Wer dieser Tage bei Immobilienunternehmen auf Mallorca anruft, hört fast überall dieselbe Ansage: „Die Anfragen wachsen uns über den Kopf." Das Interesse an einer Ferienimmobilie auf Mallorca ist nach einem Einbruch im vergangenen Jahr 2021 wieder so groß wie eh und je. Manche meinen sogar, es übertrifft alles ­bisher Dagewesene. Zuletzt schrieben das "Handelsblatt" und die Fachzeitschrift "Bellevue" von einem „Boom der Ferienimmobilien" auf Mallorca.

Die Einschätzungen in der Branche fallen derzeit sehr ähnlich aus. Hatten in der Vergangenheit die großen Makler häufiger mal mit Superlativen um sich geworfen, mussten sich kleinere Betriebe oftmals mit bescheidenen Verkaufszahlen begnügen. Eine MZ-Umfrage bei großen wie auch kleineren Immobilien­unternehmen ergibt nun einen einhelligen ­Tenor: Es wird verkauft wie am Schnürchen.

„Wir bekommen die Objekte deutlich schneller los als in vergangenen Jahren", sagt etwa Hans Lenz, Geschäftsführer von Engel & Völkers für den Südwesten der Insel. Das Unternehmen stellte Anfang Mai den alljährlichen Marktbericht Mallorca vor. Seien die Kunden vor der Pandemie häufig vier Mal oder öfter nach Mallorca gekommen, um Häuser anzuschauen und zu entscheiden, würden heute viele Besichtigungen bereits virtuell vorgenommen. „Ein abschließender Besuch auf der Insel, und der Kauf ist unter Dach und Fach", so Lenz. Frank Steinhoff von DeHaas Immobilien im Nordosten berichtet: „Wir haben derzeit ein hohes Tempo. Es wird viel gekauft, und es wird schnell gekauft."

„Was ist denn da los?"

Die Nachfrage nach Mallorca, so berichten übereinstimmend die Unternehmer, sei zu Jahresbeginn peu à peu wieder angesprungen. Jürgen Conzelmann von First Class Estate konnte es am Anfang kaum glauben. „Im Januar haben wir zwei, drei Häuser hintereinander verkauft. Da habe ich mich gefragt: Was ist denn da los?" Das Interesse an Mallorca sei aber in der ganzen Zeit da gewesen. Inzwischen funktionierten die virtuellen Besichtigungen sehr gut. Teilweise gingen die Makler mit der Kamera durch die Objekte, teilweise konnten die Interessierten über virtuelle Plattformen auch eigenhändig durch die Häuser steuern. Als dann Mallorca von der Liste der Risikogebiete gestrichen und Mitte März die Reisewarnung aufgehoben wurde, gab es kaum ein Halten mehr.

Derzeit könne die hohe Nachfrage befriedigt werden, sagen die meisten Unternehmer, so etwa Christopher Deppe, Geschäftsführer von Dahler & Company Southwest. „Noch sind die Objekte da." Er könnte mehr verkaufen, wenn es mehr Angebot gäbe, berichtet dagegen Frank ­Steinhoff für den Nordosten. Gerade in den Top-Lagen, das merkt man insbesondere bei Engel & ­Völkers, sind die Immobilien nicht beliebig vermehrbar, auch wenn nach einigen Jahren der Flaute zwischen 2011 und 2016 inzwischen wieder mehr neu gebaut würde.

Keine Schnäppchen

Einigkeit herrscht unter den Marktteilnehmern auch beim Thema Preise. Die Leute hätten verstanden, dass es auch in der Pandemie keine Schnäppchen gegeben habe, sagt ­Jürgen ­Conzelmann. Es habe lediglich die ein oder ­andere Preiskorrektur bei Objekten gegeben, die vor der Krise schon viel zu teuer angeboten wurden. ­Frank ­Steinhoff stimmt zu: „Die Verhandlungsbereitschaft bei den Eigentümern ist ­geringer geworden, weil sie wissen, dass sie ihr Haus so oder so verkaufen werden." ­Deppe berichtet gar von „Gebotswettrennen" der Interessenten für einzelne Objekte.

