Warmduscher werden schon beim bloßen Gedanken daran erschauern: Wer ganzjährig, also auch im Herbst oder Winter, auf Mallorca im Meer badet, regt seine Durchblutung und den Kreislauf an. Durch ein gestärktes Immunsystem haben Winterbader gute Chancen, langfristig den ein oder anderen Infekt abzuwehren. Eine Residentin, zwei Profischwimmer, der Koordinator für Badesicherheit an der Playa de Muro und ein Arzt geben Tipps, wie man dabei vorgeht.

Die Hobby-Winterbaderin

„Wenn ich an einem Tag mal nicht schwimmen kann, fühle ich mich abends direkt müder, mir fehlt tatsächlich etwas", sagt Renate Stieg, die von ihrem Wohnort in Illetes aus auch in den kühleren Monaten beinahe jeden Tag die drei Minuten zum Meer läuft. Momentan sei das Wasser zwar oft etwas aufgewühlt, aber trotzdem klar. Man sehe etwa keine Sonnencremereste, die die vielen Badegäste sonst mit ins Wasser schleppen. Auch deswegen sei das Bad in den Wintermonaten für die Schnorchlerin viel angenehmer als im Sommer inmitten der Massen. „Ich glaube tatsächlich, dass ich deswegen auch weniger krank bin", so die Residentin. Zum Arzt gehe sie nur für Routineuntersuchungen. „Ich fühle mich gut mit meinen 66 Jahren."

Und das Winterbaden wirke sich nicht nur auf ihren Körper positiv aus. „Anfangs war ich noch etwas ängstlich unterwegs. Doch seit ich mit Schnorchelbrille unterwegs bin und die Fische beobachte, macht es meinen Kopf frei. Corona zum Beispiel gibt es im Wasser für mich nicht", erzählt Stieg.

Statt sich direkt ins kühle Nass zu wagen, läuft die Norddeutsche zunächst eine Weile durchs etwa knietiefe Wasser. „Da muss man sich anfangs erst einmal überwinden und versuchen den Gedanken ,Oh, ist das kalt' abzustellen", weiß die Residentin. Nach einer Zeit stelle sich das Gefühl ein, dass das Wasser wieder wärmer wird, da man sich an die Temperaturen gewöhnt habe. „Wenn ich noch im Wasser laufe, Gänsehaut bekomme und mein Körper mir sagt ,Heute lassen wir das lieber', dann verschiebe ich das Baden eben auf den nächsten Tag", sagt Stieg.

Von längeren Pausen rät sie allerdings ab. „Wenn ich lange aussetze, kostet es mich wieder deutlich mehr Überwindung, mich ins Wasser zu wagen." Nachdem sie dann eine Weile drin gewesen ist, sei es ein tolles Gefühl, wieder aus dem Meer zu steigen und sich abzutrocknen. Sie rät Winterbadern, sich danach einen leichten Pullover anzuziehen und die eigenen Schwachstellen (etwa den Hals) zu bedecken.

Die Profischwimmer

Auch Langstrecken-Schwimmer Boris Nowalski, der schon für den guten Zweck von Mallorca nach Menorca geschwommen ist (MZ berichtete), spürt regelmäßig am eigenen Leib, dass das winterliche Schwimmen etwa seine Durchblutung fördert. „Ich bin tagsüber wacher und schlafe nachts besser. Zudem sind meine Atemwege freier, und das Meerwasser tut nebenbei noch meiner Haut gut", sagt Boris Nowalski.

„Die ersten fünf Minuten im Wasser sind allerdings besonders schmerzhaft, vor allem im Gesicht. Es gibt leider keinen besonderen Trick. Man muss es aushalten", erzählt der Costa Ricaner. Vor allem Neulinge sollten sich langsam ans kühle Nass wagen, rät auch er. „Jeder Organismus reagiert anders. Man muss ihn an die kühlen Temperaturen gewöhnen und sollte am ersten Tag auch nicht gleich eine ganze Stunde lang schwimmen. 20 Minuten sind ein guter Anfang, am zweiten Tag dann vielleicht Minuten mehr", so Nowalski.

Aus Sicherheitsgründen rät er, vor allem am Anfang möglichst eine Begleitperson mitzunehmen und sich zudem in Ufernähe aufzuhalten. „Zum einen ist man so vor Schiffen besser geschützt, zum anderen kommt man schneller aus dem Wasser, wenn man sich plötzlich schlecht fühlt oder etwa Wadenkrämpfe hat", sagt der erfahrene Schwimmer. Zusätzliche Sicherheit und Sichtbarkeit bietet eine Boje, die man hinter sich herzieht. „Wer nicht mehr kann, kann sich an ihr festhalten", sagt Boris Nowalski.

