Alkoholsucht? Ich brauche Alkohol nicht und kann jederzeit wieder aufhören, so denken viele. Aber eine Tatsache ist, dass 10 Prozent der Deutschen einen riskanten Alkoholkonsum haben und mehr als drei Millionen Deutsche als alkoholabhängig gelten. Gesundheitliche Schäden treten spätestens dann auf, wenn Frauen täglich 20 Gramm und Männer 40 Gramm Alkohol konsumieren. Der Weg in die Alkoholabhängigkeit verläuft meist in drei Schritten.

Der erste Schritt: Wir fühlen uns deprimiert, ängstlich, unsicher, angespannt oder haben Langeweile und trinken Alkohol, um diese Probleme zu vergessen. Und sehr schnell erkennen wir, dass unter dem Alkoholkonsum erst einmal die Schmerzen nachlassen, die Anspannung und Unsicherheit sich in Luft auflösen oder sich zu mindestens abschwächen.

Der zweite Schritt: psychische Abhängigkeit. Wir greifen immer häufiger und schneller zum Alkohol als Problemlöser. Und selbst unsere Umwelt belohnt uns zunächst dafür, dass wir beim Trinken mithalten. Irgendwann kommen wir gar nicht mehr auf die Idee, unsere Probleme ohne Alkohol anzugehen, denn wir greifen dann automatisch zur Flasche, um Hemmungen abzubauen, Sorgen zu vertreiben und zur Entspannung zu gelangen.

Der dritte Schritt: körperliche Abhängigkeit. Irgendwann gewöhnt sich der Körper an den Alkohol und wird abhängig davon. Dabei betrachtet der Körper den Alkohol als körpereigene Substanz und meldet sich, wenn zu wenig von dieser Substanz in ihm ist. Entzugserscheinungen melden sich in Form von Verlangen nach Alkohol, innerer Unruhe, Zittern, Angstgefühlen, Schweißausbrüchen. Sind wir erst einmal körperlich abhängig, trinken wir aus Angst vor den Entzugserscheinungen und auch, damit andere nicht merken, wie weit wir „heruntergekommen“ sind. Ist eine körperliche Abhängigkeit entstanden, gibt es keinen Weg mehr zurück zum gemäßigten und kontrollierten Trinken - ärztliche und therapeutische Hilfe sind unumgänglich.

Was sind Alarmsignale einer Alkoholsucht? Wenn man ein Versteck mit alkoholischen Getränken anlegt, wenn man auf der Arbeit auf seinen Alkoholkonsum angesprochen wird, wenn man Schuldgefühle nach dem Konsum von Alkohol empfindet, wenn man morgens zittert und dies

nach Alkoholkonsum besser wird, wenn man Gedächtnislücken hat, wenn man täglich trinkt.

Was tun, wenn man bereits alkoholkrank ist? Viele Alkoholabhängige haben anfangs Angst davor, sich eingestehen zu müssen, abhängig zu sein. Denn keiner möchte zu den „Alkis oder Tippelbrüdern“ gehören. Es ist aber keine Schande, ein Alkoholproblem zu haben. Es ist nur wichtig, dagegen etwas zu unternehmen.

Welche Möglichkeiten gibt es auf der Insel? Es gibt hier verschiedene Selbsthilfeorganisationen, an die sich der Süchtige wenden kann. Ein noch recht junges Projekt wurde von Udo Mühmer unter dem Namen „Suchthilfe-­Mallorca“ ins Leben gerufen. Udo Mühmer will für alle Betroffenen mit einer Suchtproblematik Ansprechpartner sein. Schnell, unbürokratisch und mit viel Menschlichkeit möchte er - selbst einmal ein Betroffener - sich für die Belange der „Süchtigen“ einsetzen. Dabei kann man ihn rund um die Uhr über sein Handy (Tel. 660-17 36 86) erreichen. Häufig fällt es leichter, sich zu öffnen, wenn man weiß, dass der Ansprechpartner eine/n versteht, da er selber einmal in dieser Situation war. Eine anschließende Therapie mit einem körperlichen und psychischen Entzug kann dann mit ärztlicher Hilfe eingeleitet werden. Denn es kann immer geholfen werden, wenn vom Betroffenen der erste Schritt zur Annahme seiner Krankheit unternommen wird.

Die Autorin ist Allgemeinmedizinerin in der Clínica Avenida Paguera, Tel.: 971-68 90 28.

Der ehrenamtlich tätige Udo Mühmer hat mit seinem Projekt „Suchthilfe-Mallorca“ schon viel in Bewegung gesetzt. Jetzt, da er durch Anzeigen, Zeitungsartikel und Radiointerviews auf der Insel bekannt geworden ist, sucht er Räumlichkeiten für sein Projekt. Damit die Betroffenen eine Anlaufstelle haben und sich regelmäßig treffen können. Diese Räumlichkeiten sollten zentral liegen, am besten im Raum Santa Ponça oder Peguera.