Das neue Wohnraumgesetz kommt - und der Mietmarkt auf Mallorca spielt verrückt

Wer zurzeit eine Wohnung auf der Insel sucht, verzweifelt regelrecht an den Bedingungen der Vermieter. Für diese wiederum wird eine Vermietung mit dem neuen Regelwerk unattraktiver

Zurzeit eine bezahlbare Mietwohnung auf Mallorca zu finden, gleicht einem Sechser im Lotto.

Zurzeit eine bezahlbare Mietwohnung auf Mallorca zu finden, gleicht einem Sechser im Lotto. / Jesús Hellín

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Eigentlich, das war die Idee der Regierung in Madrid, sollte sich der Wohnungsmarkt im Land und gerade auch auf Mallorca mit dem neuen Wohnraumgesetz entspannen. Doch vor Inkrafttreten des Regelwerks - die Branche rechnet für Montag (22.5.) mit der Veröffentlichung im spanischen Amtsblatt BOE - scheint genau das Gegenteil zu passieren. Verunsicherte Vermieter erhöhen die Preise oder nehmen ihre Wohnungen ganz vom Markt.

In einem der MZ bekannten Fall einer Deutschen, die derzeit in Palma eine Wohnung sucht, hat der Vermieter plötzlich bei der Besichtigung die Bedingungen für die Miete verschärft - ganz offensichtlich durch das neue Wohnraumgesetz und seine Konsequenzen motiviert.

100 Euro Mieterhöhung, wenn das Gesetz in Kraft tritt

Die erste Überraschung gab es bei der Besichtigung für die Deutsche, als der Vermieter sie darauf hinwies, dass die Wohnung in dem Moment, in dem das neue Wohnraumgesetz in Kraft treten würde, 100 Euro mehr Miete im Monat kosten soll. Grund ist, dass das neue Gesetz vorsieht, dass die Gebühr für die Immobilienmakler ab sofort der Vermieter zahlen muss. Diese beträgt üblicherweise eine Monatsmiete. Bei 100 Euro Mieterhöhung im Monat hätte der Vermieter die Gebühr am Jahresende wieder reingeholt.

Ein zweites Problem war, dass der Vermieter das Gehalt der beiden Freundinnen offenbar als zu niedrig einstufte. Beide zusammen verdienen an die 4.000 Euro netto. Er schien Angst zu haben, dass die beiden ihren monatlichen Mietzahlungen nicht nachkommen könnten und behauptete, die Freundinnen gehörten mit ihrem Gehalt bereits zur "vulnerablen Gruppe", die man mit dem neuen Gesetz bei Nichtzahlung schwieriger zwangsräumen kann.

Das sagen die Makler dazu

"Das ist eine Ausrede des Vermieters", sagt Natalia Bueno, Vizepräsidentin der Vereinigung der einheimischen Immobilienmakler API, der MZ. Sie hat in den zurückliegenden Wochen festgestellt, dass die Vermieter "Angst haben" und es bereits in einigen Fällen angesichts des neuen Gesetzes vorgezogen hätten, die Wohnung vom Mietmarkt zu nehmen und nun zu versuchen, sie zu verkaufen.

Die spontane Mieterhöhung indes, um die Kaution an die Makler wieder reinzuholen, sei "keine übliche Praxis", sagt Bueno. Ihr sei das bisher nicht untergekommen, auch von Kollegen habe sie das nicht gehört. Viele Vermieter hätten allerdings versucht, ihre Vertragsabschlüsse mit Mietern zu beschleunigen, damit diese noch vor Inkrafttreten der neuen Regelungen begännen.

Bueno hält nicht viel von dem Gesetz, das ist nicht schwer herauszuhören. "Es wirkt so, als hätten es kleine Kinder ausgearbeitet. Das Gesetz ist äußerst wenig durchdacht, und ich rechne damit, dass es irgendwann vom Verfassungsgericht wieder einkassiert wird." Es handle sich bei dem Regelwerk um eine populistische Maßnahme, die viel zu tief in den Markt eingreife.