Auch Oliver Halder vom Hobby-Verein „Warmduscher", der einmal pro Jahr unter anderem das Ice Swimming German Open organisiert, rät zu einer Boje. „Es gibt auch welche mit wasserdichter Tasche. Da kann man etwa das Handy oder die Schlüssel hineinlegen, wenn man allein unterwegs ist." Außerdem empfiehlt Halder Anzüge in Neonfarben, in denen man in der dunkleren Jahreszeit besser gesehen wird.

Da das Wasser um Mallorca selten unter 14 Grad hat, ist die Gefahr der Unterkühlung hier geringer als anderswo. Weil es auch Profischwimmern im Winter bei einer Stunde Aufenthalt im Wasser zu kalt wird, ist aber auch Nowalski zwischen Dezember und März mit einem dünnen Neoprenanzug unterwegs. „Es sollte einer sein, in dem man sich noch gut bewegen kann", so der erfahrene Schwimmer. Für Anfänger seien preisgünstigere Modelle, die es zum Beispiel bei Decathlon gibt, geeignet. Auch bei „Tribe" im Gewerbegebiet Son Rossinyol in Palma werde man fündig. Für Fortgeschritten empfiehlt Nowalski Modelle von „Sailfish", „Orca" oder „Zone3".

Um sich nach dem kalten Bad aufzuwärmen, raten beide Winterschwimmer zu warmer Kleidung und einer Kopfbedeckung. „Der Körper verliert über den Kopf nun einmal die meiste Wärme", erklärt Oliver Halder und rät zu einer Gummi-Kappe (circa 5 Euro) oder Neopren-Kappe. Auch ein warmes Getränk sollte bereitstehen. „Wer sich sofort danach warm abduscht, dem wird der Körper wehtun. Das lasse ich lieber", findet Nowalski.

Der Rettungsschwimmer

Beim Schwimmen im Winter ist noch mehr Eigenverantwortung also sonst gefragt. Ab November gibt es an den Stränden der Insel keine Rettungsschwimmer mehr. „Die Vorfälle mit Badegästen in Not sind im Winter aber zum Glück eher selten. Die wenigen Menschen, die in den kühleren Monaten baden, sind meist besonders vorsichtig", weiß Toni Carrió, Koordinator der Badesicherheit an der Playa de Muro.

Wer sich zum Winterbad aufmacht, sollte laut Toni Carrió in jedem Fall vorher die Wetterlage checken, etwa auf der Seite des spanischen Wetterdienstes www.aemet.es oder unter www.es.windfinder.com. Achtung: Auf der Seite www.platgesdebalears.com würden derzeit nicht alle Informationen aktualisiert. Manchmal trüge der Sonnenschein. „Wenn es windig oder stürmisch ist, kann sich das beispielsweise sehr auf die Strömungen im Meer auswirken", so Toni Carrió.

Die an den Strandzugängen aufgestellten Schilder informieren über die dort vorherrschenden Gegebenheiten. „Bevor man allein ins Wasser geht, sollte man möglichst einem Bekannten per Handy Bescheid sagen und das Gerät dann mit einer wasserfesten Hülle am Arm befestigen und beim Schwimmen dabeihaben", sagt Toni Carrió. „Dann gleich zu Beginn am Ufer einen Punkt fixieren, etwa den Turm der Rettungsschwimmer oder ein Hotel." So könne man schnell merken, ob man etwa ungewollt abgetrieben ist und rechtzeitig gegensteuern.

Der Arzt

Wer im Winter ins Meer geht, braucht auf alle Fälle nicht nur gute Nerven, sondern sollte auch gesund und fit sein. „Mehr als einen Kilometer spazieren gehen können, reicht nicht. Schon eher ein Richtwert wäre es, einen Kilometer joggen zu können, bevor man sich auf das Winterschwimmen einlässt", sagt Fritz A. Nobbe, Neurologe in der Palma Clinic. Im Winter zu baden, sei eine sportliche Betätigung und somit eine körperliche Herausforderung. Wer Herzprobleme hat oder angeschlagen ist, für den sollte das Winterbad tabu sein, warnt Fritz A. Nobbe.