In Deutschland fordern viele einen „Freedom Day“ wie etwa in Dänemark, mit dem alle Corona-Beschränkungen aufgehoben werden sollen. Auf Mallorca und den Nachbarinseln fühlt es sich bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder stark nach alter Normalität an. Im Gastronomiebereich wurde jetzt eine der letzten Beschränkungen gekippt. Bars und Restaurants dürfen seit Dienstag (26.10.) wieder 100 Prozent ihrer vorgesehenen Kapazität an Plätzen besetzen. Bis dato hatte eine Grenze von 75 Prozent gegolten.

Kleinere Einschränkungen bleiben bis auf Weiteres noch bestehen. Dazu gehört die Beibehaltung des Rauchverbots auf den Außenbewirtungsflächen. Es gilt weiterhin auch auf der Straße, wenn der Mindestabstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann. Im Nachtleben sind weiterhin 75 Prozent der normalerweise zugelassenen Gästezahl erlaubt. In Clubs und Diskotheken darf auch künftig nur am Tisch konsumiert werden, Tanzen ist nur mit Atemschutzmaske erlaubt. Aufrechterhalten wird auch die Maskenpflicht für Schüler im Klassenzimmer und im Pausenhof, Ähnliches gilt in Fitnessstudios. Wegfallen werden dagegen ab Allerheiligen (1.11.) die Kontrollen am Flughafen für Inlandsreisende.

Operation Impfquote

Möglich sind diese Lockerungen vor allem dank der hohen Impfquote. Stand Donnerstag (28.10.) waren auf Mallorca 82,9 Prozent der Zielgruppe ab zwölf Jahren komplett geimpft. Und diese Zahl könnte in Wirklichkeit noch um einiges höher liegen. Denn die Gesundheitsbehörde Ib-Salut hat Nachforschungen begonnen, was es mit den gut 125.000 auf Mallorca gemeldeten Einwohnern auf sich hat, die bisher nicht zu einer Impfung erschienen sind. Balearenweit sind es insgesamt 171.000 Bürger. Bei telefonischer Kontaktaufnahme waren 144.810 von ihnen nicht erreichbar. 24.266 Personen dagegen erklärten ausdrücklich, sie wollen sich nicht impfen lassen.

Die Gesundheitsbehörde erklärt sich die hohe Zahl derjenigen, die nicht ans Telefon gingen, vor allem damit, dass viele auf den Balearen gemeldete Einwohner längst nicht mehr auf den Inseln leben. Dass sich viele nicht abmelden, könnte zum Beispiel am lukrativen Residentenrabatt bei Reisen liegen.

Andersherum gibt es auf Mallorca auch zahlreiche Residenten, die etwa aus steuerlichen Gründen nicht hier gemeldet sind. Für sie hatte Gesundheitsministerin Patricia Gómez Anfang Oktober ebenfalls Impfmöglichkeiten in den Gesundheitszentren angekündigt. Bei der MZ meldete sich allerdings jetzt ein Deutscher ohne Anmeldung im Rathaus, der in Manacor vergeblich versucht, sich impfen zu lassen. Man habe darauf bestanden, dass er sich zunächst im Rathaus anmelden müsse.

Unterdessen ruft Ib-Salut derzeit rund 48.800 Balearen-Bewohner an, die mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft wurden. Sie sollen nun eine zweite Dosis von Biontech oder Moderna bekommen.

Inzidenz steigt wieder leicht

Trotz der hohen Impfquote sieht es in diesen Tagen so aus, als stünden die Balearen vor einer sechsten Corona-Welle. Die Inzidenz steigt Tag für Tag an, in den vergangenen zwei Wochen um 30 Prozent. Inzwischen liegt die 7-Tage-Inzidenz auf Mallorca wieder bei 41,5 (Stand 28.10.), nachdem sie vor einer Woche 25,0 betragen hatte. Angestiegen sind auch die Positivrate der Tests sowie der R-Wert, der zuletzt am Mittwoch (26.10.) bei 1,3 und damit über dem Wert von 1 lag. Das Infektionsgeschehen nimmt also wieder Fahrt auf.

Und trotzdem ist inzwischen vieles anders. Die Krankenhäuser dürften selbst bei einer Vielzahl an Infektionen nicht wieder an ihre Belastungsgrenze gelangen – zwischen 75 und 80 Prozent der Krankenhausaufenthalte gehen auf Nichtgeimpfte zurück, von denen es immer weniger gibt. Man sei auf eine mögliche sechste Welle „vorbereitet“, diese wäre aber nicht vergleichbar mit den bisherigen, erklärte die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol am Dienstag (26.10.) im Parlament. Alle Vorkehrungen wie etwa die Kontaktnachverfolgung oder die Einheit Infocovid blieben bestehen. Auch die zusätzlich eingestellten Mitarbeiter im Gesundheitswesen stünden weiterhin zur Verfügung.

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Bußgeldverfahren eingestellt

Eingestellt wurden unterdessen 768 Strafverfahren auf den Balearen wegen Missachtung der Ausgangssperre im Frühjahr 2020. Die Strafen werden nicht eingetrieben. Das spanische Verfassungsgericht hatte geurteilt, die Ausgangssperre hätte nicht mit dem Alarmzustand, sondern mit dem Ausnahmezustand einhergehen müssen. Spanien muss nun Millionen Euro an Bußgeldern an betroffene Bürger zurückzahlen.