Am 12. Juni 2013 hat der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die kostenlose Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie in Deutschland zu erheblichen Einkommensteuerforderungen führen kann. Seit dem 1. Januar 2015 lautet die Frage nicht mehr ob, sondern wann ein solches Problem von der deutschen Steuer­fahndung entdeckt wird und ein Verfahren zur Folge hat. Denn mit diesem Datum ist der automatische Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der EU-Länder in Gang gesetzt worden.

Darüber hinaus liegen unserem Büro gesicherte Informationen vor, dass die deutsche Steuerfahndung bezüglich Spanien ihre Anstrengungen auf Mallorca konzentriert und dabei in den beliebtesten Zweitwohnsitz-Gemeinden der Deutschen auf der Insel sogar mit Ausspähungsmethoden vor Ort aktiv geworden ist.

Grund genug, diese Problematik, die mit der Veröffentlichung des BFH-Urteils am 2. Oktober 2013 zunächst in gut informierten Fachkreisen für Aufsehen gesorgt hat, mit zwei Artikeln darzulegen. Unsere Praxiserfahrungen lassen befürchten, dass die Zahl der Betroffenen wesentlich höher ist, als anfangs befürchtet, und schlimmer noch: Nur wenige sind sich überhaupt bewusst, dass sie ein Problem haben und wie gravierend die Konsequenzen sein können.

Zunächst zum Urteil des höchsten deutschen Finanz­gerichts, mit dem ein jahrelanger Prozess sein Ende fand. Die Problematik „verdeckte Gewinnausschüttung" war anfangs nur ein Nebenschauplatz, denn eigentlich hatte sich das betroffene deutsche Ehepaar beim Finanzamt selbst angezeigt, um die teilweise schwarz erfolgte Bezahlung der Mallorca-Immobilie zu ge­stehen. Genau genommen war im Jahr 2000 nicht eine Immobilie, sondern eine spanische ­Kapitalgesellschaft - eine Sociedad Limitada (SL) - erworben worden, in deren Besitz sich das Haus befand. Diese Besitzstruktur war bis vor Kurzem gängige Praxis, weil man daraus steuerliche und andere Vorteile erzielte. (Mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen radikal geändert, und Kauf und Besitz einer Immobilie über eine SL sind nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zu empfehlen).

Das erwähnte Ferienhaus stand den Familienangehörigen ganz­jährig zur Verfügung. Und niemand dachte daran, der SL eine marktübliche Miete zu bezahlen. Auf diese verzichtete die Gesellschaft nur wegen des gesellschaftlichen Naheverhältnisses, da es sich bei den Gratis­bewohnern um die deutschen Gesellschafter handelte. Die deutschen Steuerbehörden sprechen in solchen Fällen von einer „verdeckten Gewinnausschüttung". Das ist in diesem Fall der Erhalt eines unversteuerten geldwerten Vorteils. Die Höhe der nachzuzahlenden Einkommensteuer betrug bei der Immobilie, um die es im BFH-Urteil ging und die einen Wert von 4 Millionen Euro aufwies, pro Jahr 125.000 Euro, und das ohne Zinsen und Strafen!

Wie leicht oder schwierig ist es nun, für die deutsche Finanzverwaltung, ein Problem zu orten, das „nur ein kleiner Beratungs- und Bearbeitungsfehler" des spanischen Steuerbüros ist? Die Antwort: ­kinderleicht, es reicht ein Blick in die Bilanz oder die Körperschaftsteuererklärung der spanischen SL.

Wie aber kommt die deutsche Finanz an diese Papiere? Zunächst gibt es in der Abgabenordnung einen Paragraph 138, dem zufolge deutsche Steuerbürger verpflichtet sind, Auslandsbeteiligungen zu melden. Tun sie das nicht, drohen Strafen bis zu 5.000 Euro. Damit kommen wir auf den automatischen Informationsaustausch zurück. Früher oder später erhalten die deutschen Steuerbehörden von ihren spanischen Kollegen alle Körperschaftsteuererklärungen von Gesellschaften zugesandt, in denen deutsche Steuer­bürger als Gesellschafter ausgewiesen sind. In höchstens drei Minuten stellt ein geübter Steuerprüfer fest, ob in der Bilanz die große Steuerbombe ticken kann: Wenn neben dem Kürzel CNAE, das die wirtschaftliche Aktivität bezeichnet, die Zahlen 6832 stehen (Verwaltung von Immobilien­besitz) und neben den Worten ingresos por ­arrendamientos (Mieteinnahmen) ein leeres Feld gähnt, fahren die Prüfer ihre Krallen aus.

Ein weiterer und weit verbreiteter Bearbeitungsfehler ist das Ansetzen eines zinslosen Darlehens, um die Gesellschaft mit dem nötigen Kapital auszustatten. Ein solcher Zinsverzicht wird steuerlich nicht akzeptiert, weil ein fremder Dritter das nicht machen würde. Sind also in der Gewinn- und Verlust-­Rechnung Schulden ausgewiesen (deudas), aber keine Zinszahlungen (gastos financieros), hat der Gesellschafter die Zinsen, die er hätte erhalten müssen, in Deutschland zu versteuern.

Ein Fallbeispiel für die Auswirkungen der gravierendsten dieser drei erwähnten Buchhaltungs- und Bilanzmängel, nämlich die verdeckte Gewinnausschüttung, legen wir im zweiten Teil dar.

Die Autoren Willi Plattes und Thomas Fitzner arbeiten beim internationalen Steuerbüro European@ccounting