Vogelgrippe in Spanien: Warum Mallorca einstweilen verschont zu bleiben scheint
Während die Vogelgrippe in Deutschland besorgniserregende Ausmaße erreicht hat und auch Spanien nun betroffen ist, scheint die Insel ein blinder Fleck zu bleiben. Das liegt auch an den bevorzugten Winterquartieren der Kraniche

Überwinternde Kraniche in der Laguna de Gallocanta in der Autonomen Region Aragón. / Europa Press
Große Sorge wegen der Vogelgrippe, die sich in Deutschland mittlerweile über das ganze Land ausgebreitet hat. Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), das für Tierseuchen zuständig ist, sind mit Ausnahme des Stadtstaates Bremen bei toten Wildvögeln aus allen 15 übrigen Bundesländern Infektionen mit dem hochansteckenden Virus-Subtyp H5N1 nachgewiesen worden. Die Zahl der seit Anfang September erfassten Vogelgrippe-Ausbrüche stieg in kommerziellen Geflügelhaltungen bundesweit auf 35, die Zahl der vorsorglich getöteten Nutztiere liege bundesweit inzwischen deutlich bei über 500.000.
Vor allem Zugvögel wie Kraniche sind für den Erreger H5N1 offenbar anfällig. Und die bringen die Krankheit inzwischen auch in südlichere Regionen, darunter nach Spanien. Wie spanische Medien berichten, ist die Geflügelpest bisher vor allem in den Regionen Kastilien und León, Madrid sowie Aragón aufgetreten. Die Vogelschutzvereinigung Ansar in Aragón teilte mit, dass in der Autonomen Region im Nordosten des Landes inzwischen „Dutzende Kraniche“ gestorben sind.
Spanien überwacht die Situation
Im Vergleich zu Deutschland sind die Auswirkungen der Geflügelpest in Spanien zwar noch gering, Experten wappnen sich aber für einen massiveren Ausbruch und haben die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. So werden um die Fundorte von toten Vögeln Sicherheitszonen eingerichtet. Auch Veranstaltungen, bei denen viele Vögel aufeinandertreffen könnten, wie etwa Märkte, sind in Kastilien und León derzeit verboten.
Am Dienstag (28.10.) fand in Madrid ein Treffen des Ausschusses des spanischen Netzwerks für veterinärmedizinische Gesundheitswarnungen (RASVE) statt, an dem Vertreter aller Autonomen Gemeinschaften Spaniens beteiligt waren. Das Landwirtschaftsministerium der Zentralregierung teilte daraufhin mit, dass derzeit keine neuen Verdachtsfälle in den Geflügelhaltungen bestehen. Die Situation bei den Wildvögeln liege indes anders: Dort sei ein Anstieg der Fälle festgestellt worden. Das Ministerium warnt, dass der für die kommenden Tage vorhergesagte Temperaturrückgang, verbunden mit dem Vogelzug aus dem Norden und Zentrum Europas, das Risiko neuer Fälle erhöhe. Daher werde eine fortlaufende Überwachung und Bewertung des Risikos beibehalten.
Mallorca noch nicht betroffen
Auf Mallorca ist bisher noch kein Fall von Vogelgrippe nachgewiesen. Eine Nachfrage am Freitag (24.10.) beim Landwirtschaftsministerium zeigte aber, dass man die Bedrohung offenbar sehr ernst nimmt. „Wir haben die Kontrollen bereits ausgeweitet“, teilte eine Sprecherin des Ministeriums der MZ mit. „Wir schicken Proben aller toten Vögel ein, die im Verdacht stehen könnten, an der Vogelgrippe gestorben zu sein.“ Dazu werde auch stichpunktartig bei lebendigen Tieren kontrolliert. Die Protokolle im Falle eines Ausbruchs würden von der Zentralregierung vorgegeben.
Manolo Suárez vom mallorquinischen Umweltschutzverband GOB sprach mit der MZ darüber, wie wahrscheinlich ein Ausbruch auf der Insel ist. „Die problematischsten Vögel im Hinblick auf die Vogelgrippe sind Wasservögel. Vor allem deshalb, weil sie gemeinsam in großen Gruppen überwintern. Das steigert das Risiko, dass sie die Krankheit untereinander übertragen“, so Suárez. Dies betreffe vor allem Entenvögel (Anatidae), aber auch andere Arten. „Das Problem entsteht immer dann, wenn es eine große Ansammlung von Vögeln gibt. Die Kraniche in Deutschland und weiter im Norden bilden enorme Konzentrationen, die sich dann auf den Weg in den Süden machen.“
Laut dem Naturschutzbund NABU ist die spanische Hauptüberwinterungsregion der Kraniche zurzeit mit etwa 130.000 Vögeln die Extremadura. Nach Mallorca kommen sie jedoch praktisch nicht. Die Gruppen, die die Insel ansteuern, bestehen laut Suárez nur aus fünf oder sechs Exemplaren, nicht mehr. Fast alle zögen lieber in Richtung spanisches Festland. „In manchen Wintern gibt es bei uns gar keine, und grundsätzlich nur ganz wenige“, bestätigt Maties Rebassa, Direktor des Naturparks s’Albufera, auf Nachfrage der MZ. „Während des Vogelzugs, jetzt im November, können es zeitweise schon einmal 20, 30 Tiere sein, aber im Winter sind dann kaum noch Kraniche hier.“

Ein Kranich steht auf einem Feld in der Nähe von Linum. Wegen des Ausbruchs der Vogelgrippe sind im Linumer Teichgebiet im Nordwesten Brandenburgs mehr als 1.000 tote Kraniche geborgen worden, teilte das Landesamt für Umwelt mit. / Christophe Gateau/dpa
Zwei kleine Schwärme
Der Experte vom GOB spricht von zwei kleinen, wiederkehrenden Schwärmen auf Mallorca: einem, der sich bei Campos niederlässt, und einem zweiten in der Gegend des Feuchtgebiets s’Albufera. Quasi zwei Kleinfamilien. „Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn diese wenigen Kraniche infiziert wären.“ Enten hält Suárez schon eher für einen Risikofaktor. „Sie treten hier mitunter in größeren Schwärmen auf und versammeln sich bei s’Albufera. Aber auch das muss im Prinzip nichts heißen.“
Grundsätzlich sei die Gefahr eines Ausbruchs auf Mallorca sehr gering. Das „fundamentale Problem“, dass Wildvögel den Erreger auf Nutztiere übertragen, sei hier bislang noch nicht vorgekommen. Die Geflügelzucht auf der Insel ist ohnehin überschaubar. Registrierten die Experten in einem Feuchtgebiet eine ungewöhnlich hohe Vogelsterblichkeit, würden die Kadaver analysiert, um die Todesursache zu ermitteln. „Denn natürlich können auch andere Gründe als die Vogelgrippe dahinterstecken“, so Suárez. Parkdirektor Maties Rebassa betont, man sei noch nicht in erhöhter Alarmbereitschaft, solange noch kein Fall nachgewiesen wurde.
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