Während in Deutschland eine private Krankenversicherung oft nur etwas für gut verdienende Bürger ist, haben in Spanien viele Arbeitnehmer einen zusätzlichen privaten Schutz. Mit diesem lassen sich die Nachteile der öffentlichen Gesundheitsvorsorge etwas aufwiegen. „Zum Beispiel hat man in Spanien keine freie Arztwahl", sagt Sassan Mikhtchi von Iberia Versicherungen. „Will man sich selbst seinen Arzt aussuchen, wird es teuer." Oder man holt sich eben eine Privatversicherung. „Mit der kann man fast das Niveau der deutschen Krankenversicherung erreichen", so Sassan Mikhtchi.

Witze über die bessere Behandlung von Privatpatienten gibt es viele. Doch oftmals haben sie auch einen wahren Kern. Das wird auch in der Pandemie deutlich. Während die Hausärzte (médicos de cabecera) von den öffentlichen Gesundheitszentren fast nur noch telefonisch erreichbar sind - die MZ berichtete in der Vorwoche -, ist der Begriff „Wartezeit" in der privaten Gesundheitsversorgung eher unüblich.

Neben den Gesundheitszentren und öffentlichen Krankenhäusern gibt es auf Mallorca auch mehrere Privatkliniken, wie die Clínica Rotger, Juaneda oder Miramar in Palma. Zudem bieten auch deutsche Ärztezentren Sprechstunden an.

Spätestens am nächsten Tag

Der Allgemeinmediziner Klaus Heyme von der deutschen Arztpraxis in Cala d'Or sieht die Telefonsprechstunde skeptisch. „Es gibt viele Krankheiten, die man nicht per Telefon behandeln kann." Er behandelt in seiner Praxis Notfälle vor Ort. Für kleinere Gebrechen und Alltagskrankheiten sei es aber besser, einen Termin auszumachen. Dafür steht er 24 Stunden lang unter der Nummer 627-93 47 17 zur Verfügung. „Bei Corona-Verdacht kann ich aber keinen Termin anbieten. Die Patienten müssen sich an die dafür eingerichtete Rufnummer 061 wenden." Um die Ansteckungsgefahr zu mindern, bleibt das Wartezimmer derzeit leer. „Die Leute müssen draußen ihre Daten auf iPads eingeben, die wir desinfiziert haben", sagt Heyme.

Auch das Deutsche Facharzt-Zentrum im Südwesten der Insel hat sich auf Corona-Patienten eingerichtet. „Wir können Corona-Tests durchführen, sowohl den Abstrich als auch den Antikörpertest", sagt der ärztliche Leiter Andreas Leonhard. „Wir waren auch während der Quarantäne für die Leute da und hatten einige Corona-Fälle gehabt." Dafür hat das Facharzt-Zentrum an beiden Standorten in Santa Ponça und Peguera ein separates Behandlungszimmer eingerichtet.

Ansonsten laufe der normale Betrieb. Patienten können im Notfall ohne Termin vorbeikommen. Diesen gibt es ansonsten aber nach Anruf (971-68 53 33) „spätestens am nächsten Tag". Dabei sei es egal, ob es sich um akute Krankheiten oder Vorsorgeuntersuchungen handelt. Wer den Gang zum Arzt scheut, kann sich auch telefonisch beraten lassen. „Viele Leute fragen nach Schlaftabletten. Die verschreibe ich aber ungern per Telefon", sagt Andreas Leonhard.

Die deutschen Arztpraxen sind gut ausgerüstet. In besonderen Fällen werden die Patienten zu Spezialisten weitergeleitet. Die Clinica Rotger etwa bietet alle Fachrichtungen an. „In den meisten Abteilungen haben wir auch einen Arzt, der Deutsch spricht", sagt ein Sprecher. Die Privatklinik hat sich wie die öffentlichen Krankenhäuser auf das Coronavirus eingestellt. Durch Markierungen am Boden sollen Covid-Fälle von anderen Patienten getrennt werden. „Wir sind das einzige Krankenhaus auf den Balearen, das von einer externen Einrichtung als covidsicheres Krankenhaus eingestuft wurde", so der Sprecher. In dringlichen Fällen können Patienten die Notfallaufnahme aufsuchen. Ansonsten gibt es per Telefon Termine beim Spezialisten (971-44 85 00).

