Mallorca Zeitung

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Von Regelschmerz bis Sexualaufklärung: Das steht in Spaniens neuem Abtreibungsgesetz

Krankschreibung bei starken Menstruationsbeschwerden, erleichterte Abtreibungen – aber keine verbilligten Tampons. Spanien debattiert über einen Gesetzesentwurf, der die Rechte der Frauen stärken soll

Frauen in Spanien sollen sich bei starken Regelschmerzen krankschreiben lassen können. Foto: POLINA ZIMMERMAN

Abtreibung, Menstruation, Sexualaufklärung – der Gesetzesentwurf zur Reform des Abtreibungsgesetzes, der am Dienstag (17.5.) vom spanischen Kabinett bestätigt wurde, beinhaltet ein ganzes Paket an Regelungen, die die Rechte der Frau stärken sollen und in weiten Teilen nichts mit Abtreibungen zu tun haben.

Unter anderem geht es um drei verschiedene Krankschreibungen: Frauen in Spanien sollen demnach ab der 39. Schwangerschaftswoche zu Hause bleiben können, also in den letzten sieben Tagen vor dem Geburtstermin. Außerdem können sie sich laut dem Entwurf nach einer Abtreibung krankschreiben lassen, genauso wie bei starken Regelschmerzen – und zwar so lange, wie die Schmerzen anhalten. Dafür müssen sie von einem Frauenarzt oder einer Frauenärztin starke Regelschmerzen diagnostiziert bekommen haben. Allerdings muss nicht, wie zuerst angedacht, eine Krankheit wie zum Beispiel Endometriose vorliegen, die solche Schmerzen verstärkt.

Jugendliche ab 16 Jahren können in Spanien ohne Erlaubnis der Eltern abtreiben

Die Menstruations-Krankschreibung war einer der meistdiskutierten Punkte im Entwurf der Gleichstellungsministerin Irene Montero von Unidas Podemos. Wirtschaftsministerin Nadia Calviño vom größeren Koalitionspartner PSOE befürchtete beispielsweise, dass die Regelung ein Grund wäre, Frauen nicht einzustellen. „Die Regierung wird keine Maßnahmen einführen, die Frauen stigmatisieren könnten“, sagte sie. Montero schoss dagegen: „Stigmatisierend ist, dass ein Schmerz, mit dem es sich nicht arbeiten lässt, nicht als solcher anerkannt ist.“ Um weder den Unternehmen, noch den Frauen Nachteile entstehen zu lassen, kommt die Seguridad Social für die Kosten der Krankschreibung auf.

Die eigentlichen Punkte zum Thema Abtreibung waren bei der linken Koalition dagegen nicht umstritten. Demnach sollen Jugendliche ab 16 Jahren ohne die Erlaubnis ihrer Eltern abtreiben können. Für sämtliche Frauen entfallen die obligatorischen drei Tage Bedenkzeit vor einem Schwangerschaftsabbruch. Außerdem sollen Abtreibungen größtenteils in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen durchgeführt werden, nur im Ausnahmefall in privaten Kliniken. Aktuell ist das Verhältnis umgekehrt.

80 Prozent der Frauen gehen in private Kliniken. Die meisten davon sind vom öffentlichen Gesundheitswesen anerkannt, sodass die Krankenkasse die Kosten trägt. Viele Ärzte in öffentlichen Krankenhäusern berufen sich auf ihr Gewissen und nehmen keine Abtreibungen vor, anderen fehlt es an Ausbildung. Die Zeitung „El País“ bezweifelt daher, dass das öffentliche Gesundheitswesen problemlos 74.000 weitere Abtreibungen pro Jahr vornehmen könnte.

Sexualaufklärung an Schulen wird in Spanien Pflicht

Die Reform beinhaltet auch, dass Sexualaufklärung an Schulen verpflichtend wird, dass die Pille danach kostenlos in Gesundheitszentren ausgegeben wird sowie dass erzwungene Verhütung und Sterilisierung sowie auch generell Leihmutterschaft als Gewalt gegen Frauen gilt. Werbung für Leihmütter im Ausland wird in Spanien verboten. Montero plante, in ihrem Gesetz auch Haftstrafen für Paare vorzusehen, die eine Leihmutter im Ausland bezahlen. Das musste sie in den Verhandlungen aber wieder streichen.

Es ist nicht der einzige Punkt aus dem originalen Gesetzesentwurf, der inzwischen verschwunden ist. Eigentlich sollten Frauen im ganzen letzten Monat der Schwangerschaft zu Hause bleiben können, die Gleichstellungsministerin musste sich aber mit der letzten Woche begnügen. Die abgesenkte Mehrwertsteuer auf Produkte wie Tampons, Binden oder Menstruationstassen ist ganz weggefallen. Montero verspricht, dass sie weiter versuchen wird, diese Herabsetzung durchzusetzen.

Die verschiedenen Maßnahmen werden den Staat etwa 104 Millionen Euro kosten. Der Gesetzesentwurf muss nun durch Kongress und Senat. Trotz des Eilantrags, den Montero gestellt hat, wird es noch Monate dauern, bis das Gesetz rechtskräftig ist.

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