Neben einer ausgewogenen Ernährung, dem richtigen Maß an Bewegung, Heilkräutern, der Grippe-Impfung oder regelmäßigen Spa-Besuchen (siehe vergangene Ausgaben) lohnt es sich für ein starkes Immunsystem auch, Mindfulness-Praktiken in unseren Alltag zu integrieren, die auf Mallorca angeboten werden. Ein Neurowissenschaftler und eine buddhistische Nonne erklären, was dahintersteckt und wie Anfänger sich langsam herantasten können.

Was hinter Mindfulness steckt

Eine wichtige Basis für ein starkes Immunsystem ist, unser Stresslevel möglichst niedrig zu halten. „Viele wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass man dies sehr gut durch Mindfulness-Praktiken erreichen kann. Sie verbessern zudem unser Selbstwertgefühl", sagt Neurowissenschaftler José Luis Reig, der in Pollença regelmäßig Retreats und Einzelstunden zu Mindfulness-Techniken anbietet. Einerseits ginge es darum, unsere volle Aufmerksamkeit auf das Jetzt zu lenken, also auf das, was in dem jeweiligen Augenblick geschieht. Ob beim Spazierengehen, Essen oder im Gespräch mit einem Kollegen: „Man trainiert das Gehirn so, dass es mit dem verbunden bleibt, was in der Gegenwart passiert, und immer seltener zu dem abschweift, was in der Vergangenheit war oder in der Zukunft sein wird", so Reig.

„Durch Mindfulness entspannst du dich nicht auf dieselbe Art, wie wenn du gute Musik hörst. Die Technik geht tiefer. Sie gibt dir Macht über dich selbst, darüber, deine Emotionen selbst zu steuern", fügt Reig hinzu.

„Für uns Buddhisten bedeutet Mindfulness die Fähigkeit, Gedanken zu verinnerlichen, die uns zur Ruhe bringen. Wer sich auf die Themen Liebe, Mitgefühl oder Großherzigkeit konzentriert, beruhigt den Geist", sagt Kelsang Rigma, buddhistische Nonne vom Meditationszentrum Kadampa in Palma. Wenn unsere Gedanken dann einmal ruhen, verlangsame sich nicht nur der Herzschlag. „Auf Dauer stärken wir so unsere Abwehrkräfte und können Alltagsproblemen, Krankheiten oder Mangelgefühlen ganz anders begegnen", so Rigma. Es habe sich gezeigt, dass kranke Menschen, etwa durch das Integrieren von Meditation oder indem sie in ihrem Alltag negative Gedanken wie Ärger oder Angst durch positive ersetzen, plötzlich viel bessere Untersuchungswerte aufwiesen, so Rigma. Wenn es uns gelinge, den Geist zu beruhigen, verbesserten sich auch unsere körperlichen Beschwerden.

Mindfulness goes Europa

Dass die Mindfulness-Techniken auch in der westlichen Welt, etwa Europa, bekannt wurden, ist Jon Kabat-Zinn zu verdanken. „Während buddhistisch geprägte Länder es schon viel länger praktizieren, machte Kabat-Zinn es um 1979 in Europa bekannt", sagt Reig. In einem Acht-Wochen-Programm habe er mit

Fibromyalgie-Patienten mithilfe von Mindfulness Stressprävention geübt. Sie lernten einen anderen Umgang mit chronischen Schmerzen. Mittlerweile helfe die Technik längst nicht nur Menschen mit dieser Erkrankung. „Mindfulness ist dennoch keine Praktik, die man in einer Sprechstunde, etwa bei mir, lernt, man muss sie als Lebensstil dauerhaft in seinen Alltag integrieren", betont Reig. Dann wirke das Konzept nicht nur präventiv. „Auch einen Schnupfen wie auch andere Infekte bekommt man mit einem robusteren Immunsystem und möglichst wenig Cortisol im Blut durch Mindfulness schneller wieder los", sagt der Neurowissenschaftler.

Einfach mal loslassen

Mindfulness zu trainieren, braucht laut beiden Experten seine Zeit. Bei der allerersten Übung ginge es zunächst darum, den Kopf zur Ruhe zu bringen und die Aufmerksamkeit auf einen ganz bestimmten Punkt zu legen, meist die Atmung. „Das hört sich erst einmal einfach an", sagt Reig, „aber ist bei 100 Milliarden Neuronen, die in unserem Kopf Signale senden, gar nicht so einfach."

Auch Rigma rät dazu, die Aufmerksamkeit zunächst auf den natürlichen Atemrhythmus zu legen. „Danach etwa auf das Gefühl, das entsteht, wenn man Luft durch die Nase hineinsaugt", so die buddhistische Nonne. Dadurch dass wir uns wie beim Blick durch ein Mikroskop auf einen Punkt fokussieren, würden wir alles andere außer Acht lassen, ohne es ganz zu vergessen. Gedanken, die uns permanent im Kopf herumschwirren, rücken in den Hintergrund.

„Wenn wir es geschafft haben, sie zu beruhigen, können wir uns einen guten Vorsatz überlegen, zum Beispiel uns bei der nächsten Gelegenheit nicht aufzuregen", sagt Rigma. Wer in Mindfulness-Techniken geübt ist, könne so künftig schon im Voraus erkennen, wenn sich negative Gedanken anbahnen und entsprechend gegenhalten. „Dem Buddhismus nach entstehen Unwohlsein und Krankheiten durch negative Gedanken. Wenn wir es schaffen, sie zu kontrollieren, können wir uns selbst gesund machen", davon ist die 49-Jährige überzeugt. Oft fokussierten wir uns nur darauf, was uns fehlt oder gerade schlecht läuft. Das mache uns unglücklich und krank.

Wann und Wie oft?

Genauso wie wir jeden Tag mindestens drei Mahlzeiten zu uns nehmen, damit der Körper Kraft hat, sollten wir auch täglich Mindfulness praktizieren, wozu etwa auch Meditation gehöre, so die buddhistische Nonne. Für den Anfang empfiehlt sie Einsteigern einen Besuch pro Woche in einem Meditationszentrum. Auch mit Videos auf Youtube ließen sich einige Techniken erlernen. Aus Mindfulness sollte dann eine Gewohnheit entstehen, die man in seinen Alltag integriert, am besten direkt morgens nach dem Aufstehen in Form von zehn bis 15 Minuten dauernden ersten Übungen und dann den ganzen Tag über immer wieder einmal, sagt Rigma.

Schon nach wenigen Wochen spüre man deutlich den allgemein positiveren Gemütszustand, ein stabileres Selbstwertgefühl und auch eine Steigerung des körperlichen Wohlbefindens, verspricht José Luis Reig.

INFORMATION

José Luis Reig

Tel. 669-49 66 34, Einzelstunden, Preis: 50 Euro, auch Tausch gegen Dienstleistungen möglich,

Facebook: Pollencamindful, www.joseluisreig.com

Centro de meditación Kadampa

Kelsang Rigma, C./Vincenç Joan i Rosselló, 59, Palma, Tel. 689-29 40 98, online oder vor Ort, Mindfulness: montags 19.30 bis 20.30 Uhr oder donnerstags 11 bis 12 Uhr, Preis: sechs Euro; Meditations-

kurse und Preise: unter www.meditaramallorca.org