Wer die Telefonzentrale des Rettungsdienstes 061 betritt, spricht automatisch nur im Flüsterton - man will die Mitarbeiter nicht stören, die mit dem Headset auf dem Kopf vor zahlreichen Monitoren sitzen und praktisch ohne Unterlass im Gespräch sind. Linker Hand sitzen zwei Telefonistinnen, die die Anrufe filtern. Rechter Hand zwei weitere Mitarbeiter, die die Ambulanzen koordinieren. Und an der Stirnseite zwei Ärzte, die übers Telefon Patienten und Sanitätern zur Seite stehen. In einem abgetrennten Raum behält eine Koordinatorin den Überblick.

So geht das täglich im Drei-Schicht-Betrieb, 365 Tage im Jahr. Das CCUM (Centro Coordinador de Urgencias Médicas), das in Lagerräumen im Souterrain des früheren Landeskrankenhauses Son Dureta in Palma untergebracht ist, nimmt im Jahr mehr als 400.000 Anrufe entgegen und koordiniert mehr als 80.000 Rettungseinsätze auf den Balearen. Das bedeutet nicht nur, einen Rettungswagen zu schicken, wie 061-Leiter Iñaki Unzaga vom balearischen Gesundheitsministerium betont. „Wir erhalten von den Sanitätern vor Ort ein Elektrokardiogramm und informieren das Krankenhaus, auf was man sich dort einstellen muss."

Allerdings kam es immer wieder vor, dass der Patient, wenn der Ambulanzwagen des Rettungsdienstes eintrifft, bereits von einem privaten Dienstleiser abtransportiert wurde - weil der zufällig vor Ort war oder aber auf anderen Wegen von dem Notfall erfuhr (MZ berichtete). „Wir haben Hinweise, aber keine Beweise", sagt Unzaga. Er ist sich aber sicher, dass die Informationsweitergabe nicht in seinem Haus passierte, sondern beim allgemeinen Notruf 112, von dem man rund ein Viertel aller Anrufe weitergeleitet bekomme.

Die 112 hängt nicht vom Gesundheitsministerium ab, sondern vom Landesministerium für öffentliche Verwaltung. Dort wurde im vergangenen Jahr eine interne Untersuchung wegen Informa­tions­weitergabe eingeleitet - und inzwischen wieder eingestellt. Man habe letztendlich nicht nachweisen können, wo die undichte Stelle ist, so ein Sprecher - es gebe einfach zu viele Personen, die Zugang zum System hätten. Man müsse sich dieses als eine Art Zwiebel mit mehreren Schichten vorstellen: Die vielen Nutzer haben je nach Aufgabengebiet einen unterschiedlich weitgehenden Zugriff.

Wenn jetzt Reformen geplant sind, begründet das Pere Perelló, zuständiger Generaldirektor im Verwaltungsministerium, nicht mit den Filtrationen, sondern dem Ziel, schneller reagieren zu können und die Dienste besser zu koordinieren. Das ist allerdings eine heikle Angelegenheit, da die beiden Notfalldienste der Landesregierung jeweils ihre eigenen Strukturen haben und sogar räumlich voneinander getrennt sind. Die Kollegen von der 112, die alle Arten von Notfällen entgegennehmen und auch den Einsatz von Feuerwehr, Polizei und Zivilschutz koordinieren, befinden sich in Es Pinaret in der Gemeinde Marratxí.

„Sie können gerne zu uns kommen, wir haben Platz genug", meint Unzaga von der 061. Von den drei Tiefgeschossen im Gebäude habe man nur zwei bezogen. Er spricht sich zudem dafür aus, die Koordination der Krankenwagen bei der 061 zu belassen - schließlich sei hier die medizinische Kompetenz angesiedelt und die Anwendung der Notfallprotokolle garantiert.

Perelló dagegen hat andere Pläne: Die Koordination müsse in der Notrufzentrale 112 stattfinden, von hier aus sollen in Zukunft die Krankenwagen koordiniert werden - die des staatlichen Gesundheitsdienstes und die privaten Anbieter. „Wir können uns keine doppelten Strukturen erlauben", so der Generaldirektor. In den kommenden Tagen werde es Gespräche mit privaten Anbietern geben, um die Koordination zu klären und mit Hilfe der GPS-Technik alle Standortdaten der Kranken­wagen in einem System zusammenzuführen. „Wir wollen die Reaktions­zeiten verkürzen."

Die räumliche Trennung von 061 und 112 sei angesichts der heutigen Kommunikationstechnik vernachlässigbar, meint Perelló. Ohnehin sei geplant, dass man bei der Koordination in einer ersten Phase eine medizinische Fachkraft der 061 telefonisch hinzuzieht und diese in einer zweiten Phase auch vor Ort in der Notrufzentrale ihren Arbeitsplatz hat. Ein Umzug in die Son Dureta-Räumlichkeiten dagegen komme nicht in Frage.

Dort ist derzeit nicht nur das Callcenter untergebracht. Es gibt auch ein großes Lager, in dem unter anderem Gerätschaften für den Ebola-Notfall bereitstehen, sowie mehrere Schulungsräume. Auf einer Trage liegt eine rund 20.000 Euro teure Puppe, die bei der Ausbildung den Patienten ersetzt und auch sprechen kann. Das komplette Innere eines Krankenwagens wurde nachgebaut, und auch ein mobiler Brutkasten steht bereit.

Auf Mallorca sind ständig sechs auf schwere Notfälle spezia­lisierte Ambulanzfahrzeuge des Typs SVA (ambulancias de soporte vital avanzado) einsatzbereit - drei in Palma, drei weitere in Inca, Santa Margalida und Manacor. Hinzu kommen 20 über die Insel verteilte Fahrzeuge für weniger schwere Fälle, sogenannte SVB (ambulancias de soporte vital básico). Aber gerade im Sommer fehlen Kranken­wagen vom staatlichen Gesundheitsdienst IB-Salut, und es werden private Anbieter hinzugezogen.

Dann reichen auch die Ressourcen in der Telefonzentrale nicht mehr aus, und es muss aufgestockt werden. So wird garantiert, dass die Wartezeit in der Leitung bei Not­rufen nur bei durchschnittlich sechs Sekunden liegt, bei einer durchschnittlichen Gesprächsdauer von anderthalb Minuten. Und wenn alle Leitungen belegt sind? 061-Leiter Unzaga beruhigt: „Dann werden weniger dringende Anrufe in die Warteschleife gestellt." Und falls die Computertechnik zusammenbricht, stehen neben den Monitoren noch rote Analogtelefone bereit.