Als es zu regnen begann, bildeten sich die Tropfen an der Decke genau an der Stelle, wo sich ein Stockwerk darüber die Balkontür befindet. „Der Wasserabfluss vom Balkon war offenbar verstopft", schreibt der betroffene deutsche Mieter in einer Facebook-Gruppe. Das Wasser sei sogar in die Deckenlampe gelaufen. Beim Öffnen der Lampe stellte sich auch noch heraus, dass diese nicht geerdet war und auch die Anschlusskabel nass waren.

Nicht viel besser erging es einem Feriengast auf einer Finca. Der Regen drang ins Schlafzimmer im ersten Stock, „unser Sohn kam nachts pitschnass zu uns gelaufen", schreibt der Urlauber im sozialen Netzwerk. „Bei einem Telefonat mit der Agentur sagte man mir, dass die Bauweise in Spanien nicht mit der in Deutschland vergleichbar sei und dass es ja auch ziemlich heftig geregnet habe."

Auch wenn nicht gleich die gesamte Wohnung unter Wasser steht - wenn es auf Mallorca stärker regnet wie zuletzt beim Sturmtief Gloria, tropft es praktisch bei jedem rein. Dass das an der Bauweise liegt, lässt Architekt Martin Lange vom Büro Icazar nur zum Teil gelten. Er verweist etwa auf die Kombination von intensivem Regen und starkem Wind. Auch wenn Schlote oder Lüftungsschächte korrekt überdacht seien, gelange der praktisch horizontale Regen ins Gebäude, und es tropft beispielsweise aus der Dunstabzugshaube auf die Herdplatten. Das sei erst einmal kein Baumangel, sondern der Witterung geschuldet, so Lange. Der sogenannte Schlagregen drückt sich auch durch so manche Fensterritze auf Mallorca oder durch den Schlitz unter der Haustür.

Abhilfe schaffen könne in diesem Fall die Nachrüstung oder Verbesserung sogenannter Tropfkanten, falls sie beim Bau eingespart oder nicht richtig installiert wurden: Kanten an der Unterseite von Fensterbänken, Balkonen oder an Fassaden, die den Ablauf des Regens verbessern und das Wasser nach Möglichkeit von der Fassade fernhalten. Da es nun einmal wenig Regentage und im Sommer eine wochenlange Trockenphase auf Mallorca gebe, werde beim Bau auf solche Elemente weniger Wert gelegt.

Eine wichtige Rolle spielt das Baujahr. Seit 2006 gilt spanienweit der Código Técnico de la Edificación (CTE) - im Gegensatz zu Deutschland, wo die Landesbauverordnungen von den einzelnen Bundesländern erlassen werden. Bei Gebäuden auf Mallorca, die vor dem Jahr 2006 errichtet wurden, gebe es häufiger Probleme mit Abdichtungen, sagt Oliver Girharz, Projektmanager beim Ingenieur- und Bauprojektmanagementbüro Matrol. Er verweist auf die Boomzeit in den 80er- und 90er-Jahren, als auf der Insel meist günstig und schnell gebaut wurde: „Bei vielen Gebäuden ist Hopfen und Malz verloren."

Als Schwachstellen macht Girharz neben Fenstern und Türen auch die Abdichtung von Flachdächern aus, wenn dort Handwerker ohne ausreichende Ausbildung zugange waren. Dann werde etwa im Nachhinein versucht, Fugen zwischen den Bodenfliesen zu schließen. Dabei liege die Abdichtung unter den Fliesen. Bausachverständiger und Projektmanager Arnd Münch beobachtet zudem oft, dass das Gefälle der Terrasse nicht ausreicht und so das Wasser nicht richtig abläuft. „Ich hatte einen Fall, da lief das Wasser in Richtung Haus."

Münch empfiehlt, die Ermittlung des Schadens nicht auf die leichte Schulter zu nehmen - er habe die Erfahrung gemacht, dass das Problem nicht immer dort liege, wo es tropft: „Es ist manchmal erstaunlich, welche Wege das Wasser nehmen kann." Ob für den Schaden die Hausratsversicherung (seguro de hogar) ohne große bürokratische Hürden aufkommt, hängt nicht zuletzt von der Regenmenge ab. Bei Werten von mehr als 40 Litern pro Quadratmeter und Stunde gebe es in der Regel keine Probleme, so Münch, bei weniger Regen komme es auf den Einzelfall an.

Einig sind sich die Experten, dass die Probleme infolge der erwarteten Zunahme extremer Wetterlagen größer werden - zumal die Bauvorschriften Durchschnittsregenmengen berücksichtigen. Wenn Unwetter wie Gloria ganze Gebiete unter Wasser setzen, sei niemand vor den goteras (undichte Stellen) gefeit.