Erstmals ist auf Mallorca die brasilianische Virusvariante P.1 festgestellt worden. Das bestätigte der Chef der Mikrobiologie des Landeskrankenhauses Son Espases, Antonio Oliver, am Mittwoch (14.4.) auf einer Pressekonferenz. Das Laborergebnis habe am Dienstag (13.4.) vorgelegen. Es handele sich um eine routinemäßig erhobene Probe von einem PCR-Test, der zu einem Infektionsherd gehört, der zu insgesamt neun Ansteckungen geführt hatte. Der Infektionsherd sei unter Kontrolle, die PCR-Tests der übrigen acht Fälle werden jetzt ebenfalls analysiert.

Auf derselben Pressekonferenz erklärte der Corona-Sprecher der Balearen-Regierung, Javier Arranz, dass der neue Fund Anlass zu "einer gewissen Sorge" gebe. In Bezug auf andere Regionen in Europa sei es aber "zu erwarten" gewesen, dass man die Variante auch auf Mallorca finden würde. Man müsse nun die weitere Entwicklung beobachten.

Spanienweit wurden bereits 35 Fälle der Variante festgestellt. P.1. ist auch in anderen europäischen Ländern nachgewiesen worden, in Deutschland spricht das Robert-Koch-Institut von "vergleichweise wenigen Fällen".

Den bisherigen Studien nach zu urteilen, sei die Variante weder ansteckender noch gefährlicher als die bislang dominante britische Variante, erklärte Oliver. Besorgniserregend sei die Variante eher wegen der möglicherweise höheren Resistenz gegen die bisherigen Impfstoffe. Da sie nicht ansteckender als andere Varianten ist, sei aber keine weitere Ausbreitung zu erwarten. Es könnte allenfalls sein, dass man "ein paar weitere Fälle" feststelle.

Insbesondere werde man die übrigen Fälle desselben Infektionsherdes untersuchen, bei denen es sich wahrscheinlich um dieselbe Variante handele. Die Variante wurde bei einer Routine-Sequenzierung entdeckt, wie sie auf den Balearen intensiver durchgeführt werde als in anderen spanischen Regionen, so Arranz. Diese Sequenzierung nehme man vor allem vor, sobald ein Infektionsherd mit mehreren Ansteckungen entdeckt werde. Der Fund der P.1-Variante entstamme aus einer Sequenzierung eines Infektionsherdes (die Spanier sprechen von "brote"), bei dem sich insgesamt neun Personen angesteckt hatten.

Diese Ansteckungen werden mit einer Sportveranstaltung auf Mallorca und anschließenden privaten Kontakten in Verbindung gebracht. Der erste Positivtest dieses Infektionsherdes sei am 29. März dokumentiert worden. Neben den neun Ansteckungen wurden beim Verfolgen des Infektionsherds 40 weitere Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt, deren PCR-Tests negativ ausfielen.

Das Ergebnis der Sequenzierung stand am Dienstag (13.4.) fest. Der Infektionsherd stehe in keiner Verbindung mit zwei früheren Nachweisen einer anderen brasilianischen Coronavirus-Variante (bekannt als 1.1.28, einem Vorgänger von P1), stellte Arranz auf Nachfrage der MZ klar. Diese Meldungen hatten dem SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach Anlass gegeben, in deutschen Medien etwa am 25.3. vor einer P1-Variante auf Mallorca zu warnen und den mallorquinischen Gesundheitsbehörden zu unterstellen, dass sie diese verheimlichten. Oliver sowie andere mallorquinische Experten hatten das vehement abgestritten. Auch bei der Pressekonferenz vom Mittwoch (14.4.) erklärte Oliver auf Nachfrage der Journalisten, dass er die damaligen Vorwürfe aus Deutschland nach wie vor "nicht einordnen" könne und für "fehl am Platz" halte.

Die P.1-Linie ist nicht die einzige Virusvariante, die man auf den Balearen genau unter die Lupe nimmt. Auf Ibiza wurden drei Fälle der sogenannten südafrikanischen Virusvariante entdeckt. Die Ansteckungen seien im Verlauf von Geschäftsreisen erfolgt. Die Fälle seien erfolgreich isoliert worden und hätten sich vermutlich nicht weiter ausgebreitet, so Arranz. Es seien auch noch weitere Virusvarianten gefunden wordenb, die in den Medien noch keine besonderen Namen hätten, aber ebenfalls eine besondere Mutation aufweisen, von der befürchtet wird, dass sie eine zunehmende Resistenz gegen die bisherigen Impfstoffe ausmacht.

Insgesamt sei die Ansteckungssituation auf den Balearen nach Einschätzung der Balearen-Regierung zur Zeit dennoch "sehr stabil". Im Vergleich zu anderen spanischen oder europäischen Regionen liegen die absoluten Zahlen sehr niedrig. Wenn man im Vergleich zu anderen spanischen Regionen eine höhere Bandbreite an Virusvarianten festgestellt habe, liege das eher daran, dass man auf den Inseln mehr Proben sequenziere, erklärte Oliver. /tg

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