In einigen Fällen musste Antonio Jaume auch schon Sicherheitspersonal für die Versammlungen der Bewohner einer Hausgemeinschaft (comunidad) engagieren. Denn nicht immer laufen die Zusammentreffen friedlich ab. „In manchen Hausgemeinschaften wird viel gestritten. Ich habe schon mitbekommen, wie sich einige Nachbarn bei einer Versammlung geprügelt haben“, erzählt der 46-Jährige. Jaume ist Hausverwalter (administrador de fincas) und zugleich Vorsitzender des Colegio de Administradores de Fincas de las Islas Baleares (Cafbal), einer eigenen Kammer der Berufsgruppe. Die Mitglieder kümmern sich, angestellt von Hausgemeinschaften, einerseits um deren Verwaltung. Sie veranlassen etwa, dass der Aufzug repariert, das Treppenhaus gereinigt oder die Strom- und Gaszähler abgelesen werden. Auch die Zahlungen an Gärtner und Hausmeister wickeln sie ab. Andererseits agieren sie im Auftrag von Vermietern, als Ansprechpartner für die Mieter, kümmern sich etwa um Vertragsverlängerungen und Reparaturen oder suchen neue Mieter.

Anliegen kostenlos vorbringen

Bei einem Tag der offenen Tür, der zweimal im Jahr stattfindet, hat sich kürzlich gezeigt, wo es derzeit vor allem Probleme gibt. „Es kommen zum Beispiel Wohnungsbesitzer, die von ihren Nachbarn zum Vorsitzenden der Hausgemeinschaft ernannt wurden. Sie wollen wissen, ob sie das Amt annehmen müssen, obwohl sie schon sehr alt sind oder nicht fest in der Wohnung leben. Zudem wenden sich auch Vermieter an uns und wollen wissen, ob sie ihren Mietern die Miete erhöhen dürfen“, erzählt Jaume.

Auch zwei weitere Themen kommen jetzt häufiger zur Sprache: zum einen die Installation von Fotovoltaikanlagen. „Wir kümmern uns dann um einen Kostenvoranschlag, informieren uns über mögliche Zuschüsse und organisieren eine Versammlung, in der die Bewohner über die Installation und die Details abstimmen können“, erklärt Jaume. Auch die Barrierefreiheit von Gebäuden für ältere Menschen oder Personen mit Mobilitätseinschränkungen sei derzeit ein wichtiges Thema. Die Finca-Verwalter kümmern sich etwa darum, dass Treppenstufen einem ebenerdigen Eingang weichen oder eine Rampe und ein Aufzug installiert werden.

Neutrale Schlichter im Einsatz

Und dann sind da die besonders emotionalen Themen, oft komplexe Probleme des täglichen Zusammenlebens, die die Hausverwalter aus der Welt schaffen sollen. „Viele beschweren sich etwa über Lärmprobleme. Sie entstehen oft, weil Bewohner einen ganz unterschiedlichen Tagesablauf haben. Wer auf der Insel im Urlaub ist, organisiert zu später Stunde vielleicht gerne noch ein Abendessen mit vielen Freunden. Der Nachbar nebenan arbeitet aber ganz normal und muss am nächsten Tag wieder früh raus“, so Jaume. Dass die Lärmregelungen in Spanien bis Mitternacht sehr liberal sind, helfe nicht wirklich bei der Konfliktlösung. „0 Uhr kann für den arbeitenden Nachbarn viel zu spät sein. Und die Polizei kommt sowieso nur, wenn es sich um eine wirklich große Party handelt. Also wenden sich die Bewohner an uns und wir sollen dann schlichten“, so Jaume.

Bitte Ruhe in der Siesta-Zeit!

Oft seien es auch kulturell bedingte und landestypische Angewohnheiten, die für Probleme im Zusammenleben sorgen. „Wir Spanier sehen die Zeit zwischen 14 und 17 Uhr als Mittagessen- und Siesta-Zeit an. Wenn dann um 16 Uhr lautstark Kinder am Pool oder im Garten toben, kann auch das zu Konflikten zwischen den Bewohnern führen.

Bitte den Meerblick wahren!

Aus Deutschland kennt man als ganz klassische Nachbarschaftsprobleme etwa Bäume, die aufs Anwesen des Nachbarn hinüber wachsen, oder Schuhe, die vor der eigenen Wohnungstür im Treppenflur abgestellt werden. „Hierzulande ist es nicht gängig, die Schuhe im Hausflur zu lassen. In einigen Hausgemeinschaften machen das aber etwa deutsche Bewohner, und die Spanier beschweren sich dann“, erzählt Jaume lachend.

Das „Baumproblem“ spiele vor allem für Besitzer von Häusern mit Meerblick eine Rolle. „Wenn die Bäume eines weiter unten wohnenden Nachbarn zu hoch wachsen und einem die Sicht aufs Meer versperren, kann das ein großes Ärgernis sein“, so Jaume. Leider gebe es in Spanien nicht für jede Angelegenheit ein Gesetz, das einem der beiden Nachbarn recht gibt. In anderen Fällen unterscheiden sie sich zwischen Kommunen und Regionen „In der Gemeinde Calvià etwa darf man einen Baum selbst auf einem Privatgelände nicht schlagen, lediglich die Äste und Zweige abschneiden“, weiß der Mallorquiner. Wer sich nicht daran halte, werde mit Bußgeldern bis zu 60.000 Euro abgestraft. In Gärten im Stadtbezirk Palma wiederum sei das Schlagen problemlos möglich.

Keine Wäsche auf dem Balkon

Einige comunidades wiederum hätten etwa festgelegt, dass Bewohner auf den Balkonen der Wohnungen aus ästhetischen Gründen keine Wäsche aufhängen dürfen. Wer es dennoch macht, muss allerdings kein Bußgeld von der comunidad fürchten. „Das liegt nicht in ihrem Kompetenzbereich. Auch ein Richter wird einem Bewohner wegen eines so leichten Vergehens keine Strafe aufdrücken. Dafür muss es sich schon um sehr schwere Vergehen handeln, die jemand regelmäßig begeht“, so der Finca-Verwalter.

Bei den meisten Problemen geht es laut Jaume auch gar nicht so sehr um die juristischen Belange, sondern eher persönliche Reibereien zwischen den Nachbarn. Dann müssen er und seine Kollegen als neutrale Vermittler schlichten und beide Seiten zur Räson bringen. „Manchmal ist das wirklich schwierig und wir machen die Arbeit von Psychologen“, so Jaume. Die Hausverwalter ermuntern die Hausgemeinschaft dann oft dazu, interne Regeln aufzustellen. „Wenn die Bewohner sie während der Versammlung selbst festlegen, fühlen sie sich eher verpflichtet, sich auch daran zu halten“, weiß Jaume aus Erfahrung.

Nur ein bisschen quatschen

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Nicht immer werden er und seine Kollegen wegen administrativen Anliegen oder Streitigkeiten kontaktiert. „Oft wollen die Bewohner auch einfach ein bisschen tratschen und erzählen mir beispielsweise, dass ein Nachbar hohe Schulden hat, weil XY oder ein anderer sehr reich ist. Sie haben zu viel Zeit.“

Hausverwalter: cafbal.com, Antonio Jaume: fincasjaume.com