Die sprudelnden Steuereinnahmen aus der Immobilienbranche sorgen im balearischen Finanzministerium fast ein bisschen für Scham, könnte man meinen: Auf Anfrage liefert die Presseabteilung nicht nur Zahlen, sondern auch eine ausführliche Erklärung, warum die Einnahmen 2021 ausnahmsweise so hoch ausfielen und wie hoch gleichzeitig die Ausgaben für Sozial- und Wirtschaftshilfen in der Corona-Zeit waren. So legten die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer (Impuesto sobre Transmisiones Patriomoniales) mit 836 Millionen Euro um 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Zum einen sei 2021 eine große Zahl von Immobilienkäufen aus dem Vorjahr nachgeholt worden, zum anderen die wirtschaftliche Aktivität in der Branche wieder angelaufen, erklärt ein Sprecher.

Dabei ist diese Abgabe – enthalten ist in der Statistik die gleichzeitig anfallende Stempelsteuer (Actos Jurídicos Documentados) – nur eine von mehreren, mit denen Immobilienkäufer die öffentlichen Kassen füllen. Kommunen, Landesregierung, Zentralregierung – bei den Steuern rund um den Hauskauf bekommen Behörden auf allen Ebenen etwas ab.

Luis Martin, Vorsitzender des Verbands der Bauträger auf den Balearen (Proinba), beklagt, dass in der öffentlichen Debatte nicht ausreichend wahrgenommen werde, welche wirtschaftliche Bedeutung die Bau- und Immobilienbranche auf den Inseln habe. Bei einem Wohnungsbauprojekt entfielen im Durchschnitt 29 Prozent der Verkaufssumme auf Steuern und Abgaben, rechnet Martin vor. Das spanische Statistikinstitut (INE) wiederum weist für die Bereiche Bau und Immobilienaktivitäten einen Anteil von mehr als 20 Prozent am Bruttosozialprodukt auf den Balearen aus – 2019 waren es knapp 21 Prozent, im Corona-Jahr 2020 wegen der gebeutelten Tourismusbranche sogar 25 Prozent.

„Die Immobilienwirtschaft hat den balearischen Haushalt während der Pandemie über Wasser gehalten und wird auch künftig eine solide Einnahmequelle sein“, sagt Hans Lenz, Präsident des Verbands Internationaler Immobilienmakler ABINI. „Und dabei entgeht uns nicht das Drama für die lokale Bevölkerung, die bald keine Wohnungen zu adäquaten Preisen mehr finden wird.“

Einnahmen für die Rathäuser

Gerade für die Gemeinden sind die Hauskäufer eine wichtige Einnahmequelle – nicht zuletzt die ausländischen, wie Antoni Salas berichtet, Vorsitzender der Vereinigung der Kommunen auf den Balearen (Felib). Da wäre zum einen die Wertzuwachssteuer (Plusvalía), die neben Erbschaften und Schenkungen auch beim Immobilienverkauf fällig wird. Diese war zwar 2021 vom Verfassungsgericht einkassiert worden, letztendlich hat sich aber nur die Berechnungsmethode geändert: Der Steuerzahler kann entscheiden, ob er die klassische Methode wählt, die auf dem Katasterwert und einem Koeffizienten basiert, den die Gemeinde innerhalb einer Spanne von 0,08 und 0,45 festlegen kann. Oder aber den tatsächlichen Wertzuwachs bevorzugt.

Nicht zu unterschätzen sei zudem die ICIO (Impuesto sobre Construcciones, Instalaciones y Obras), eine kommunale Abgabe, die bei Um- und Modernisierungsarbeiten am Haus fällig wird. Schließlich passten gerade gut situierte Käufer ihre Immobilie nach dem Kauf ihren Bedürfnissen an und hätten dafür oft ein erhebliches Budget zur Verfügung, so Salas. Im Fall von Costitx werde ein Prozentsatz von 2,5 Prozent erhoben, andere Gemeinden langten kräftiger zu, das Limit liegt bei 4 Prozent.

Und auch bei der so wichtigen Grundsteuer (IBI) profitiert der Gemeindehaushalt vom hochpreisigen Immobilienmarkt. Zwar wird die auf der Basis von Katasterwert und kommunalem Hebesatz berechnete Abgabe bei allen Grundstücken jährlich fällig. Doch je mehr in die Immobilien investiert wurde, desto üppiger fallen auch die Einnahmen aus.

Ausländer als Jobmotor

Dem Vorsitzenden des Gemeindeverbands ist es zudem wichtig, auf weitere, indirekte Einnahmen zu verweisen. Die oft ausländischen Käufer seien in der Regel wichtige Auftraggeber für die lokale Wirtschaft – von Maurern und Metallbauern über Elektriker und Schreiner bis hin zu Gärtnern. Auf diese Weise würden viele Jobs in der Gemeinde gesichert, so Salas, „wir wollen nicht, dass unsere Orte zu Schlafstädten werden.“ Dazu gehöre freilich auch, dass sich die neuen Bewohner mit einbrächten und Empathie an den Tag legten, dann entstehe ein fruchtbarer Austausch.

Die öffentliche Hand weist zwar nicht aus, welchen Anteil der Steuern letztendlich ausländische Käufer zahlen, es lässt sich aber indirekt darauf schließen: Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik der spanischen Regierung 40 Prozent aller Immobilienkäufe auf den Balearen von Nichtspaniern getätigt. Und der Anteil an der Gesamtverkaufssumme betrug rund 41 Prozent, wobei sich dieser Wert nur auf die ersten drei Quartale bezieht. Die Deutschen machen laut Amtsregister rund 60 Prozent der ausländischen Käufer aus.

Hoher Preis, mehr Steuern

Gerade in diesem internationalen Markt gehen die Preise auf sehr hohem Niveau weiter nach oben. Insgesamt zogen sie im vergangenen Jahr noch einmal knapp zehn Prozent an – eine Entwicklung, die vielen Sorgen macht, die Steuereinnahmen aber erst recht sprudeln lässt.

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Je höher der Preisanstieg der Immobilie, desto höher auch der Katasterwert. Und desto höher IBI oder Plusvalía: Je nach Gemeinde könne diese Abgabe 15 bis 20 Prozent aller Einnahmen ausmachen, erklärt Salas. Beispiel Grunderwerbssteuer: Bei dieser progressiv gestalteten Abgabe von 8 bis 10 Prozent nimmt die balearische Landesregierung umso mehr ein, je teurer die verkaufte Immobilie ist. Ab einem Gesamtwert von mehr als einer Million Euro greift der höchste Satz, der zudem um noch einen halben Prozentpunkt steigen soll ab dem Steuerjahr 2022. Dann wird sich auch zeigen, ob die Rekordeinnahmen von 2021 ein Ausreißer waren.