Spannende Endspiele, Sieger, Verlierer, Pokale und große Emotionen: Fußball berührt die Menschen - und belastet manchmal das Herz. Vor allem Männer haben während aufregender Fußballspiele ein deutlich höheres Risiko für Herz­probleme als Frauen.

Die Aufregung bei spannenden Fußballspielen kann bei engagierten Fans und besonders bei Trainern zu Herzproblemen führen. Dazu gibt es tatsächlich Daten: An der Münchner Uni­klinik Großhadern werteten Ärzte während der WM 2006 Notfallprotokolle aus und stellten fest, dass an Spieltagen der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft wesentlich mehr Menschen Herzrhythmusstörungen oder sogar Herzinfarkte hatten als an anderen, spielfreien Tagen - und zwar unabhängig von heißen Temperaturen oder Ozonwerten.

Ein Zusammenhang zwischen emotionalem Stress und Herzproblemen scheint äußerst wahrscheinlich, da die Ereignisse meist innerhalb von zwei Stunden nach dem Anpfiff auftraten. Zudem sind offenbar überwiegend Männer betroffen: Während das Risiko, ein Fall für den Notarzt zu werden, bei gesunden Männern 3,3 mal höher ist und bei Männern mit Vorerkrankungen sogar auf ein Vierfaches steigt, haben Frauen „nur" ein circa zweifach erhöhtes Risiko.

Auch Forscher aus der Schweiz fanden in einer von ihnen untersuchten Region heraus, dass während der WM 2002 60 Prozent mehr tödliche Herzinfarkte auftraten als im gleichen Vorjahreszeitraum. Als Ursache für diesen Anstieg geben sie Stress und Ärger an. Vor allem bei Patienten mit vorgeschädigten Herzen kann jede extreme Stress­situation der Auslöser eines gravierenden Herzproblems sein.

Wenn die Identifikation mit dem Verein unter echten Fans zum Lebensinhalt wird, fordert sie also mitunter ihren Tribut. Das bestätigen auch Sportpsychologen. Verliert der Verein, verliert der Fan mit ihm und kann sich sogar stärker betroffen fühlen als ein Spieler der unterlegenen Mannschaft.

Noch härter trifft es mitunter die Trainer: Eine Düsseldorfer Untersuchung der Stresshormonwerte bei Trainern vor, während und nach einem Spiel ergab in extremen Spannungsphasen einen Anstieg, der bis zu fünffach über dem Ruhewert lag. Die Kölner Sporthochschule stellte fest, dass bei Trainern die Herzfrequenz bereits vor Spielbeginn von 60 auf 135 Schläge pro Minute anstieg und bei gegnerischen Torchancen Spitzenwerte von 145 erklomm.

Der Trainer Gyula Lorant starb 1981 auf der Trainerbank seines griechischen Vereins an Herzversagen, nachdem ein Mittelstürmer das Tor verfehlt hatte. Auch Schottlands Trainer Jock Stein brach 1985 beim Schlusspfiff eines WM- Qualifikations­spiels tot zusammen. Manche Psychologen meinen, zur besseren Stressbewältigung könnte Trainern ein Coaching helfen. Fans mit Herzproblemen wird jedenfalls empfohlen, vor aufregenden Fußballspielen zum Arzt zu gehen und während des Zuschauens möglichst keinen Alkohol zu trinken.

Dr. Luai Chadid ist Internist und Kardiologe an der Clínica Picasso in Palma. Telefon: 971-22 06 66. www.clinica-picasso.eu