Woran rund 60 Experten in den vergangenen Monaten gearbeitet hatten und was als neues Regelwerk für nachhaltige Raumordnung gefeiert werden sollte, machte dann doch wieder dem tagesaktuellen Streit Platz. Statt um die Errungenschaften des neuen Bodenordnungs- und Flächennutzungsgesetzes (Ley Urbanística de las Islas Baleares, LUIB), das das Balearen-Parlament am Dienstag (5.12.) verabschiedete, ging es um eine Ausnahmeregelung für Ibiza, von der die Unternehmerfamilie Matutes profitiert: Bauprojekte an der Platja d'en Bossa sollen nachträglich legalisiert werden, indem das sogenannte erschließbare Gebiet zu städtischem Gebiet erklärt wird - es sei ohnehin schon zu 90 Prozent bebaut. Die Sozialisten waren schließlich auf die oppositionelle Volkspartei (PP) angewiesen, um alle Punkte des neuen Regelwerks zu verabschieden. Die Regionalpartei Més und die Protestpartei Podemos stimmten in diesem Punkt mit Nein.

Das Rahmengesetz, das nun zum 1. Januar in Kraft tritt, ersetzt ein nach dem früheren Raumordnungsminister Biel Company benanntes Regelwerk der PP-Vorgängerregierung. Die balearische Linksregierung will mit dem neuen Gesetz Verfahren vereinfachen, die Spekulation erschweren sowie mehr Rechtssicherheit schaffen. Insbesondere werden die Rathäuser in die Pflicht genommen und Geldstrafen deutlich erhöht.

Landhäuser-Amnestie passé

Endgültig vom Tisch ist mit dem neuen Gesetz die Amnestie der PP für illegale Bauten auf dem Land, die die Linksregierung bereits 2015 auf Eis gelegt hatte. Sie galt für Verstöße, deren Verjährungsfrist von acht Jahren abgelaufen war und die nicht zur Anzeige gebracht worden waren. Das neue Gesetz eliminiert nicht nur die Amnestie, sondern räumt den Behörden für künftige Fälle sogar 15 Jahre ein, um die Abrissbagger zu schicken.

Mehr Macht dem Inselrat

Da in der Vergangenheit insbesondere die Rathäuser bei Verstößen gegen Bauvorschriften schlampten oder gar mauschelten, werden sie nun vom Inselrat an die Kandare genommen. Den Kommunen fällt zwar laut Gesetz die Vergabe von Baugenehmigungen und die Kontrolle von Verstößen zu. Doch der Inselrat erhält nun die Aufsicht über alle Gebiete, die infolge eines Landes- oder staatlichen Gesetzes unter Schutz stehen. Das sind etwa die sogenannten ANEI - Landschaftsschutzgebiete, in denen besonders strenge Regeln für die Bebauung gelten.

Darüber hinaus droht die Landesregierung den Bauherren ­drakonische Geldstrafen an: Sie sollen künftig in Extremfällen auf dem Land bis zu 300 Prozent des Wertes eines illegalen Bauprojekts betragen. Aber auch in Ortskernen können die Geldbußen bis zu 100 Prozent ausmachen. Weil in der Vergangenheit zudem viele Bauherren über Jahre hinweg Abriss­bescheide ausgesessen haben, gibt es auch Geldstrafen für die Verschleppung solcher Anordnungen. Festgeschrieben sind nun zehn Prozent des Wertes des Bauprojekts - und zwar pro Monat und über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr, falls weiterhin nichts passiert. Zur Rechenschaft gezogen werden auch die Politiker in den Rathäusern für den Fall, dass sie zulassen, dass Verfahren verjähren oder Geldbußen nicht angewandt werden. Auch hier entsprechen die Strafen dem Wert des Bauprojekts.

Sozialwohnungen statt Spekulation

Das neue Regelwerk soll aber nicht nur nachträglich ahnden, sondern auch Fehlentwicklungen vorbeugen. So müssen Raumordnungspläne der Kommunen künftig 30 Prozent der neuen Wohnungsbaugebiete dem sozialen Wohnungsbau widmen. Im Fall von geplanten Umwidmungen sind Studien über den realen Wertzuwachs vorgeschrieben - wenn Investoren dann deutlich mehr abschöpfen, soll die Differenz der öffentlichen Verwaltung zufallen. Andererseits dürfen Investoren laut dem neuen Gesetz nicht länger größere Baugrundstücke in Erwartung steigender Preise vom Markt zurückhalten.

Die aktuelle Debatte kreist jedoch um die Regelung, womit der nachträglichen Legalisierung von Bauprojekten in ländlichen Gebieten ein Riegel vorgeschoben wird. Ohne Erfolg schlugen die oppositionellen Konservativen am Dienstag im Balearen-Parlament vor, die Ausnahmeregelung für Ibiza auch auf Mallorca gelten zu lassen. Aber auch so war es der PP gelungen, einen Keil zwischen die Parteien der Linksregierung zu treiben.