José María Mir ist der Präsident der Vereinigung der Immobilien-Makler auf der Insel. Der Mallorquiner hat die Immobilienkrise in Spanien an vorderster Front miterlebt und sieht schon wieder Anzeichen für die nächste Blase.

Herr Mir, kann sich der gemeine Insulaner noch eine Wohnung auf Mallorca leisten?

Eine Mietwohnung in Palma ist inzwischen für die meisten unbezahlbar. Zwischen dem Innenstadtring und dem Meer sind die Preise innerhalb eines Jahres um 30 Prozent angestiegen. Für eine Wohnung, die vorher 700 Euro kostete, werden so jetzt 1.000 Euro verlangt und für eine, die 1.000 Euro kostete, werden jetzt 1.300 bis 1.500 Euro fällig. Im Zentrum habe ich beispielsweise eine 100-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern ohne Aufzug im Angebot, für die 1.800 Euro verlangt werden. Es ist klar, dass das die einheimische Bevölkerung nicht stemmen kann, außer es tun sich mehrere zusammen oder sie ziehen in die Vororte oder in Dörfer weiter außerhalb. Aber selbst dort gibt es kaum mehr Angebote, der Mangel an Wohnraum ist schon in den Dörfern angelangt, vor allem wegen der Ferienvermietung.

Betrifft die Preissteigerung auch Bestandsimmobilien, die zum Verkauf angeboten werden?

Ja, nehmen Sie Palma. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis ist hier 2.080 Euro. Das ist sehr hoch. Es gibt natürlich außerhalb günstigere Wohnungen, aber die haben meist keinen Aufzug oder befinden sich in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Klar ist, dass die Preise aus den Jahren nach der Krise nicht mehr existieren, die zwischen 2007 und 2015 bis zu 30 Prozent eingebrochen waren. Aber die Steigerung ist wahnsinnig schnell gegangen. Das konnte so niemand vorhersehen. Ich selbst hatte mit Preisanstiegen von einem bis zwei Prozent jährlich gerechnet, 2016 aber waren wir beispielsweise bei acht Prozent beim Verkauf und 18 Prozent bei der Vermietung. Das Wort Blase taucht schon wieder auf. Für dieses Jahr wird mit einem Anstieg von fünf bis sechs Prozent gerechnet, aber ich schließe nicht aus, dass es mehr werden.

Mallorca und die Balearen sind eben angesagt.

Wir haben drei außergewöhnliche Jahre hinter uns, die Nachfrage war riesig, es war immer alles voll, sowohl Hotels als auch Ferienapartments. Alle Welt schaut auf die Balea­ren, wenn sie einen Zweitwohnsitz sucht. Ein Drittel der Immobilien auf den Inseln kaufen Ausländer.

Die Balearen selbst haben im Vergleich mit Spanien niedrige Gehälter. Wie teuer dürften Wohnungen für die Bevölkerung sein, damit das Gleichgewicht funktioniert?

Wenn jemand 1.500 Euro verdient, dürfte der Preis für eine Mietwohnung 400 oder maximal 500 Euro nicht übersteigen. Und beim Kaufpreis dürften wir von 100.000, vielleicht 120.000 Euro sprechen. In Krisenzeiten gab es diese Preise durchaus, aber jetzt gibt es Drei-Zimmer-Wohnungen ab 750 Euro Miete beziehungsweise zwei Zimmer für 600 Euro. Ich habe zum Beispiel gerade eine 26 Quadratmeter große Mietwohnung an der Playa de Palma im Angebot, die für Langzeitmieter 600 Euro kosten soll. Heute Nachmittag unterschreibt dort ein Mieter. Aber mit Ferienvermietung würde ich damit im Sommer 80 oder 90 Euro am Tag verdienen. Was den Kauf betrifft, ist es schwierig, Wohnungen für unter 150.000 oder 200.000 Euro zu finden.

Welche Stadtteile von Palma sind noch für Inselbewohner erschwinglich?

In Palma muss man in die Vororte gehen oder in Gegenden wie Pere Garau, denn in der Stadt selbst machen Mieten unter 500 Euro gerade mal fünf Prozent des Angebots aus. Und fast immer sind es Wohnungen in schlechtem Zustand.

Und die günstigsten Dörfer?

Inca, Llucmajor ? Aber damit das klar ist, unter 400 Euro im Monat gibt es nichts mehr. Die einzige Möglichkeit, die junge Leute haben, ist eine WG.

Durch solche Preise wird aber das Bewohnerprofil der beliebtesten Stadtteile von Palma komplett über den Haufen geworfen.

In Santa Catalina beispielsweise müssen alteingesessene Läden schließen, weil sie keine Kundschaft mehr haben. Die neuen Bewohner des Viertels, zumeist Ausländer, sind nur wenige Wochen im Jahr da. Manche Gegenden werden zu reinen Ausländerwohngebieten. Zurzeit sind zum Beispiel viele ausländische Immobilienfirmen dabei, in die Gegend um den eben eröffneten Kongresspalast zu investieren. Vor Kurzem war das ein vergessener Stadtteil.

Die hohen Preise rühren zum großen Teil auch von der Ferienvermietung her. Wollen wir alle kleine Hoteliers sein?

Meiner Meinung nach teilt sich der Reichtum damit ein wenig auf. Die Tatsache, dass ein Eigentümer gute Mieteinkünfte hat, ist doch positiv. Der Reichtum, der uns durch den Tourismus zuteil wird, kommt mehr Menschen zugute. Bisher haben alles die Hoteliers behalten. Der Markt verlangt Ferienunterkünfte in jedem Winkel auf den Balearen. Jede Wohnung kommt theoretisch für die Ferienvermietung in Betracht. Und die Ferienvermietung mehrt nicht nur den Reichtum des Besitzers, sondern auch den der Umgebung, denn die Urlauber kaufen in den Supermärkten ein oder gehen in den Restaurants essen.

Das geht aber auf Kosten derjenigen, die in der Hauptsaison zum Arbeiten auf die Insel kommen und sich nur schäbige Wohnungen leisten können.

Solche Menschen haben in der Tat ein echtes Problem. In diesem Jahr kamen im Februar schon Leute in mein Büro, die verzweifelt eine Wohnung suchten. Das heißt, im April wird es gar nichts mehr geben. Letztendlich werden die Hoteliers ihren Angestellten wie früher Zimmer zur Verfügung stellen müssen. Ich weiß nicht, wie die Lösung sonst aussehen könnte.

Was kann die Stadtverwaltung tun, um der Bevölkerung mehr bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen?

Sie müsste Sozialwohnungen bauen lassen. Ich sehe kaum andere Möglichkeiten, denn ich glaube an das Recht auf Eigentum und dass der Besitzer einer Wohnung frei in der Entscheidung ist, ob er vermietet oder nicht. Man sollte ihn nicht dazu zwingen.

Nimmt die Nachfrage nach sehr kleinen Wohnungen zu?

Ohne Frage. Wenn ich Bauträger wäre, würde ich jetzt 50-Quadratmeter-Wohnungen errichten. Sie sind ideal für eine größtmögliche Rentabilität, denn es gibt viele Single-Haushalte oder Paare. Es werden immer Wohnungen mit drei oder vier Zimmern gesucht werden, aber die Nachfrage nach zwei Zimmern steigt ständig.

Werden Wohnungen schon wieder zum Spielball von Spekulationen?

Eine Wohnung, die man vermietet, bringt sechs Prozent Zinsen ein, während die Bank gerade mal 0,2 Prozent anbietet. Und zurzeit vermietet sich garantiert alles. Diese Situation wird bis 2020 andauern.