Es war Anfang März 2020, als Louise (Name von der Redaktion geändert) ins Krankenhaus in Inca musste. Der 80-Jährigen ging es schlecht, Ärzte stellten einen Herzfehler fest, entließen sie angesichts des bevorstehenden Lockdowns jedoch nach Hause, wo sie vorübergehend bei ihrer Tochter unterkam. Als sie im Juli endlich wieder untersucht wird, betont ein Arzt den Ernst der Lage. Die deutsche Mallorca-Residentin habe maximal noch ein bis anderhalb Jahre zu leben, nur eine OP könne helfen. Doch bis heute steht der Operationstermin aus - vor allem das Landeskrankenhaus Son Espases, das Louises Herzfehler behandeln soll, ist fokussiert auf die steigende Zahl der Corona-Patienten.

Dass Louises Fall kein Einzelfall ist, zeigen die Zahlen der balearischen Gesundheitsbehörde. Die ohnehin langen Wartelisten für Operationen im öffentlichen Gesundheitssektor sind durch die Pandemie noch deutlich länger geworden. Während Patienten Ende 2019 durchschnittlich 79 Tage auf operative Eingriffe warten mussten, die nicht als Notfälle gelten, betrug die Wartezeit im Dezember 2020 bereits 135 Tage. Das ist ein Anstieg von 71 Prozent. Im Einzugsbereich des Landeskrankenhauses Son Espases belief sich die durchschnittliche Wartezeit sogar auf 151 Tage nach 78 Tagen in Vor-Covid-Zeiten. Etwas entspannter ist die Situation in den Kreiskrankenhäusern Manacor und ManacorInca. Hier gab es vor der Corona-Pandemie keinerlei Patienten, die mehr als ein halbes Jahr auf ihr OP warten mussten, mittlerweile sind es 106 Patienten in Manacor und 28 in Inca.

Balearenweit mussten 3.099 Patienten im vergangenen Jahr mehr als sechs Monate auf eine OP warten. Das sind fast fünf Mal mehr als im Dezember 2019, als 641 Kranke diese lange Wartezeit in Kauf nehmen mussten. Auch die Wartezeit der ambulanten Sprechstunden bei medizinischem Fachpersonal stieg um fast 20 Prozent. Im Durchschnitt müssen Patienten des öffentlichen Gesundheitssystems 47 Tage warten, bis sie einen Termin mit dem Arzt wahrnehmen können.

Rentnerin Louise hatte wegen ihrer Herzprobleme zuletzt im Oktober Kontakt zu einem Arzt - der feststellte, dass sich die Verengung der Herzklappe seit dem Sommer noch verschlechtert hat. Seitdem wartet Louise auf einen Termin für die große OP - und sorgt sich, dass es bald vielleicht zu spät sein könnte. /somo

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