Ein im Dezember 2021 festgenommener deutscher Immobilienunternehmer auf Mallorca ist vom Landgericht Stuttgart wegen Betrugs zu fünfeinhalb Jahre Haft verurteilt worden. Das bestätigte ein Gerichtssprecher am Montagmorgen (23.5.) der MZ: "Der Angeklagte wurde wegen Betrugs in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten verurteilt." In die Freiheitsstrafe einbezogen wurde eine vorherige Haftstrafe von zwei Jahren, die im Juni zur Bewährung ausgesetzt worden war.

Der 37-jährige Diplom-Betriebswirt F.G., der von September 2019 bis zu seiner Festnahme auf Mallorca tätig war, hatte den Betrug mit Immobilien auf Mallorca am Mittwoch gestanden und so eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft ermöglicht, die nach MZ-Informationen ursprünglich acht bis zehn Jahre Haft für den Vater von vier kleinen Kindern gefordert hatte. F.G. saß seit seiner Festnahme in Stuttgart am 8. Dezember 2021 in Stammheim in Untersuchungshaft.

Die Zeugenvernehmungen am letzten Verhandlungstag vor dem Stuttgarter Landgericht hatten am Freitag (20.5.) einige überraschende Details ans Licht gebracht - unter anderem, wie leichtgläubig die Opfer des Betrügers waren.

Büros in Port d'Andratx und Puerto Portals

Als Immobilienmakler auf der Insel mit Büros in Port d'Andratx und Puerto Portals hatte F.G. im Zeitraum 2020/21 vier Männer um rund 2,1 Millionen Euro betrogen. In Stuttgart im Fokus standen Objekte in Cala Murada an Mallorcas Ostküste sowie in Port d’Andratx. Vier Geschädigte hatten sich in einer spanischen S.L.-Gesellschaft zusammengetan, um dort teure Immobilien spottbillig zu erwerben und gewinnbringend weiterzuverkaufen. Bei beiden Schritten sollte F. G. als Vermittler helfen, ohne selbst Teilhaber zu sein. Allerdings kamen schlussendlich weder der Ankauf noch die Weiterveräußerung zustande, da F.G. real gar keinen Zugang zu den bisherigen Eigentümern der Objekte hatte.

Laut Aussagen in Stuttgart wurden als Vorschuss auf vermeintlich lukrative Geschäfte dennoch Geldsummen im Millionenbereich auf die Konten von F.G. überwiesen, ohne die Immobilien überhaupt zu besichtigen geschweige denn einen Notartermin in Aussicht zu haben. Wirklich greifbar war offenbar nur die Rechnung für einen Optionsvertrag über 98.000 Euro. Danach wurden dann auf zweifelhafter Grundlage noch weitere Summen von circa 750.000 Euro und 300.000 Euro überwiesen – die Gelder verschwanden auf nimmer Wiedersehen.

Erst sehr spät Verdacht geschöpft

Die Übergabe verzögerte sich unter Hinweis auf die Corona-Pandemie mit ihren Impfanforderungen und Reisebeschränkungen immer wieder. Dennoch hatten Betrüger und Geschädigte laut ihren Aussagen zwischendurch Zeit für gemeinsame Terrassenpartys auf Mallorca. Richtig misstrauisch wurden die geprellten Deutschen offenbar erst in der zweiten Jahreshälfte 2021 nach einer Übergabe von Schlüsseln, die nicht richtig passten. Ihre Anfrage bei einem großen Makler, der eines der Objekte ebenfalls eine Zeit lang im Angebot geführt hatte, ergab einen Wert von 5,5 Millionen Euro. Der wahre Eigentümer – ein seriöser deutscher Geschäftsmann – kannte zwar F. G., hatte ihn jedoch mitnichten mit einem Verkauf beauftragt.

Gier fressen Hirn

Warum man glaubte, eine Millionenimmobilie für rund 750.000 Euro erwerben zu können? G. soll vorgespiegelt haben, dass es in Spanien derzeit wegen der Corona-Krise viele Notverkäufe oder auch „Schnäppchen“ im Bestand der Banken gebe. Das fanden die Betrogenen wohl so glaubwürdig, dass sie mit erheblichen Summen in die „Vorfinanzierung“ gingen.

Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende: Laut Stuttgarter Aussagen versuchte F. G. auf Mallorca den Schaden teilweise wiedergutzumachen, übereignete seinen Geschäftspartnern unter anderem Rolex-Uhren, einen Porsche sowie Gesellschaftsanteile. Da die Überschreibung der Firmenbeteiligung offenbar mit einer falschen NIE-Nummer erfolgte, ergab sich mutmaßlich ein weiterer Betrugstatbestand.

Showdown im Restaurant

Die Geprellten suchten jedenfalls Rat bei einem bekannten mallorquinischen Anwalt. Nachdem man sich in der Kanzlei beraten hatte, traf man anschließend kurioserweise beim Essen in einem Inselrestaurant auf den Betrüger, der dort vor aller Augen von dem Anwalt zur Rede gestellt wurde. So schilderte es jedenfalls einer der Zeugen in Stuttgart.

Am ersten Verhandlungstag hatte der studierte Diplom-Betriebswirt F. G. laut „Bild“ noch damit geprahlt, auf Mallorca 50.000 Euro im Monat verdient zu haben und Golf-Nationalspieler gewesen zu sein. Allerdings ist der Kaufmann ein notorischer Betrüger: Schon nach seinem Examen saß er von 2010 bis 2012 zum ersten Mal in Haft, von 2015 bis 2018 erneut. Danach verurteilte ihn das Amtsgericht Nürtingen nochmals wegen Betrugs.

Vater von vier kleinen Kindern

Die zwei Jahre auf Bewährung waren noch nicht rechtskräftig, wurden von der 8. Großen Strafkammer nun aber in das erneute Urteil eingerechnet. Erst vor vier Wochen ist G. zum vierten Mal Vater geworden. Außerdem hat er drei weitere Kinder im Alter von vier bis neun Jahren.

An vornehmer Adresse im Stuttgarter Königsbau nutzte F. G. repräsentative Geschäftsräume. Außerdem ist seine Agentur laut dem noch existierenden Internet-Auftritt im Rhein-Neckar-Raum präsent, weist derzeit allerdings keine Objekte aus. Ob auf Grundlage der seltsamen Beweislage Anklage gegen seine 38-jährige Ehefrau erhoben werden kann, ist nach Ansicht von Beobachtern fraglich. Sie ist jedenfalls weiterhin im Impressum als Verantwortliche genannt.

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Was ist jetzt mit dem Strafverfahren auf Mallorca?

Mit dem anstehenden Urteil hat sich womöglich ein parallel auf Mallorca gegen F.G. eingeleitetes Strafverfahren erledigt, das bereits zur Pfändung von Vermögenswerten geführt hat. Auch in verschiedenen Ländern kann man nicht zweimal wegen der gleichen Delikte angeklagt werden „Ne bis in idem“, nennt man diesen lateinischen Grundsatz unter Juristen. Womöglich werde man sich jetzt darauf konzentrieren, Vermögenswerte wiederzuerlangen, sagte am Freitag gegenüber der MZ Jaime Campaner. Der Anwalt vertritt einige der Geschädigten - es gibt noch weitere - auf Mallorca.