Der Immobilienmarkt auf Mallorca scheint sich nach zwei frenetischen Jahren langsam zu beruhigen. Die Anzeichen verdichten sich, dass der nach der ersten strengen Lockdown-Phase der Corona-Pandemie eingesetzte Kaufrausch an sein Ende gekommen ist. So zumindest sieht es der Präsident des Verbandes der internationalen Immobilienmakler auf Mallorca (ABINI), Hans Lenz. Und der Managing Director bei Engel & Völkers Mallorca Southwest ist mit seiner Beobachtung eines „Zykluswechsels“ nicht allein. Auch weitere Makler kommen zu diesem Ergebnis – wenn auch nicht alle. In der obersten Preiskategorie ab drei Millionen Euro werde weiter bestens verkauft, beobachtet beispielsweise Immobilienunternehmer Lutz Minkner.
Allgemein lasse sich sagen, dass ein Teil der Nachfrage vor allem aus dem deutschsprachigen Raum zwischen Sommer 2020 und Frühjahr 2022 „künstlich“ gewesen sei, berichtet Hans Lenz der MZ. In seinem Unternehmen sei man teilweise kaum noch hinterhergekommen mit der Kundenbetreuung. „Da waren wir einfach überbucht“, sagt Lenz. Ähnliches berichtet auch Sandra Dinges vom Luxus-Immobilienanbieter Private Property Mallorca. „Im vergangenen Jahr war es hin und wieder kaum möglich, die Kunden persönlich so zu betreuen, wie es eigentlich unser Anspruch ist.“ Und Jürgen Conzelmann von First Class Estate Mallorca ist nicht böse darum, dass wieder etwas Ruhe eingekehrt ist. „Das tut dem Markt auch mal gut.“
Interesse nahm Richtung Sommer spürbar ab
Man habe in seiner Firma ziemlich genau feststellen können, dass das Interesse an einer Mallorca-Immobilie nachgelassen habe, je näher der Sommer 2022 gekommen sei, sagt Conzelmann. „Die Anfragen bei Google sind ab Juni deutlich zurückgegangen.“ Er erklärt sich das vor allem mit dem ohnehin in der heißen Jahreszeit niedrigeren Interesse an Immobilienkäufen. „Der Ukraine-Krieg hat damit wohl eher nichts zu tun, und auch die Zinserhöhungen kamen erst ein wenig später“, sagt er. Auch Sandra Dinges schiebt die niedrigere Nachfrage in den Sommermonaten vor allem auf das typische Sommerloch sowie die Wirtschaftslage, die sich in vielen Haushalten bereits spürbar verschlechterte.
Wobei man eben unterscheiden müsse, von welchem Markt man spreche, so Unternehmer Lutz Minkner. Diejenigen, die sich ein Haus ab drei Millionen Euro aufwärts ohne Finanzierung leisten könnten, seien weiterhin in Kauflaune. Und auch die, die noch viel höhere Summen ausgeben können: „Wir haben erst vor Kurzem zwei Villen für jeweils 20 Millionen Euro innerhalb von einer Woche verkauft“, sagt Minkner. Darüber hinaus habe er zuletzt einige Häuser zwischen zwei und zehn Millionen Euro verkauft. Es gebe zahlreiche Anfragen von Unternehmern, die ihre Firma gerade verkauft hätten und ihr Geld unterbringen wollten.
Schluss mit dem schnellen Geld
In den „niedrigeren“ Preiskategorien bis drei Millionen Euro könne man dagegen nicht mehr von einem „Boom“ sprechen, sagt aber auch Lutz Minkner. Der ein oder andere etablierte Makler auf der Insel hofft, dass in einem Umfeld eines abkühlenden Marktes nicht mehr alles durchgeht. In den vergangenen eineinhalb Jahren haben sich schließlich auch Makler eine goldene Nase verdient, die vor allem auf das schnelle Geld aus waren. Auch die beliebten Express-Renovierungen, bei denen ein Investor ein Apartment für 300.000 Euro kauft, 50.000 hineinsteckt und es dann für 800.000 Euro oder mehr verkauft, dürften in der nächsten Zeit nicht mehr so häufig zu beobachten sein.
Preisrückgänge angesichts sinkender Nachfrage sehen die Makler nicht – wobei sie derlei ohnehin nur ungerne eingestehen. Die Preise auf Mallorca seien weiterhin stabil. Vereinzelt gebe es Rabatte, aber genauso gebe es Verkäufer, die jetzt angesichts der anziehenden Zinsen versuchen, ihr Haus noch schnell mit einem höheren Preis loszuwerden, sagt Hans Lenz. Zudem gebe es derzeit auffällig viele Familien mit Kindern, die neu auf die Insel auswanderten, berichtet Sandra Dinges. Homeoffice macht’s möglich. „Die Leute zieht es weiter nach Mallorca, hier ist es entspannter. Es gibt nicht diese in Deutschland verbreitete Panikmache bei vielen Themen.“
Für Preisstabilität sprechen auch aktuelle Zahlen des Immobilienportals idealista.es – die allerdings nicht zwischen dem Ferienhaus- und dem „normalen“ Wohnungsmarkt unterscheiden. Im August lag demnach der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter angebotener Eigentumswohnung bei 3.542 Euro auf den Balearen. Das entsprach einer Steigerung von 1,4 Prozent im Vergleich zu Juli und ganzen 10,8 Prozent im Vergleich zu August 2021.
Es fehlen Neubauten
Was vor allem am weiterhin bestehenden Mangel an Immobilien liegt. Alle befragten Makler weisen einmal mehr auf das Problem der fehlenden Neubauten hin. Und auch bei Bestandsimmobilien nehme das Angebot weiter ab. Lutz Minkner ist inzwischen einen Schritt weitergegangen: „Wir haben vor ein paar Monaten zwei Immobilienscouts eingestellt, die nichts anderes machen, als über die Insel zu fahren und Objekte ausfindig machen sollen, die verkauft werden“, sagt Minkner.
Und was für den Markt der Ferien- oder Zweitimmobilien auf der Insel gilt, gilt auch für den einheimischen Markt, wie die Präsidentin der Vereinigung der Insel-Makler, Natalia Bueno, sagt. Es sei weiterhin extrem schwierig, für weniger als 300.000 Euro eine Drei-Zimmer-Wohnung in gutem Zustand mit Stellplatz zu bekommen, auch weiter von Palma entfernt. „Es wird immer noch viel zu wenig gebaut“, klagt auch Natalia Bueno. Und wenn gebaut werde, dann viel zu hochpreisig für die Einheimischen. Das gelte dann auch für die Mieten. So kommen zum Beispiel die schicken neuen Wohneinheiten an der Plaça Gomila in Palma für Monatsmieten ab 900 Euro für 43 Quadratmeter auf den Markt.
Natalia Bueno kann derzeit noch keinen Nachfrageeinbruch feststellen, sagt aber: „Den wird es ab Oktober geben, da bin ich mir sicher.“ Die allgemeine Wirtschaftslage, das Ende der Tourismus-Saison und die steigenden Zinsen, die eine Hypothek weniger erschwinglich machen, würden dazu führen, dass deutlich weniger Einheimische eine Immobilie suchen. „Und dann sinken wohl auch die Preise“, sagt sie.