Natalia Bueno ist seit Anfang Mai neue Präsidentin der Vereinigung der Immobilienmakler auf Mallorca. Die 52-jährige Katalanin, die ein Immobilienbüro in Binissalem betreibt, beerbt José Mir, der das Amt die vergangenen acht Jahre innehatte. Bueno sieht die derzeitigen hohen Preise keineswegs nur positiv.

Die Mietpreise, aber auch die Preise für Bestandsimmobilien haben einen spektakulären Anstieg hinter sich. Wie sieht es dieses Jahr aus?

2017 und 2018 sind die Mieten in einigen Fällen um 50 Prozent gestiegen. Wohnungen, die zuvor für 600 Euro auf dem Markt waren, kosteten plötzlich 900 Euro. Und die Verkäufe sind im Schnitt um etwa 20 Prozent teurer geworden. Das sind die Durchschnittswerte, schließlich gelten für das Zentrum von Palma nicht dieselben Bedingungen wie für andere Gegenden. Dieses Jahr merken wir, dass die Preise sich stabilisieren. Wir sehen Anstiege von einem bis drei Prozent und je nach Gegend sogar geringe Rückgänge. Noch ist nicht ganz klar, was das bedeutet. Pendelt sich der Markt ein oder zeichnet sich eine neue Krise ab? Ich weiß noch nicht, wohin die Reise geht.

Welches ist das Hauptproblem auf Mal­lorca? Die hohen Mietpreise, die niedrigen ­Gehälter oder ist es die Mischung?

Es kommt beides zusammen. Da sind auch noch die Bevölkerungszunahme und die Nachfrage von wohlhabenden Ausländern, die die Preise immer weiter nach oben treiben.

Was für Preise werden derzeit aufgerufen?

Ein Kollege hat mir erzählt, dass er eine enorme Nachfrage von Käufern hat, die bis zu einer halben Million für eine Immobilie im Zentrum von Palma ausgeben wollen, wofür es aber kaum Angebot gibt. Und eine halbe Million Euro ist schon obere Mittelklasse. Ganz zu schweigen von denen, die weniger als 200.000 Euro ausgeben können. Die finden in der Innenstadt gar nichts. Für sie bleiben nur Viertel wie Es Rafal oder Son Gotleu, weil auch Son Rapinya oder La Vileta seit 2017 quasi unbezahlbar sind. Und die durchschnittlichen Mietpreise in Palma bewegen sich für eine Familie mit Kindern, die drei Schlafzimmer braucht, bei mindestens 900 Euro. Studios mit einem Schlafzimmer kann man ab 500 Euro finden, wobei das dann auch häufig Wohnungen im vierten Stock ohne Aufzug sein können. In Palma liegt der Kaufpreis durchschnittlich fast bei 3.500 Euro pro Quadratmeter. Wir haben Zugang zum Eigentumsregister, und in der Altstadt von Palma wurden es Ende 2018 und Anfang 2019 Verkäufe abgewickelt, bei denen der Quadratmeterpreis bei 8.000 Euro lag.

Das dürften vor allem Ausländer bezahlt ­haben. Wie hoch liegt ihr Anteil?

Ausländer machen knapp ein Viertel der Transaktionen aus. Mich überrascht die Vielzahl der verschiedenen Nationalitäten. Neben Deutschen, Skandinaviern, Briten und Franzosen kaufen auch Russen, Chinesen, US-Amerikaner, Uruguayer, Kanadier und Australier.

Welche Gegenden sind bei den deutschen Käufern neben den bekannten Gegenden wie etwa der Südwesten der Insel oder das Zentrum von Palma noch beliebt?

Zunehmend auch Pollença und Orte im Inselinneren, wie etwa Binissalem. In Palma kaufen die Deutschen inzwischen in fast allen Vierteln. Einzige Bedingung: Die Wohnung muss eine Terrasse haben.

Natalia Bueno beim Fototermin in Palma. Foto: Calvo

Kommen diese hohen Preise auch aufgrund der Ferienvermietung zustande?

