Seit genau einem Jahr lebt Mallorca nun mit dem Coronavirus. Am 9. Februar 2020, einem Sonntag, stand das Laborergebnis für einen Briten fest, der in der Gemeinde Marratxí wohnhaft ist. Er hatte sich im Skiurlaub am Mont Blanc mit SARS-Cov-2 infiziert. Seine Familie hatte der Brite nicht angesteckt, und auch sonst schien es zunächst so, als könnten die Balearen das Virus weitgehend unbeschadet überstehen. Ein Jahr später ist klar: Die Inseln befinden sich noch mitten in der Pandemie, je nach Definition in der zweiten oder dritten Welle. Stand Mittwoch (3.2.): 53.042 Menschen auf den Inseln haben sich nachweislich mit dem Virus infiziert, 611 sind gestorben.

Und doch gibt es Licht am Ende des Tunnels, wie der balearische Corona-Sprecher Javier Arranz am Mittwochmittag vor versammelter Presse - mit Maske und Abstand, versteht sich -, berichtete: „Wir befinden uns in einer positiven Dynamik, die Restriktionen haben ihre Wirkung gezeigt." Vor allem auf Mallorca habe sich die Lage seit Ende Januar deutlich verbessert. Die 14-Tage-Inzidenz liegt inzwischen bei 273 Fällen pro 100.000 Einwohner, vor Wochenfrist waren es noch 414. Kritisch ist die Situation weiterhin auf Ibiza (1.911 Fälle) und Formentera (883 Fälle). Am Mittwoch wurden auf Ibiza mit einem Wert von 157 erneut mehr positive Test-Ergebnisse vermeldet als auf Mallorca mit 129. Die Positivrate der Tests hat deutlich abgenommen: In den vergangenen sieben Tagen lag die Quote auf Mallorca bei 4,84 Prozent, auf den Balearen bei insgesamt 6,11 Prozent.

Kliniken sind weiterhin voll

Keine große Entspannung gibt es in den Krankenhäusern. 69 Prozent der Intensivbetten sind von Covid-19-Patienten belegt. „Vor uns liegen noch einige Tage, bis sich die Lage in den Krankenhäusern wieder entspannt", sagte Javier Arranz. Kritisch sei die Lage vor allem auf Ibiza, hier wird medizinisches Personal benötigt. Zur Unterstützung kommen nun von Mallorca zwei Dutzend Krankenschwestern.

Die bangen Blicke des seit Monaten überlasteten Gesundheitspersonals richten sich dieser Tage auf die inzwischen verstärkt auftretenden Mutationen des Virus. Auf den Balearen sei die britische Variante B.1.1.7 bereits für rund zehn Prozent der Infektionen verantwortlich, heißt es aus der Abteilung für Mikrobiologie des Landeskrankenhauses Son Espases in Palma. „In einigen Wochen wird diese Variante die vorherrschende sein", so der Corona-Sprecher.

Vorrangiges Ziel sei deshalb, die Neuinfektionen so weit zu drücken, dass ein verstärktes Auftreten der britischen Mutation nicht zu einem Kollaps des Gesundheitssystems führe. Deshalb sei es noch zu früh, Restriktionen wieder zu lockern. „Sobald wir Beschränkungen zu schnell aufheben, kommt es rasch wieder zu vielen Neuinfektionen, sodass kurz darauf die Krankenhäuser wieder voll sind."

Die balearische Linksregierung nimmt solche Empfehlungen ernst: Ministerpräsidentin Francina Armengol hatte bereits am Dienstag klargestellt, dass die Einschränkungen auch nicht unmittelbar aufgehoben würden, sollte Mallorca in Kürze nicht mehr als Hochrisikogebiet eingestuft werden (aktuelle Regelungen hier). Handelsminister Pedro Yllanes erteilte Hoffnungen von Vertretern großer Einkaufszentren auf eine schnelle Öffnung am Mittwoch eine Absage. Nach einem virtuellen Treffen mit der Branche sagte Yllanes: „Die Zentren werden schrittweise wiedereröffnet, und auch nur, wenn es die epidemiologische Situation erlaubt."

Impfungen sorgen für Ärger

Weiterhin schleppend läuft die Impfkampagne auch auf den Balearen. Nachdem in dieser Woche weniger neue Impfdosen als geplant auf den Inseln angekommen sind, wurden vorrangig Bewohner von Seniorenheimen und deren Pfleger geimpft. Bis Sonntag (7.2.) sollen dort nun 7.617 Menschen die zweite Dosis erhalten haben und dann praktisch immun gegen das Virus sein, wie die stellvertretende Direktorin der Gesundheitsbehörde IB-Salut, Eugenia Carandell, erklärte. Ab dem 8. Februar werde dann damit begonnen, Pflegebedürftige zu impfen, die noch zu Hause leben. Insgesamt werde es noch mehrere Wochen dauern, bis das gesamte Gesundheitspersonal auf den Inseln geimpft sei.

Laut Carandell sind auf den Balearen bislang 35.460 Impfdosen von Pfizer-Biontech und 1.500 von Moderna angekommen. Davon seien 27.380 verimpft worden, was einer Quote von 73,1 Prozent entspricht.

Noch mehr Vordrängler?

Für reichlich Unmut sorgten zuletzt auch auf Mallorca Führungskräfte, die sich mutmaßlich zu früh impfen ließen. So erhielten drei leitende Mitarbeiter von IB-Salut bereits am ersten Tag der Impfungen am 27. Dezember 2020 ihre Dosis, darunter auch der Leiter der Impfkampagne auf den Inseln, Carlos Villafáfila. Eugenia Carandell stellte klar, dass alle drei häufigen Kontakt zu Seniorenresidenzen und somit Risikogruppen haben. Zusätzlich hätten sich an jenem Tag weniger Bewohner in den Seniorenheimen befunden als geplant, weil sie wegen der Weihnachtstage bei Angehörigen weilten. So waren Impfdosen übrig. Kritik kam von der Opposition, aber auch der Koalitionspartner der Sozialisten, Més, forderte eine Untersuchung. Gesundheitsministerin Patricia Gómez schloss am Mittwochabend einen Rücktritt der Führungskräfte aus.