Guter Wille sieht anders aus. Als der Branchenverband der Baufirmen und die Landesregierung vergangene Woche die Bürgermeister Mallorcas zu einem Treffen einluden, folgte gerade einmal Felanitx dem Ruf. Dabei drängt die Zeit: Wenn die Gemeinden bis zum 20. August kein Projekt für den Ausbau der Kanalisation auf den Weg gebracht haben, dürfen sie in den betroffenen Urbanisationen auch keine Baugenehmigungen mehr ausgeben. „Eine Schande", meint Sandra Verger, Vorsitzende des balearischen Dachverbands der Bauunternehmen über die „Apathie" in den Rathäusern.

48 Urbanisationen betroffen

Die Frist läuft nicht zum ersten Mal aus, nach mehreren Verlängerungen ist es aber diesmal ernst, auch vor dem Hintergrund einer zugrunde liegenden EU-Richtlinie. Sie soll mit den Sickergruben Schluss machen, die nach wie vor die Fäkalien unter so mancher Mallorca-Villa aufnehmen. Die Zahl der Urbanisationen ohne Anschluss an die Kanalisation wird inselweit mit 48 angegeben. Zum Teil sind es nur Straßenzüge, betroffen sind aber balearenweit geschätzte 10.000 Grundstücke.

Die letzte Fristverlängerung gewährte die balearische Linksregierung vor einem Jahr, gegen beträchtlichen internen Widerstand - gerade Més per Mallorca sträubt sich gegen Zugeständnisse an die Baubranche. Der Kompromiss: Bis 21. August dieses Jahres muss ein Bauprojekt und der Beschluss des Gemeinderats vorliegen - nur dann darf die Kommune weiterhin Baulizenzen ausstellen. Bis 20. August 2019 müssen die Arbeiten dann vergeben sein, bis 20. August 2021 fertiggestellt und bis 20. August 2022 durch die Gemeinde schließlich abgenommen sein.

Sorgenkind Palma

Während sich Baufirmen und Bauherren Sorgen machen, ließen sich die Rathäuser jedoch bislang größtenteils Zeit. Dass etwas passiert ist, weiß Verger - abgesehen von sämtlichen Kommunen auf Menorca - nur von neun Gemeinden Mallorcas: Alcúdia, Artà, Campanet, Campos, Capdepera, Esporles, Llucmajor, Marratxí und Escorca - wobei Campanet und Esporles vorsorglich warnten, dass es eng werden dürfte.

Zwar gibt es Gemeinden, in denen alle Rohre verlegt sind. Doch bei den meisten modernen Urbanisationen an der Küste Mallorcas wurden so einige Häuser hochgezogen, bevor es eine Kanalisation gab. Während Calvià oder beispielsweise Inca zu den wenigen vorbildlichen Gemeinden gehören, bereiten gerade die Großgemeinden Palma und Manacor Sorgen, da es hier nicht einmal eine Entscheidung des jeweiligen Stadtrats gibt. Dabei fehlt selbst in einem Teil des Villenviertels Son Vida nach wie vor die Kanalisation. Aber auch in den Vierteln Gènova, Son Espanyol und Establiments muss Palma noch seine Hausaufgaben in Sachen Gully erledigen. Zwar gibt es ein Projekt zum Kanalisationsbau in Son Vida und Son Espanyol. Doch die Anwohner wollten sich nicht an den Kosten von voraussichtlich rund 10 Millionen Euro beteiligen, heißt es in Palmas Rathaus. Deswegen werde das Projekt vorerst auch nicht beschlossen.

Dabei müsste es eigentlich im Sinne der Stadtoberen sein, die Kanalisation schnell in Ordnung zu bringen. Denn ohne Baugenehmigungen (licencias), Bescheinigungen über die Fertigstellung der Bauarbeiten (final de obra) und Wohnbarkeitsbescheinigungen (cédulas de habitabilidad) fließen während der kommenden Jahre auch keine Steuergelder - und die Beschwerden der betroffenen Bauherren im Rathaus sind programmiert.

Im Fall der kleinen Kommunen mit knappen Ressourcen hat Verger Verständnis für die Verzögerung. Sie fordert aber die Unterstützung durch Mallorcas Inselrat.

Bitte um Flexibilität

Dass es keine weiteren Fristverlängerungen mehr geben wird, hat Raumordnungsminister Marc Pons (Sozialisten) bereits klargestellt. Die Baufirmen hegen aber die Hoffnung, dass die Stichtage flexibel gehandhabt werden, um die Vergabe von Lizenzen nicht auf Jahre zu stoppen. Das heißt konkret: Wenn eine Gemeinde es zwar nicht schafft, das nötige Projekt in diesem Sommer auf den Weg zu bringen, dieses aber bis zum 20. August 2019 an eine Baufirma vergibt, sollten zumindest ab diesem Datum wieder Genehmigungen erteilt werden dürfen, so die Argumentation - und nicht erst, wenn alle Rohre verlegt und die Arbeiten abgenommen sind.

Dass die meisten Bürgermeister nicht in die Puschen kommen, mag auch daran liegen, dass sich die Investitionen im Untergrund beim Wähler schlecht verkaufen lassen - ein Problem, dass sich vergangenes Jahr auch beim Flicken der Lecks in den Trinkwasserrohren zeigte. „Das sind Investitionen, die man nicht sieht, die aber fundamental sind", warnte jetzt auch der Generaldirektor für Raumordnung in der Landesregierung, Lluis Corral, mit Verweis auf die Gefahren für das Grundwasser durch undichte Sickergruben. Auch wenn man säumige Gemeinden nicht abstrafen könne, bereite man derzeit ein Gesetz vor, um zumindest auf dem Land einzugreifen, falls die Kommunen untätig blieben.