Auch die spielt eine Rolle. Wer behauptet, die Ferienvermietung habe den Preisanstieg nicht vorangetrieben, sagt nicht die Wahrheit. Es gab viele Eigentümer, die deutlich mehr Geld mit Ferienvermietung verdient haben, als wenn sie das ganze Jahr über an Einheimische vermietet hätten. Und ohne Risiko von Zahlungsausfall. Es kann ja nicht sein, dass eine gerichtliche Zwangsräumung von jemandem, der seine Miete nicht zahlt, über vier Monate dauert. Die Hausbesitzer, die diese Erfahrung gemacht haben, wollen ihre Wohnung nie wieder vermieten. Wenn eine Zwangsräumung eine Sache von Wochen wäre, würden viele Mietwohnungen angeboten.

Vertreibt diese Gemengelage alteingeses­sene Bewohner aus ihren Stadtvierteln?

Natürlich passiert das. Das ist ein großes Problem, und es wird sich noch verschärfen. Zwar ist die Vertragsdauer für einen Mietvertrag auf fünf Jahre hochgesetzt worden, aber solange die Preise noch immer steigen, wartet der Eigentümer auf das Ende des Vertragszeitraums, um dann einen deutlichen Preisaufschlag zu verlangen. Das ist Kapitalismus durch und durch, und 99 Prozent der Bevölkerung würde genauso handeln. Wenn man 100 bekommen kann, gibt man sich nicht mit 60 zufrieden, und es ist ja zulässig. Des­halb braucht es steuerliche Anreize, denn wenn man auf der einen Seite weniger Miete verlangt, auf der anderen Seite dafür aber auch weniger Steuern zahlen muss, dann ist der ein oder andere vielleicht damit einverstanden, zu niedrigeren Preisen zu vermieten.

Viele junge Menschen verdienen zwischen 1.000 und 1.200 Euro. Gleichzeitig wird geraten, nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens in die Wohnung zu stecken. Wo gibt es denn noch Wohnungen auf Mallorca für unter 400 Euro?

Nirgends, außer ein Bekannter überlässt dir aus Freundlichkeit eine Wohnung zu diesem Preis. Deshalb müssen die jungen Leute in eine WG ziehen. Aber das Schmerzhafteste ist, dass auch ältere Menschen keine andere Möglichkeit sehen, als sich eine Wohnung mit anderen zu teilen, wenn ihr Mietvertrag ausläuft und sie die Erhöhung nicht zahlen können. Es ist nicht hinnehmbar, dass man im Alter gezwungen ist, in einer WG zu leben.

Die Bauträger prognostizieren, dass auf lange Sicht viele Familien nach Inca, Manacor oder ziehen müssen, weil dort die Preise niedriger sind. Wie sieht es dort aus?

Eine maximal 20 Jahre alte Wohnung mit drei Schlafzimmern kostet in Inca rund 700 Euro. In Palma werden dafür 1.200 Euro fällig. Wohnungen mit einem Schlafzimmer kosten maximal 450 bis 500 Euro. Klar ist das günstiger, aber das Problem liegt im Verlust von Zeit und Geld, wenn man in Palma arbeitet.

Saisonarbeiter haben Probleme, in der Hochsaison eine Unterkunft zu finden.

Das Thema müsste man viel deutlicher ansprechen. Warum gab es dieses Problem nicht schon immer? Weil die Hoteliers in ihren ­Häusern ihren Angestellten eine Unterkunft gaben. Jetzt nicht mehr, weil sie diesen Platz lieber an Urlauber vermieten?

Sollte man ein Limit bei den Mietpreisen festlegen, wie es manche Parteien fordern?

Etwas von oben bestimmen gefällt eigentlich niemandem. Was die Politiker tun können, ist andere Anreize zu schaffen. Man müsste das Mieten oder Kaufen für bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie junge Menschen oder ­Familien mit geringer Kaufkraft, fördern und Hilfen für Renovierungen oder für behindertengerechte Umbauten bereitstellen.

Ist die zeitweise Enteignung von Besitzern vieler Wohnungen angemessen?

Das Unbegreifliche ist in diesem Zusammenhang, dass viele Banken Wohnungen haben, die weder zum Verkauf noch zur Vermietung standen. Die Landesregierung hat gemerkt, dass sich viele dieser Wohnungen in schlechtem Zustand befinden und dass hohe Inves­titionen nötig sind, um die Wohnungen zu vermieten, und das wird die Regierung nicht tun. Daneben ist es aber auch unglaublich, dass manche Privatleute viele Wohnungen ­besitzen, die verschlossen sind. Wohnraum muss eine soziale Funktion haben.