Corona-Tests

In der Palma Clinic (971-90 52 02) läuft der Betrieb wie gewohnt. „Wir achten aber mehr auf Pünktlichkeit, um Menschenansammlungen zu vermeiden", sagt eine Sprecherin. Patienten mit Corona-Symptomen werden an das öffentliche Gesundheitssystem verwiesen. „Wir bieten aber die Corona-Tests an, die die Crews von Booten oder einige Touristen brauchen. Die Bestimmungen ändern sich laufend. Auf Zypern kommt man beispielsweise derzeit nicht ohne einen negativen Test rein."

Es gibt zwei Tests: Der PCR-Test in Form eines Abstriches prüft, ob man momentan das Virus hat. Dieser kostet - je nachdem, wie schnell man das Ergebnis braucht - meist zwischen 120 und 200 Euro. Den Antikörpertest gibt es für 70 bis 100 Euro. Dieser zeigt, ob man das Virus früher schon einmal hatte.

„Der Vorteil des Antikörpertests ist, dass man das Ergebnis nach zehn Minuten hat. Dafür ist es nicht aussagekräftig bezüglich der Ansteckungsgefahr", sagt Jens Döhring von der Clínica Santa Ponsa (971-69 94 45), der sich als Lungenfacharzt auf das Virus spezialisiert hat. „Der PCR-Test ist diesbezüglich genauer, dauert dafür aber bis zu zwei Tage."

„In Deutschland können ankommende Passagiere diese Tests kostenlos machen. Hier auf Mallorca zahlen es die Patienten aus der eigenen Tasche", sagt die Sprecherin der Palma Clinic. „Die private Krankenversicherung springt nur ein, wenn man den Test vor einer Operation machen lässt. Selbst bei kleinen Eingriffen ist das obligatorisch."

Kostenpflichtig sind die Tests mittlerweile auch in der Clínica Juaneda (971-73 16 47). „Nach dem Ausbruch der Pandemie schloss das öffentliche Gesundheitssystem mit den Privatkliniken ein Abkommen . Die Privatkliniken sprangen ein, um eine Überlastung der öffentlichen Krankenhäuser zu verhindern", sagt eine Sprecherin. Bei einem Corona-Rückfall könnte es erneut dazu kommen.

Kostenfrage

Wer sich ohne die passende Versicherung vom Privatarzt behandeln lässt, bleibt meist auf einer hohen Rechnung sitzen. „Wir weisen die Patienten vorab darauf hin, dass sie eine private Krankenversicherung oder als Touristen eine Reisekrankenversicherung brauchen", sagt Heyme. „Letztere gibt es in Deutschland meistens schon für 15 Euro pro Jahr für die ganze Familie."

Die Kosten für die private Krankenversicherung richten sich nach dem Alter des Versicherungsnehmers und dem gewünschten Versicherungsschutz. Anders als in Deutschland gibt es die private Versicherung nur ergänzend zur öffentlichen Krankenversicherung. „Man kann es drehen und wenden, wie man will, aus der Seguridad Social kommt man in der Regel nicht raus", so Sassan Mikhtchi von Iberia Versicherungen.

Die Preisspanne beträgt für einen 30-jährigen Arbeitnehmer zwischen monatlich gut 40 Euro für eine Basisversicherung mit Selbstbeteiligung - die Arztwahl beschränkt sich auf eine vorgegebene Liste, in der es kaum deutsche Ärzte gibt - und mehr als 300 Euro, in denen auch die Zahnarztkosten enthalten sind. Für einen 60-jährigen Arbeitnehmer würden die gleichen Versicherungen 72 Euro und 700 Euro pro Monat kosten.

Den Preis für die vom Privatarzt verschriebenen Medikamente sind höher als die vom öffentlichen Arzt. Mit einem kleinen Trick lassen sich aber Kosten sparen. Als Privatpatient nutzt man die Vorteile der Privatpraxis - schneller Termin, kompetente Beratung auch auf Deutsch - und fragt dann beim Hausarzt nach dem Medikament, das einem der Privatarzt verschrieben hat. Das hängt dann aber auch von der Meinung des öffentlichen Arztes ab.