Dass viel Geld im Spiel ist, belegen die ausführ­lichen Marktstudien von Engel & Völkers sowie dem Mitbewerber Porta Mallorquina. Nach den Zahlen von Engel & Völkers, die die ­Gesamtverkäufe der Balearen berücksichtigen, ist die Zahl der Transaktionen 2020 zwar wegen der Krise um 27 Prozent gefallen, der Gesamtumsatz aber nur um zwölf Prozent. Hans Lenz: „Es wurden vor allem teurere Objekte verkauft, die den Durchschnittspreis nach oben getrieben haben."

Porta Mallorquina hat in seiner jährlichen Studie in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis-Transfer-Institut (STI) Center for Real Estate Studies (CRES) die Angebote an Ferienimmobilien zwischen Dezember 2020 und Januar 2021 bei fünf der Marktführer auf Mallorca ausgewertet und stellt ebenfalls ein hohes Preisniveau fest. Das durchschnittliche Ferienhaus auf Mallorca kostet laut der Studie exakt 995.000 Euro, hat eine bebaute Fläche von 280 Quadratmetern, vier Schlafzimmer und drei Bäder. Durchschnittlich kostet der Quadratmeter Haus auf Mallorca laut der Porta-Mallorquina-Studie 5.080 Euro.

Die Geldanlage

Wer in Zeiten von Niedrigzinsen über eine Anlage in Form einer Mallorca-Immobilie nachdenkt, wird sich - wie wohl FC-Bayern-Star ­Robert Lewandowski, der sich eine Villa in der Gemeinde Calvià zugelegt hat - für diese Zahlen interessieren: Inselweit konstatiert die Studie von Porta Mallorquina einen durchschnittlichen Wertzuwachs von 27 Prozent seit 2016. Je nach Region schwankt dieser Wert aber stark: In der Stadt Palma war der Wertzuwachs von 42,1 Prozent am größten. Im traditionell teuren Südwesten haben sich laut den Daten die Preise seit 2016 immerhin um 37,8 Prozent nach oben entwickelt - trotz Corona und abgesehen von einigen Preiskorrekturen im einfacheren und mittleren Segment. Am ungünstigsten war die Wertentwicklung demnach in der ohnehin preiswertesten Gegend, der Inselmitte. Hier ging es in fünf Jahren lediglich um 7,6 Prozent nach oben. Diese Beobachtung bestätigen in der Tendenz auch mehrere andere Immobilienunternehmer.

Lutz Minkner etwa kalkuliert mit einem Zuwachs von rund 25 Prozent über die vergangenen fünf Jahre in guten Lagen. Auch er sieht regional große Unterschiede - und Palma trotz leichter Einbußen im Corona-Jahr ganz vorne. „Vor allem die Altstadt hat sich sehr gut ent­wickelt, da wurden viele Stadtpaläste hochwertig renoviert, für die man inzwischen 10.000 Euro pro Quadratmeter und mehr zahlt." Auch Objekte an den Küsten seien weiterhin eine ­stabile Geldanlage. Weniger raten würde ­Minkner zu Immobilien im Inselinneren.

Korrekturen gegenüber 2020

Wenn man lediglich den Vergleich zum Vorjahr anstellt, entwickelt sich Anfang 2021 der Nordwesten am besten. Hier stellt die Porta-Mallorquina-Studie einen Preisanstieg von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr fest. Der Quadratmeter wird durchschnittlich für 4.500 Euro angeboten. Auch im Süden der Insel sowie dem Umland von Palma stiegen die Preise - um durchschnittlich rund vier Prozent im Vergleich zu Anfang 2020. Hier sind vor allem die Luxusobjekte deutlich teurer geworden. In der Stadt Palma gingen die Preise leicht um ein Prozent zurück. Größere Korrekturen mussten dagegen der Südwesten, der Südosten und vor allem der Nordosten hinnehmen. In der Gegend rund um Artà sanken die Preise laut der Studie um rund neun Prozent.

Bei Engel & Völkers stellt der Marktbericht im Nordosten hingegen ein stabiles Preisgefüge fest. Die Preise hätten sich im Jahresvergleich nicht verändert, heißt es. Auch in den anderen Regionen sei die Wertentwicklung stabil. Man könne allenfalls von Stagnation im Vergleich zu vor Corona sprechen.

Was die Zukunft angeht, sind die Makler - meist von Haus aus bereits Optimisten - erwartungsfroh. So wie Christopher Deppe von Dahler & Company. „2022 wird ebenfalls ein sehr gutes Jahr. Viele Investoren suchen derzeit nach Möglichkeiten der Geldanlage, davon profitiert der Markt auf Mallorca."