Olaf Naether will seiner Tochter zum Abitur ein ganz besonderes Geschenk machen: Er möchte ihr die Therapiekosten zum Einfrieren ihrer Eizellen finanzieren. „So kann sie unbeschwert nach der Ausbildung oder dem Studium und der manchmal langen Suche nach Mr. Right entscheiden, wann sie Kinder haben möchte", schrieb der Reproduktions-Endokrinologe des Juaneda Fertility Center in Palma der MZ vergangene Woche. Social freezing, im Spanischen preservación fertilidad (Fruchtbarkeits-Erhaltung), wird das Verfahren genannt. Es hilft einerseits Krebspatientinnen, deren Eizellen durch eine Chemotherapie geschädigt werden können. Andererseits nutzen es mittlerweile auch immer mehr gesunde Frauen, um ihre Familienplanung ohne Druck aufzuschieben.

Die Behandlung läuft folgendermaßen ab: Nach einer gründlichen Untersuchung unterzieht sich die Frau zunächst einer rund zehntägigen Hormonbehandlung, durch die ihre Eierstöcke mehr Eibläschen als sonst produzieren. Dabei kann es zu Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Stimmungsveränderungen oder einer Überstimulierung kommen. Unter Narkose werden der Frau dann Eizellen abgesaugt. Auch dabei kann in seltenen Fällen eine Blutung der Eierstöcke oder Infektion der Vagina auftreten. „Ziel sollten etwa acht bis 15 Eizellen sein. Je älter die Frau ist, desto mehr braucht man, damit das Verfahren Erfolg hat", erklärt Naether. Rauchen und Übergewicht können die Bildung von genügend nützlichen Eizellen erschweren.

Besteht später Kinderwunsch, werden die eingefrorenen Eizellen aufgetaut und durch den Samen des Partners oder eine Samenspende befruchtet. Fünf Tage später, erklärt Sandra Haitzinger von der Außenstelle des Instituto Valenciano de Infertilidad auf Mallorca, wird die befruchtete Eizelle eingesetzt. „Wenn es gut läuft, wird die Frau dann schon nach dem ersten Zyklus schwanger", sagt Naether. Rund 4.000 Euro kostet die Behandlung. Dazu kommen jährliche Lagerkosten von rund 200 Euro. Bei Krebspatienten übernimmt die Seguridad Social oder die Stiftung des Instituto Valenciano de Infertilidad die Kosten. Wer sich aus sozialen Gründen Eizellen einfrieren lässt, wird selbst zur Kasse gebeten.

Für den Erfolg des Verfahrens, betont Naether, ist primär das Alter der Eizellen entscheidend. Anders als Spermien, die der männliche Körper jeden Tag neu produziert, tragen Frauen ihre Eizellen seit ihrer Embryonalzeit in sich, erklärt er. Sie seien also sogar etwa fünf Monate älter als die Frauen. Daher empfehlen Reproduktions-Gynäkologen, sie möglichst früh einfrieren zu lassen. „Ab dem 25. Geburtstag sinkt die Schwangerschafts-, ab dem 27. steigt die Fehlgeburtenrate", betont Naether. „Wie jung oder fit eine Frau sich fühlt, ob sie immer gesund gelebt hat und viel Sport macht, spielt keine Rolle", erklärt auch Ana Belén vom Instituto de Fertilidad in Palma.

„Gesunden Frauen empfehle ich, sich im Alter von etwa 30 Jahren Eizellen entnehmen zu lassen. Haben sie Endometriose oder eine andere Erkrankung, von der die Eizellen betroffen sind, gilt je eher, desto besser." Frauen ab 40, die in Beléns Sprechstunde kommen, rät sie nicht mehr zum Einfrieren, sondern direkt zu versuchen, schwanger zu werden - wenn es sein muss, auf künstlichem Weg. „Die Erfolgsquote ist zu niedrig, die Risiken für Frau und Kind später zu hoch", so die 45-Jährige.

Eine späte Entnahme von ausreichend brauchbaren Eizellen ist komplizierter: Zum einen haben Frauen mit zunehmendem Alter weniger Eizellen. Zum anderen steigt bei älteren Frauen die Wahrscheinlichkeit, dass die Zellen Chromosomenstörungen wie Trisomie 21 oder 18 haben, erklärt Naether. Mit 40 Jahren liege die Konzeptionsrate einer Frau laut dem 65-Jährigen bei fünf Prozent pro Zyklus, die Fehlgeburtenrate bei 60 bis 70 Prozent. Oft kommen Frauen mit dem Wunsch einer Eizellen-Entnahme viel zu spät in die Fruchtbarkeits-Kliniken, berichten alle drei Reproduktions-Experten. Allgemein-Gynäkologen würden oft fälschlicherweise darüber informieren, dass die Chancen auf eine erfolgreiche natürliche Schwangerschaft erst mit 35 oder 40 sinken.

„Dabei ist es ein großer Unterschied, ob man die Eizellen einer 35- oder einer 39-Jährigen einfriert", bestätigt Haitzinger. „Dies sollte man den Schülerinnen schon im Biologie-Unterricht vermitteln", so Naether. Haitzinger fragt jede Patientin über 35 explizit nach einem eventuell bestehenden Kinderwunsch und verweist auf die Möglichkeit der Eizellen-Entnahme. Oft stellt die Österreicherin in den Gesprächen fest, dass ältere Frauen nicht beachten, dass sie vielleicht nicht nur ein Kind haben möchten: „Wenn eine Frau Ende dreißig es schafft, ihr erstes Kind auf natürlichem Wege zu bekommen, hätte sie durch das Verfahren zumindest für das zweite noch die eingefrorenen Eizellen als Sicherheit." Das Gute an der Methode: „Egal, ob Eizellen einen Monat oder zehn Jahre eingefroren waren, die Erfolgsrate beim Einsetzen bleibt dieselbe", erklärt Belén. Auch das Alter der Frau sei dabei eher unrelevant. In Spanien gelte laut Haitzinger kein gesetzliches Höchstalter. „Unsere ethische Grenze liegt allerdings bei 50. Uns ist es wichtig, dass Kinder keine zu alten Eltern haben", fügt sie hinzu. Trotzdem, findet sie, sollte sich eine Frau immer reif für die Schwangerschaft fühlen und sie nicht vom Druck der Gesellschaft abhängig machen.

In den letzten Jahren sei das Verfahren beliebter geworden. Rund 60 Prozent von Naethers Kunden kämen von Mallorca oder vom spanischen Festland, etwa 30 Prozent aus Deutschland, zehn Prozent aus dem Ausland. Dort sei das Verfahren oft doppelt so teuer.