Mallorca Zeitung

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Roser Amills Schriftstellerin

Schriftstellerin auf Mallorca droht Zwangsräumung: "Es kann jeden treffen"

Die bekannte Autorin und Journalistin Roser Amills aus Algaida berichtet von ihrer verzweifelten Lage und kritisiert die Behörden

Die mallorquinische Schriftstellerin Roser Amills. MANU MIELNIEZUK

Roser Amills (Algaida, 1974) hat mit ihren rund zwanzig veröffentlichten Büchern immer wieder von sich reden gemacht, einige ihrer Gedichte wurden auch ins Deutsche übersetzt. Jetzt soll die Autorin und Journalistin aus ihrem Geburtshaus vertrieben werden: Sie findet keine Mietwohnung und die Institutionen machen ihre Situation nicht besser, so dass sie für das Nötigste auf Hilfe angewiesen ist.

Wird das hier ein Interview von der Sorte: "Sie wurde auf die Straße gesetzt?"

Noch nicht, aber am 28. Juni lande ich offiziell auf der Straße. Man hat mich aus meinem Geburtshaus in Algaida vertrieben, ich habe an jede Tür geklopft und bin verzweifelt.

Wir hätten nie gedacht, dass das einer Mallorquinerin passieren würde.

Wir haben die Vorstellung, dass es immer Menschen von außerhalb trifft, ohne Familie oder finanzielle Ressourcen, aber es kann jeden treffen. Das hätte ich niemals gedacht.

Tatächlich sollte das auch keinem Mallorquiner passieren dürfen...

Natürlich nicht, denn ein Dach über dem Kopf zu haben, ist ein Grundbedürfnis, das mit der "Ley de Vivienda" auf den Balearen anerkannt wurde. Sie legt fest, dass kein Malloquiner ohne eine Wohnlösung dastehen darf, und dass man die Regierung anklagen kann, wenn sie dem nicht nachkommt.

Sie schämen sich nicht dafür, von Ihrer Situation zu erzählen.

Richtig. Meine Zwangsräumung sollte die Behörden beschämen, und nicht mich. Sie setzen eine Person mit einem minderjährigen Kind auf die Straße, und noch dazu bin ich ein Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt. 

Wie kommen Sie mit all dem zurecht?

Es ist die Hölle, die traurigsten Gedanken gehen einem durch den Kopf. Man denkt, man hat etwas falsch gemacht und man merkt, dass man nicht verstanden wird. Man begreift, dass es Menschen gibt, die den Punkt erreichen, an dem sie völlig verzweifelt sind und Suizid begehen.

Und was ist mit Ihrer Arbeit?

Ich bin mir für keine Arbeit zu schade. Ich habe Werbung für Hörgeräte gemacht, als Reinigungskraft gearbeitet und mich gerade als Kinderbetreuerin qualifiziert. Mein Lebenslauf umfasst 47 Seiten mit Zeugnissen, aber trotzdem bekomme ich nur prekäre Arbeitsverträge und damit wiederum wird mir nichts vermietet. Die Katze beißt sich in den Schwanz.

Sie haben auch an die Türen der Behörden geklopft.

An alle Türen! Was ich IBDona und dem Wohnungsbauinstitut Ibavi nicht verzeihe, ist, dass sie einem gar keine Lösung anbieten, nicht einmal auf Zeit. Alles ist bürokratisch und sie fragen nicht einmal, was man braucht.

Aber dafür spielen sie sich ganz schön auf.

Wenn man die Schlagzeilen sieht, geht es nur um erstklassige Bauprojekte. Sie stehen nicht auf der Seite der Betroffenen wie mich und sind ein endloser Quell der Enttäuschung und des Leids.

Sie wollen Sie auch von Ihrem Kind trennen.

Die Optionen sind entweder sieben Tage in einem Wohnheim oder ein Monat im Kloster, da ich unter geschlechtsspezifischer Gewalt gelitten habe. Aber dort könnte ich kein Zimmer mit meinem Sohn teilen, eine schreckliche Aussicht für eine Mutter.

Es wird nicht an Leuten mangeln, die Sie selbst für Ihr Schicksal verantwortlich machen.

Ja, es tut weh, wenn die Institutionen einem sagen: "Aber Sie wussten doch schon, dass Ihnen die Zwangsräumung droht". Sie beschuldigen mich, obwohl ich seit einem Jahr nicht schlafen kann und alles in meiner Macht Stehende getan habe.

Sie haben auch Beihilfen für Lebensmittel in Anspruch genommen.

Das kam als allererstes. Es ist ein großes Tabuthema, einmal im Monat bei der Lebensmittelausgabe Schlange zu stehen und dabei vom ganzen Dorf gesehen zu werden. Viele Menschen schämen sich dafür, ich aber nicht. Es ist ein unsichtbares Problem, das aber in allen Dörfern zugenommen hat. Diejenigen, denen es früher sehr gut ging, sind jetzt nur noch gut dran, und Letztere sind sehr arm geworden.

Das alles geschieht in Ihrem Heimatdorf Algaida.

Das macht es noch schwerer. Algaida ist keine große Stadt, und ist schwierig zu akzeptieren, dass dies einem normalen Menschen widerfährt. Man glaubt nicht, dass es wahr ist und denkt, es kann nicht so schlimm sein. Denn es macht Schuldgefühle und ist lästig zu sehen, genau wie die alte Dame an der Busstation, die niemand fragt, was mit ihr los ist.

Wir müssen uns an die Tatsache gewöhnen, dass niemand dagegen gefeit ist. 

Genau, denn die Preise werden nicht mehr sinken, man verbraucht seine Ersparnisse, ohne es zu merken. Und das Arbeitslosengeld ist nur ein symbolischer Betrag.

Gleichzeitig werden auf Mallorca Häuser für Millionenbeträge verkauft.

Und man hört, dass es sich lohnt, in Algaida zu investieren, weil die Preise stark steigen. Wir spekulieren auf unsere Chance, dort zu leben, wo wir geboren wurden. Aber wir müssen Zimmer untervermieten oder wegziehen, all das ist schlecht für die mallorquinische Gesellschaft.

 

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