Während die Politik nach Wegen sucht, lenkend in den Mietmarkt einzugreifen, zeichnet sich eine allmähliche Stabilisierung der Preise auf sehr hohem Niveau ab. „Die Decke ist jetzt erreicht", sagt Natalia Bueno, Präsidentin der Vereinigung der Immobilienmakler auf den Balearen (API). Nach einer Explosion der Mietpreise im Jahr 2018 falle der Anstieg 2019 vergleichsweise moderat aus. Zwischen vier und sieben Prozent seien die Mietpreise im Schnitt gestiegen - im Luxussegment sogar etwas gefallen. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise auf den Balearen beziffert Bueno mit derzeit 9 bis 12 Euro. „Durchschnitts- und Geringverdiener haben es auf dem Mietmarkt weiterhin enorm schwer", sagt sie.

Eine Stabilisierung der Preise sieht auch Steffen Döhne, der als Geschäftsführer der Mallorca Mietbörse vor allem den internationalen Markt im Auge hat. Laut dem neuen Mietspiegel, den Döhne auf der Basis interner Daten erstellt, beträgt die Miete für eine Neubau- oder modernisierte Altbauwohnung in Palmas Altstadt von 70 bis 120 Quadratmetern derzeit 12,70 Euro pro Quadratmeter. Jenseits der Ringautobahn sind es für eine derartige Wohnung mit Baujahr 1985-1999 laut dem Mietspiegel 6,70 Euro. Für ein Haus im Raum Palma ergibt sich eine Nettomiete von 1.290 Euro im Monat.

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Dass die Preise auch im internationalen Markt noch einmal ein Stück angezogen haben, diesen Eindruck hat Magda Pajor von der Agentur Atlas Intereuro. „Die Mieten sind dermaßen hoch, das steht oft in keinem Verhältnis mehr", so Pajor. Als Beispiel nennt die Unternehmerin ein Apartment an der Promenade der Playa de Palma, für das der Eigentümer nun 1.200 Euro statt vorher 750 Euro pro Monat verlange. Vergeblich rede sie so manchem Vermieter ins Gewissen, den Preis etwas zu senken, um nicht mehrere Monate Leerstand zu riskieren. Nicht nur Einheimische seien auf Kompromisse angewiesen, auch im internationalen Markt würden beispielsweise WGs beliebter.

Nicht nur Ferienvermietung

Die Gründe sind vielschichtig. Immer wieder genannt, aber nur ein Teil des Problems ist die Ferienvermietung. Mit dem Boom von Portalen wie Airbnb verschwanden vor allem ab 2016 viele Objekte vom Markt der Langzeitvermietung und wurden zu Ferienwohnungen. Aber gerade Apartments seien inzwischen wieder in größerer Zahl aus den Portalen genommen worden, so Bueno - aus Angst vor Strafen wegen Missachtung des balearischen Tourismusgesetzes oder weil die Rechnung doch nicht aufgeht, auch mit Blick aufs Finanzamt.

So spielen andere Faktoren eine mindestens ebenso große Rolle auf dem Mietmarkt: Mallorcas Tourismuswirtschaft zieht konti­nuierlich Arbeitskräfte an, die auf Mietwohnungen angewiesen sind. Junge Familien, die eigentlich kaufen wollen, verfügen über zu wenig Ersparnisse und bekommen infolge strengerer Auflagen keine Hypothek, müssen also mieten. Und vor allem: Eigentümer lassen nach wie vor Wohnungen lieber leer ­stehen, weil sie es sich leisten können oder das Risiko säumiger Mieter scheuen. „Der rechtliche Ärger ist für viele eine trauma­tische Erfahrung", so Bueno.

Der Staat interveniert

Die Linkskoalitionen in der Balearen- und in der Spanien-Regierung haben die Wohnungsnot als zentrales gesellschaftliches Problem ausgemacht und wollen intervenieren - mit sozialem Wohnungsbau, mit Auflagen für Eigentümer leer stehender Wohnungen sowie auch mit einer Mietpreisbremse. Trotz vollmundiger Versprechen kommt der soziale Wohnungsbau allerdings bislang kaum in Schwung, in der vergangenen Legislaturperio­de der Linksregierung (2015-2019) wurde praktisch kein Objekt fertig. Die neuesten ­Zahlen: Dieses Jahr sollen balearenweit 505 Wohneinheiten entstehen, gut hundert sind inzwischen im Bau. Für 71 weitere Einheiten sollen zumindest die Aufträge ergehen.

Es fehlt aber nicht nur an neuen Sozialwohnungen, bei den bisherigen rund 1.800 gibt es nicht wenige Fälle von Missbrauch. So wurden 2019 in 25 Verfahren Geldbußen von insgesamt 750.000 Euro ausgesprochen. Den Eigentümern wird vorgeworfen, Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen, obwohl es sich nicht wie vorgeschrieben um die Erstwohnung handelt. In einigen Fällen wurde die Wohnung auch an Dritte vermietet.

Mehr als tausend Objekte sollen zudem mithilfe des balearischen Wohnungsgesetzes auf den Markt kommen. Dieses sieht eine Registrierungspflicht für Großeigentümer leer stehender Wohnungen vor. Besitzen sogenannte grans tenidors (wörtlich: „Großinhaber", meist Banken und Fonds) mehr als zehn Wohnungen, die mehr als zwei Jahre leer stehen, kann die Landesregierung gegen eine Kompensation über diesen Wohnraum verfügen und ihn dem sozialen Wohnungsmarkt zuführen. Viele dieser Wohnungen sind jedoch in miserablen Zustand und müssten erst instand gesetzt werden. Immerhin: Das Gesetz wirkt offenbar abschreckend, sodass ein Teil der registrierten Objekte inzwischen auf den regulären Markt gekommen ist.

Zumindest in der Theorie existiert zudem die Mietpreisbremse. Die neue Linksregierung in Spanien hat ein Wohnungsgesetz angekündigt, dass es den Kommunen erlauben soll, über einen offiziellen Preisindex Obergrenzen für bestimmte Viertel zu definieren. Gerade in Palmas Rathaus wartet man ungeduldig auf die neue Norm. In der Branche stößt das Vorhaben dagegen auf Skepsis. Döhne von der Mallorca Mietbörse verweist auf die schlechten Erfahrungen etwa in Berlin, letztendlich fänden sich in der Praxis Wege, die Vorgaben zu umgehen. Zudem dürfte eine Mietpreisbremse Investoren abschrecken. Ähnlich skeptisch äußert sich Pajor von Atlas Intereuro: „Dann sagen sich womöglich viele Eigen­tümer: Ich renoviere nicht mehr." Eine Mietpreisbremse müsste deswegen in jedem Fall Zustand, Ausstattung und Lage des Objekts berücksichtigen, und das würde einen enormen bürokratischen Aufwand bedeuten.

Branchensprecherin Bueno hat statt einer Mietpreisbremse andere Vorschläge, wie die öffentliche Verwaltung eingreifen sollte. ­Eigentümer, die sozialverträglich vermieten, könnten Vergünstigungen bei der Grundsteuer oder anderen Abgaben erhalten. Beispiel Müllgebühren: Da diese pro Person berechnet werden, belohnten die Kommunen derzeit den Leerstand. Und praktisch unerprobt auf den Balearen sei das Modell „Build to rent": ­Warum nicht die Erschließung von neuem Bauland mit Auflagen zum Mietwohnungsbau verknüpfen? Spanienweit zumindest wird dem Modell für das Jahr 2020 großes Wachstumspotenzial bescheinigt.

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