Nur bei unerträglichen Wechseljahrsbeschwerden sollten Frauen die früher bedenkenlos verschriebenen Östrogene und Gestagene einnehmen.

Bis zur Jahrtausendwende wurden Östrogene und Gestagene bei Frauen um und nach den Wechseljahren (Menopause) als sogenannte Hormonersatztherapie großzügig eingesetzt. Neue Studien konnten jedoch den Nutzen nicht belegen und fanden erhebliche Risiken, vor allem bei Langzeitanwendung. Die ersten Ergebnisse dieser Studien konnten viele der bis dato vermuteten positiven Effekte einer Hormontherapie nicht bestätigen. Sie fanden vielmehr bis dahin unterschätzte Risiken und Nebenwirkungen. Dies führte zu einem massiven Rückgang der Verordnung von Östrogen- und Gestagenpräparaten an Frauen. Viele Frauen wehren sich auch gegen die Medikalisierung des Klimakteriums und der Postmenopause und sehen darin normale Lebensphasen, die keiner Medikamente bedürfen.

Generell besteht Einigkeit darüber, dass eine Therapie mit Östrogenen (±Gestagenen) die wirksamste Behandlung für Hitzewallungen und Schweißausbrüche ist, die durch Östrogenmangel bedingt sind. Aber entgegen bisheriger Meinungen scheint eine Hor­montherapie (HT) nicht zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geeignet zu sein. Nur bei Frauen im Alter von 50 bis 59 Jahren ergab sich durch eine Hormontherapie kein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der Herzkranzgefäße und Schlaganfälle. Bei Frauen nach Entfernung der Gebärmutter war sogar eine fast signifikante Verminderung der Häufigkeit von Herzerkrankungen und der Sterblichkeit hierunter zu verzeichnen.

Hingegen bei Frauen, die im Alter von rund 60 Jahren mit der HT begonnen hatten, fand sich sowohl in der reinen Östrogen- als auch in der Östrogen/Gestagengruppe eine si­gnifikante Erhöhung der Häufigkeit von Schlaganfällen, bei den über 70-Jährigen zusätzlich eine signifikante Häufung von Herzerkrankungen. Diese Daten zeigen, dass nur für Frauen ohne relevante Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen, die im Alter zwischen 50 und 59 Jahren eine HT durchführen, das Risiko für Herzkreislauferkrankungen und Schlag­anfälle nicht erhöht wird.

Nach einer neuen Analyse, die auf Daten von 700.000 Frauen beruht, führt eine Hormontherapie zu einer deutlichen Erhöhung der Brustkrebsrate, und zwar auch bei denen, die mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen behandelt wurden. Interessanterweise ist der Anstieg der Mammakarzinome schon nach einer kurzfristigen HT zu verzeichnen, normalisierte sich aber wieder nach dem Absetzen. Dies spricht dafür, dass hier meist eine durch die Hormontherapie bedingte beschleunigte Wachstumsrate von Vorstufen eines Brustkrebses möglich ist.

In der Tat belegen neue Daten einen deutlichen Rückgang der Häufung von Brustkrebsfällen durch die reduzierte Häufigkeit einer Hormontherapie, was wiederum zu einem weiteren Einbruch dieser Therapie beitrug (in den USA minus 75 Prozent). Es gibt aber auch andere Daten und Meinungen, die eine Gefahr einer Therapie mit Östrogenen alleine nur nach einer langen Behandlungsdauer sehen und bei kurzzeitiger Anwendung die Gefahr eines Brustkrebses eher senken könnte. Aus diesem Grund ist man sich einig, dass eine zeitlich begrenzte Hormontherapie mit reinen Östrogenen zu keinem oder nur minimalen Anstieg des Brustkrebsrisikos führt, während die kombinierte Östrogen/Gestagentherapie die Gefahr vorübergehend relevant erhöhen kann.

Die Häufigkeit von Gebärmutterkrebs wird bei korrekter Anwendung von Östrogenen und Gestagenen nicht erhöht, die Gefahr von Dickdarmkrebs sinkt leicht, jedoch steigt unter der Kombinationstherapie die Häufigkeit von Eierstockkrebsen und auch der Demenzerkrankungen.

Unumstritten ist die positive Wirkung der Östrogene auf den Knochenschwund (Osteoporose), aber hier gibt es zwischenzeitlich weit sichere Medikamente, die einer solchen Erkrankung wirksam entgegentreten.

Zusammenfassend ist eine Hormontherapie nur bei Frauen mit unerträglichen Wechseljahrbeschwerden (insbesondere Hitzewallungen) zur Linderung der Symptome kurzfristig vertretbar. Eine klare Notwendigkeit besteht auch bei klimakterischen Blutungsstörungen, wenn zuvor durch eine Ausschabung bösartige Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut als mögliche Ursache ausgeschlossen werden konnte.

Zuletzt kann eine Hormontherapie auch bei altersbedingten Schrumpfungsprozessen der Scheide oder deren Entzündungen in Frage kommen, hier sollte aber zunächst eine Salbentherapie zum Einsatz kommen. Eine Östrogentherapie zur Vermeidung und Behandlung der durch Osteoporose bedingten Knochenbrüche ist weiter umstritten. In jedem Fall sollte in einer Hormontherapie eine regelmäßige gynäkologische und internistisch-kardiologische Untersuchung zur frühzeitigen Entdeckung von Komplikationen durchgeführt werden.

Der Autor ist Internist und Kardiologe in der Clínica Picasso in Palma, Tel.: 971-22 06 66.