenn die Party-Maschinerie wieder anspringt? Nichts wird so werden wie es vor Corona war, darin ist man sich weitgehend einig an der Playa. Aber das Aussehen des Ballermann 3.0 wird vor allem vom gemeinsamen guten Willen abhängen. Vom Willen der Touristen und derer, die vom Tourismus leben. Aber letztendlich von einigen wenigen, die für das Unterhaltungs-Programm der nächsten Dekade an der Playa verantwortlich sind.

Engelhardt zumindest will sich konstruktiv an einer neuen Playa de Palma beteiligen. „Im Leben geht es um Achtung und Respekt. Und das gilt auch im Urlaub. Wir werden mit unseren Partnern mithelfen, aus dem Ballermann wieder einen positiven Ort zu machen."