Vermieter müssen zahlreiche Dokumente vorlegen

Da ist nämlich beispielsweise die Sache mit den Dokumenten, die die Vermieter ab sofort vorlegen müssen. "Das ist fast so viel wie bei einem Verkauf", kritisiert Bueno. In manchen Fällen brauche es Monate, bis die Dokumente tatsächlich einträfen. Als Beispiel nennt Bueno das sogenannte certificado urbanístico, das dem Mieter bei Abschluss des Vertrags gezeigt werden muss.

Dieses Dokument enthält beispielsweise Informationen dazu, ob sich die Immobilie wirklich auf einem bebaubaren Grundstück befindet und ob eventuell Bußgelder gegen die Immobilie verhängt wurden. "Dieses Dokument ist nur sechs Monate gültig, muss also quasi bei jedem Mieterwechsel neu angefordert werden", erklärt Bueno.

Teilweise vergeht ein Jahr bis zur Ausstellung

Die Krux an der Sache: Die zuständigen Gemeindeverwaltungen benötigen laut Bueno teilweise viele Monate, im Fall von Pollença auch mal mehr als ein Jahr, bis das Schreiben tatsächlich kommt. "Da entgehen den Vermietern, wenn sie alles gesetzeskonform machen wollen, viele Monate an Mieteinnahmen."

Auch eine sogenannte nota simple, also der Kaufvertrag über die Immobilie, muss dem Mieter gezeigt werden. Diese wiederum darf nicht älter als drei Monate sein. Dazu kommt die Wohnbarkeitsbescheinigung (cédula de habitabilidad), die immerhin zehn Jahre gültig ist, sowie das Energiezertifikat, über das ein überwiegender Teil der Häuser und Wohnungen auf der Insel noch gar nicht verfügt.

Es stimme, dass die Vermieter in den zurückliegenden Jahren teilweise "riesige Gewinne" eingestrichen hätten, sagt Bueno. Aber das neue Gesetz mache die Vermietung nun unattraktiv. "Wir werden viele Verkäufe von Wohnungen sehen, die bisher vermietet wurden, viele Saisonverträge, Ferienvermietung und viele Wohnungen, die zimmerweise vermietet werden", prognostiziert Bueno. Viele Familien mit Kindern und geringen Einnahmen würden es in Zukunft noch schwerer haben, eine Wohnung zu finden.

Das ändert sich für Mieter mit dem neuen Wohnraumgesetz

Der wohl wichtigste Aspekt aus Mietersicht ist ein Mietendeckel für sogenannte zonas tensionadas, die die jeweilige Regionalregierung festlegen muss. Dabei handelt es sich um Gebiete mit angespannter Wohnsituation, also vor allem die Zentren von großen Städten. Hier darf die Miete in Zukunft nicht mehr als 30 Prozent des durchschnittlichen Einkommens der Bevölkerung vor Ort betragen oder die Mieterhöhung der vergangenen fünf Jahre darf nicht mehr als drei Prozentpunkte über der Teuerungsrate IPC liegen. Die Balearen-Regierung fordert, die Inseln komplett als zonas tensionadas zu definieren.

Und es gibt eine weitere Mietpreisbremse, in diesem Fall für das ganze Land: Im Jahr 2024 darf die Miete maximal um drei Prozent erhöht werden. Für 2023 wurde ohnehin schon eine maximale Mieterhöhung von zwei Prozent gesetzlich festgelegt. Bis Anfang 2025 muss das spanische Statistik-Institut INE dann einen neuen Mietpreisindex entwickeln, der von der allgemeinen Inflationsrate abgekoppelt werden und deutlich niedriger liegen soll.

Exorbitante Mieterhöhungen sollen mit neuem Index vermieden werden

Bislang war in Spanien der IPC der wichtigste Wert bei der Bestimmung des Mietpreises. Mit der Änderung sollen künftig exorbitante Mieterhöhungen vermieden werden. Bisher ist aber noch völlig unklar, wie genau dieser Index aussehen soll und welche Werte als Grundlage dafür dienen sollen.

Weitere wichtige Neuerung für Mieter: Künftig müssen sie nicht mehr die Maklerhonorare zahlen. Bisher ist es üblich, dass Mieter bei Einzug die Gebühren der Agenturen übernehmen, zumeist in Höhe einer Monatsmiete. Bei sozialen Notlagen sollen Mieter künftig gesondert geschützt werden und bis zu einem Jahr länger in Wohnungen bleiben dürfen, auch wenn der Vermieter kündigen will.

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