Erinnern Sie sich noch an die Bilder von langen Schlangen, die sich zu Ostern vor den Covid-Testzentren auf Mallorca bildeten, oder standen Sie womöglich sogar selbst in einer? Die Nachfrage nach Corona-Tests war sehr hoch, das Angebot damals im Vergleich zu heute noch relativ gering. In den Monaten darauf schossen weitere Testzentren wie Pilze aus dem Boden. Viele witterten wegen der anhaltenden Testpflicht beim Reisen und der zunächst schleppend angelaufenen Impfkampagne ein neues Geschäftsfeld. Zu Beginn konnten die Anbieter die Preise für die Tests noch selbst festlegen. Bis zu 167 Euro mussten Kunden damals auf Mallorca für einen PCR-Test ausgeben. Auch die Antigentests waren mit bis zu 75 Euro deutlich überteuert. Im Mai 2021 deckelte die Balearen-Regierung die Preise für die PCR-Tests dann (75 Euro), Antigentests durften fortan nur noch 30 Euro kosten. Diese Entscheidung stieß bei vielen deutschen Anbietern auf scharfe Kritik. Einige wenige umgehen die Deckelung bis heute mit versteckten Kosten und verlangen etwa zusätzliche Gebühren für die Ausstellung des Zertifikats oder Wochenendzuschläge. Indessen nahmen die großen Klinik-Gruppen wie Juaneda und Quirónsalud die Anpassung eher kommentarlos hin und halten sich an die Preise.

Viele Besucher, so heißt es in den Testzentren, kommen vor oder nach dem Strandbesuch. Pere Joan Oliver

Wer braucht das noch?

Gleichzeitig schritt die Impfkampagne immer weiter voran – ein starker „Konkurrent“ für die einst noch so unabdinglichen Tests. Nach den momentanen Reisebestimmungen benötigt daher mittlerweile nur noch ein Bruchteil der Urlauber und Einheimischen Corona-Tests. Dafür kommen verstärkt andere Kundengruppen hinzu: Ungeimpfte oder Nicht-Genesene, die an Großveranstaltungen teilnehmen wollen, müssen seit dem 14. August einen negativen Test vorweisen. Weniger Auswirkungen auf das Geschäft dürften hingegen die Selbsttests haben, die man seit Ende Juli für rund 8 Euro endlich auch in den Apotheken der Insel bekommt: Sie reichen weder als Nachweis zum Reisen noch als „Eintrittstickets“ für Großveranstaltungen.

„Dass die Nachfrage eingebrochen ist, würde ich nicht sagen. Sie ist ein bisschen weniger geworden, das stimmt. Das liegt aber wohl eher an der Tatsache, dass sich die Kunden mehr verteilen, weil es mittlerweile mehr Testzentren gibt“, sagt Ulrich Esser, Geschäftsführer vom Deutschen Facharztzentrum. Mittlerweile befänden sich allein am Standort Peguera – ein zweites Facharztzentrum gibt es in Santa Ponça – rund sechs Anbieter, zunächst sei es nur ein Konkurrent gewesen.

Noch rechnet es sich

In den Praxen des Facharztzentrums selbst, in denen allenfalls noch PCR-Tests (75 Euro) gemacht werden, spielen die Corona-Tests laut Esser nun kaum mehr eine Rolle. Der Betrieb in den beiden jeweils an sie angeschlossenen separaten Testzentren mit Antigen-Schnelltests-Angebot allerdings laufe auch künftig wie gehabt weiter. „Selbstverständlich machen wir das auch, weil es sich rechnet, aber auch als Service für unsere Patienten und weil wir so neue dazu gewinnen“, kommentiert Esser. 30 Euro kosten die Tests dort – „ohne Zusatzkosten für Zertifikate oder Ähnliches“.

Bei Hausärztin Milanka Krämer in Llucmajor ist die Nachfrage nach den Tests, wie sie es zum Ende des Sommers erwartet hat, auf ein Drittel der einst angebotenen gesunken. Dabei hängt die Praxis kaum vom Tourismus ab, ist vielmehr auf Residenten im Ort und in der Umgebung spezialisiert. Für sie will auch Krämer die Tests weiterhin als Serviceleistung anbieten. „In Llucmajor gibt es nicht viele Alternativen. Zudem kommen auch viele ältere Patienten zu mir, die keine App haben und das Testergebnis in Papierform haben wollen. Ihnen drucke ich es aus“, so Krämer.

Marco Seita kann gut vergleichen: Er bot zunächst in seiner Clínica Luz in Palma Tests an, mittlerweile wird er zudem an einem zweiten Standort in Can Picafort als betreuender Arzt eingesetzt. In Tourismusregionen werde sich die Nachfrage in den kommenden Monaten gegen null bewegen, prophezeit er. Ob das Zentrum in Can Picafort geöffnet bleibt, entscheide man je nach Verlauf der Saison.

Gewissheit in der Unsicherheit

In der Clínica Luz will Seita künftig zunehmend auch Antikörper-Schnelltests anbieten. „Diese Tests werden jetzt immer interessanter“, prophezeit er. Bin ich womöglich schon genesen? Ist die neue Variante mit meiner Impfung überhaupt abgedeckt? Es gebe noch viel Unsicherheit bei den Menschen, die mit der Ankunft einer etwaigen nächsten Welle oder Variante nur noch verstärkt werde. „Ganz werden die Tests daher nicht verschwinden, zumal es auch künftig Menschen geben wird, die sich lieber testen als impfen lassen“, sagt Seita. Den Gedanken, ein weiteres Testzentrum zu eröffnen, habe er wegen der Organisationsschwierigkeiten, Zulassungshürden und zunehmender Konkurrenz wieder verworfen.

Erste Preissenkungen

Mittlerweile gibt es die Tests auch unter den gedeckelten Preisen. Die seit Beginn der Pandemie spanienweit aktive Kette Democratest bietet seit knapp einem Monat Antigentests für 25 Euro, PCR-Tests für 60 Euro an. Das Unternehmen arbeitet seit Pandemiebeginn spanienweit mit einem Netz aus verschiedenen Kliniken zusammen. Auf Mallorca gibt es die Tests bisher nur in der Clínica Belice am Paseo Mallorca in Palma. „Die Tests kosten nicht so viel, wie man denkt. Diese Preise finden wir angemessen. Obwohl die Gewinnspannen bei uns kleiner sind, lohnt sich das Geschäft bei beiden Testarten“, sagt Sprecherin Bárbara Manrique auf MZ-Anfrage. Neben weiteren Kliniken sei Democratest zwecks Expansion auch mit einigen Hotels im Gespräch. „Wir wollen in allen Regionen, auch auf den Balearen, weiterwachsen“, heißt es.

Warten auf den Frühling

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Erst einmal steht aber wohl eine Pause an. Glaubt man Luai Chadid von der Clínica Picasso, werden viele Testzentren über die Wintermonate zumachen – „vorübergehend, um Personal und Kosten einzusparen“, so der Internist. Im Frühjahr stehe dann die große Wiedereröffnung an, wenn es auch insgesamt weniger Testzentren geben wird. „Trotz zweifacher Impfung kommt es weiterhin zu Infektionen. Auch das lässt mich glauben, dass es weiterhin Tests geben muss und Testzentren noch weit über das kommende Jahr hinaus erforderlich sein werden“, sagt Chadid.