Crowdinvesting in ein Immobilien-Projekt könnte eine feine Sache sein: Der kleine (oder auch größere) Anleger gibt gemeinsam mit Dutzenden oder Hunderten anderer Investoren Geld für ein Bauvorhaben und bekommt deutlich bessere Zinskonditionen als etwa für Tagesgeld. Wenn das Haus dann steht, gibt es auch die Anfangsinvestition wieder zurück. Der Deutsche Bernd Koller (Name von Red. geändert) war denn auch sofort angetan, als er im vergangenen Frühjahr auf der Online-Plattform Bergfürst, die derartige Crowdinvestitionen anbietet, das Projekt „Bellavista 71 Mallorca" entdeckte. Eine Villa in Costa de la Calma, die einmal für 6,5 Millionen Euro verkauft werden soll. Die Zinsen sollten halbjährlich ausgeschüttet werden. Die Crowd sammelte zwei Millionen Euro ein.

Koller investierte 1.000 Euro. „Mein Freundeskreis hatte mir abgeraten, aber ich wollte mal Fuß fassen im Crowdinvesting und sehen, wie das funktioniert", sagt er der MZ. Die erste Zinsausschüttung habe funktioniert, sagt Koller. Auf die zweite Ausschüttung wartete der Oberbayer genau wie die anderen Anleger allerdings mehrere Wochen lang vergeblich.

Er habe sich schon gewundert, erklärt Koller, dass zunächst immer wieder Neuigkeiten um das Projekt auf der Seite von Bergfürst erschienen waren. Mit dem Eintrag am 3. Juni war dann aber bis dato Schluss mit der Informationspolitik. Der Projektverantwortliche Peter Dreher teilte mit, dass der Grundstückskauf nun abgeschlossen sei und man in den nächsten zwei bis drei Monaten mit der Baugenehmigung rechne. Seither herrschte Funkstille. Bis zum 26. Februar, als Bergfürst eine Mitteilung an alle Anleger hinausschickte, in der es hieß, dass die Zinsen nun bezahlt werden. Bergfürst-Sprecherin Andrea Kummermehr bestätigte der MZ am selben Tag: "Die Zinsen wurden nun vollständig für alle Projekte für die Überweisung an die Anleger angewiesen." Eine gute Nachricht also für die Anleger, die langsam nervös wurden.

Rund zwei Monate, bevor der Ingolstädter das Geld überwies, waren bereits erste Ungereimtheiten rund um das Projekt aufgetaucht. So war es ungewöhnlich, dass das Crowdfunding zu einem derart frühen Zeitpunkt begann, noch ohne dass das Grundstück gekauft war, geschweige denn eine Baugenehmigung vorlag. Als die MZ im Mai nachfragte, sagte Dreher, dass der Grundstückskauf prinzipiell in trockenen Tüchern sei, das investierte Geld sei sicher. „Alles, was hier investiert wird, geht zunächst auf ein Sperrkonto eines sogenannten Zahlungsdienstabwicklers, das Geld bekomme ja nicht ich", erklärte Dreher damals. Außerdem habe er eine persönliche Bürgschaft hinterlegt, falls das Projekt nicht realisiert werden sollte sowie eine grundbuchliche Besicherung der Investoren.

Selbst für den Fall, dass sich die Baugenehmigung oder der Verkauf der Villa hinziehen sollte, habe er vorgesorgt. „Unsere Projekte sind durchfinanziert, Zinsausschüttungen sind fester Bestandteil des Cashflow-Plans, und es sind ausreichend Puffer eingebaut", sagte Dreher der MZ.

„Bellavista 71" war nicht das einzige Projekt von Dreher, das in Schwierigkeiten geraten ist. Das Online-Magazin „Fonds professionell" berichtete im Februar über vier Bauvorhaben von Dreher, bei denen es zu „Leistungsstörungen" gekommen sei, drei davon auf Mallorca. Das bestätigte Bergfürst-Sprecherin Andrea Kummermehr auf MZ-Anfrage. Neben „Bellavista 71" wurden auch bei „Bellavista" zum Tag der Fälligkeit keine Zinsen ausgeschüttet. Das Projekt „Vista del Mar" sei zum 31. Oktober 2019 fällig geworden, doch hier habe Dreher das Darlehen von 1,3 Millionen Euro bei Fälligkeit nicht vollständig zurückführen können, erklärte Kummermehr. Die Plattform Bergfürst war für den offen gebliebenen Teil der Forderungen in die Bresche gesprungen. Dass Bergfürst bei den anderen drei Projekten ebenfalls so handelte, galt damals als unwahrscheinlich. Immerhin ging es um 5,3 Millionen Euro.

Bei Bergfürst selbst war man unglücklich über die Negativ-Schlagzeilen von „Bellavista 71" und den drei anderen Projekten. Sprecherin Andrea Kummermehr gegenüber der MZ: „Wir können hier nur mahnen und immer wieder um Lieferung bitten." Man habe Dreher bereits mehrfach aufgefordert, umfassend über den Stand des Projekts zu informieren. Doch der Verantwortliche habe „die vertraglich verpflichtenden Quartalsberichte nicht bereitgestellt". Solche Versäumnisse seien mit Vertragsstrafen belegt. Zunächst sei der Emittent ermahnt worden. „Am Ende steht die Verwertung der Sicherheiten", erklärt Kummermehr.

60 Tage Verzug toleriert Bergfürst, das wäre bis Anfang März. Dreher hat also gerade noch rechtzeitig die Zinszahlung veranlasst. Wäre das nicht passiert, hätte Bergfürst mit der Verwertung der vorliegenden Sicherheiten beginnen können. Im Falle von Dreher wäre das die persönliche Bürgschaft sowie eine zweitrangige Hypothek, die Bergfürst treuhänderisch hält. Derartige Sicherheiten sind allerdings bisweilen mehr Schein als Sein. Es wäre nicht das erste Mal bei einem Crowdinvesting-Projekt, dass sich die angeblichen Sicherheiten als nicht belastbar erwiesen haben. Peter Dreher war für eine Stellungnahme telefonisch nicht zu erreichen, eine Anfrage per Mail ließ er unbeantwortet.