Hinter dem schlichten Eingang in der Straße des Prinzen wird sich eine kleine traditionelle mallorquinische Gaststätte verbergen. Denkt man. Doch das De Vinci in Manacor ist mehr als das. Denn in dem Lokal wird so etwas wie Erlebnis-Gastronomie zelebriert. Dass hier gegessen wird, was auf den Tisch kommt, weil es keine Karte gibt - das machen andere auch. Doch abgesehen von dem täglich wechselnden Menü mit vier Gängen (10 Euro, inkl. Wasser und Café), das die beiden gebürtigen Argentinier Marisa Marino und Norberto Vinci mittags servieren, bieten sie noch etwas ganz Besonderes: Einmal im Monat lassen sie ihre Gäste in die Situation von Blinden schlüpfen, lassen sie in Dunkelheit dinieren.

Und das funktioniert so: Gleich beim Empfang wird gefragt, ob jemand gegen etwas allergisch ist oder etwas partout nicht mag. Schon sind die Augen verbunden, man wird an den Tisch geführt, tastet nach Besteck, Gläsern, Tellern, beginnt schließlich zu essen.

„Wir sprechen dabei relativ wenig“, sagt Marino, „wir sagen nur, was wir gerade auftragen.“ Dabei gibt es von Suppen über die selbstgemachte Pasta bis hin zum Fleisch die verschiedensten Gerichte, auch wenn man sich in Sachen Saucen ein wenig zurückhält - aus bekleckerungstechnischen Gründen.

Man erlangt an solchen Abenden überraschende Erkenntnisse, stößt auf die erstaunlichsten Hindernisse. So kann es passieren, dass Gabeln mehrmals ins Leere pieksen, dann - ist glücklich etwas aufgespießt - der Mund nicht auf Anhieb getroffen wird. Und haben Sie schon mal ein Stück Fleisch geschnitten, ohne hinzusehen …? Da ist Orientierungssinn und Feingefühl gefragt! Wie am Ende der Tisch aussieht? „Es passiert meist weniger als bei sehenden Gästen, wenn etwa eine Gruppe von Freunden zusammen speist und dabei manches Glas umgestoßen wird“, erzählt De Vinci.

Wer nicht sieht, geht vorsichtiger zu Werke. Ganz nebenbei lernt man, sich in die Situation anderer hineinzufühlen. Und die Sinne werden auch noch geschult, das Geruchs-, das Geschmacksempfinden etwa. Dabei zeigt sich, dass es manchmal gar nicht einfach ist, die Gerichte eindeutig zu bestimmen. „Es gab schon Leute, die konnten Lachs nicht von Gemüse unterscheiden“, erzählt Marino lachend.

Bierernst geht es ohnehin bei den beiden nicht zu, die an den Wochenenden tatkräftige Unterstützung von ihren drei Söhnen erhalten. Denn wem solche Blind Dates zu stressig sind, darf ruhig zwischendurch mal einen kleinen Blick riskieren und die Augenbinde ein Stück zur Seite schieben. Doch nicht jedem macht es Mühe. So gibt es Menschen, die so fasziniert von dieser Erfahrung sind, dass sie nicht mal zum Händewaschen die Klappe abnehmen.

Etwas mehr als 30 Plätze bietet das Restaurant in dem rund 100 Jahre alten Gebäude, das die Argentinier seit dreieinhalb Jahren gepachtet haben. Von dem Besitzer des Hauses, selbst blind, stammt die Idee der Cenas ciegas. Er ist es auch, der dann im Service hilft, mehr noch, er ist sozusagen der Zeremonienmeister.

Beim Einkauf der Waren setzt Familie De Vinci so weit wie möglich auf lokale Produkte, was nicht zuletzt die Weinkarte widerspiegelt: Die 23 Tropfen zwischen 8 und 56 Euro (16 rot, 1 rosé, 6 weiß) stammen allesamt von der Insel. „Das ist unsere Art, danke zu sagen“, sagt De Vinci. Am jeweils ersten Samstag im Monat stehen übrigens besondere Gerichte auf dem Speiseplan: Für sie finden nur „Fair-Trade“-Produkte Verwendung.

De Vinci, C/ del Princep, 16, Manacor,

Telefon: 971-61 81 49.

Geöffnet: Montag bis Samstag 13 bis 15.30 Uhr, Freitag und Samstag 21 bis 24 Uhr. Sonntag geschlossen.

Für Gruppen ab sechs Personen wird das Restaurant auch zu anderen Zeiten geöffnet.

Menü am Abend (fünf Gänge): 20 Euro. Preise ohne Mehrwertsteuer.