Während in Deutschland eine teils hitzige Diskussion darüber begonnen hat, ob Kinder ab 12 geimpft werden sollen, ist man auf Mallorca und den Nachbarinseln schon zur Tat geschritten. Mittlerweile haben über 17.000 der 12- bis 15-Jährigen die erste Impfdosis erhalten, wie aus den Statistiken der Balearen-Regierung hervorgeht. Das entspricht über einem Drittel dieser auf 48.000 Menschen geschätzten Altersgruppe. Die Impfungen waren am 23. Juli freigegeben worden.

Eine öffentliche Diskussion über die Vor- und Nachteile hat es auf der Insel dabei nicht gegeben. Die Schulbehörde hatte die Eltern am 28. Juli über eine E-Mail und das Portal GestIB über die neue Altersgrenze informiert. "Das ist eine ausgezeichnete Nachricht", hieß es darin, "weil die Impfung eine sehr wichtige Maßnahme ist, um die Schulen noch sicherer zu machen." Die Schulbehörde "ermutige" alle betroffenen Familien "so schnell wie möglich" einen Impftermin zu vereinbaren. Das neue Schuljahr beginnt auf Mallorca am 9. September.

Mallorca und die Nachbarinseln hatten den Präsenzunterricht im vergangenen Schuljahr zumindest für die unteren Jahrgänge aufrecht erhalten. Auch auf obligatorische Corona-Tests verzichtete die Schulbehörde.

So ist die Diskussion in Deutschland

In Deutschland trifft der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, 12- bis 17-Jährigen mehr Corona-Impfangebote zu machen, derweil bei Eltern, Ärzten und Lehrern auf erhebliche Vorbehalte. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Schulleiter befürchten Konflikte an den Lehranstalten. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat die Impfstoffe von Biontech und Moderna bereits ab 12 Jahren zugelassen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) Impfungen von Kindern trotz politischen Drucks bisher aber nicht allgemein, sondern nur bei höherem Risiko für schwerere Corona-Verläufe - sie sind mit ärztlicher Beratung aber möglich.

In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hat das neue Schuljahr bereits begonnen, Hamburg folgt am Donnerstag. Die Schulleiter rechnen mit Konflikten zwischen Lehrern, Eltern und Schülern durch eine Zunahme von Corona-Impfungen für 12- bis 17-Jährige. "Natürlich wird es im Alltag heftige Diskussionen geben. Darauf müssen sich die Lehrkräfte einstellen", sagte die Vorsitzende des Allgemeinen Schulleitungsverbands Deutschland, Gudrun Wolters-Vogeler, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). So werde es "erwartbare Konflikte geben um die Frage, ob Impfungen notwendig sind und ob Elternrechte übergangen werden». Zudem werde es "Debatten mit Kindern geben, die Impfungen vielleicht ablehnen oder unbedingt haben wollen".

Zu was können die Lehrer raten

Auch im Zusammenhang mit angeordneten Quarantänen könnten sich Konflikte aufbauen, befürchtet die Verbandschefin. Heikel sei zudem die Klärung durch die Schule, welche Kinder und Jugendlichen schon geimpft seien. Sie gehe davon aus, dass die Schulen aus rechtlichen Gründen den Impfstatus einzelner Schüler nicht abfragen dürfen. Die Lehrkräfte müssten sich mit Ratschlägen zur Impfung zurückhalten, sagte Wolters-Vogeler. Das rät auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. "Das ist nicht ihr Zuständigkeitsbereich. Letztendlich müssen das die Eltern nach ärztlicher Beratung selbst entscheiden", sagte Meidinger den Funke-Zeitungen.

Auch viele Eltern sehen das Impfangebot an die Kinder sehr kritisch, wie Ines Weber, Vorstandsmitglied im Bundeselternrat, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die begründete dies damit, dass die Stiko noch keine Empfehlung gebe und Sicherheit über langfristige Wirkungen des Impfens fehle.

Das sagen die deutschen Hausärzte

Die Hausärzte haben nach den Worten ihres Verbandsvorsitzenden Ulrich Weigeldt noch keine Rückmeldungen über einen Ansturm von Familien, die sich beraten lassen wollen. Ein sicherer Schulstart müsse auch für ungeimpfte Kinder und Jugendliche mit Präsenzunterricht ermöglicht werden, forderte Weigeldt in der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Eines muss klar sein: Es darf unter keinen Umständen nur die beiden Optionen "Impfung" oder "Homeschooling" geben - die Politik muss mehr liefern, das haben die Kinder und Jugendlichen nach dieser entbehrungsreichen Zeit verdient", sagte Weigeldt.

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht verteidigte die Pläne, Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot zu machen, um sie so gut wie möglich vor einer Corona-Erkrankung zu schützen. Die Impfung sei freiwillig, die Eltern entschieden darüber mit ihren Kindern eigenverantwortlich, sagte die SPD-Politikerin der "Rheinischen Post". "Für unsere Kinder ist es unbedingt notwendig, dass nach den Ferien wieder Präsenzunterricht stattfindet. Deshalb ist eine hohe Impfquote entscheidend - vor allem auch bei den Erwachsenen", fügte Lambrecht hinzu. /ck/dpa