Die aus Bremen stammende Autorin Sabine Schiffner hat in ihrem Leben viele öffentlichen Lesungen bestritten, die ersten bereits Ende der 80er Jahre in Köln, als sie Mitglied der Autorenwerkstatt war. Sie hat unzählige Lesereisen durchgeführt, u.a. durch Schulen in den neuen Bundesländern, wo sie es mit Halbwüchsigen zu tun hatte, für die Literatur etwas Exotisches an sich hat und Poesie etwas nahezu Außerirdisches. Aber während sie die Erfahrung mit Schülern zu ihren besten zählt, muss sie bei der Frage nach ihrer schlimmsten Lesung nicht lange nachdenken: Klagenfurt, Bachmann-Wettbewerb 2005. Für einen Autoren kommt die Teilnahme einem Rittersschlag gleich, und Schiffner war sich der Ehre durchaus bewusst. Doch die Lesung selbst empfand sie als eine Art literarisches Inquisitionstribunal, zumal die Veranstaltung vor laufenden Fernsehkameras stattfand, „wobei man auf das Rüdeste unterbrochen wurde, wenn man die Zeiten nicht sekundengenau einhielt". Danach musste sie live die Stiche und Schläge scharfsinniger Literaturkritiker erdulden.

Eine Erfahrung mehr einer Schreiberin, die unter Kritik und Absagen leidet, aber ihren Weg gemacht hat. Geholfen hat ihr bei diesen Auftritten die Erfahrung, die sie bei vielen Jahren der Arbeit mit Bühnenkunst gesammelt hat. Sabine Schiffner kommt eigentlich vom Theater, doch passierte ihr dort etwas Seltsames: In all den Jahren, da sie am Schauspielhaus in Köln als Regieassistentin tätig war und zuletzt auch Regie führte, ließen sie die Bühnentexte kalt. „Die Dialoge haben mich gestört, sie kamen so künstlich daher." Konsequenterweise war die schönste Aufführung, die sie als Zuschauerin erlebt hat, eine wortlose Macbeth-Inszenierung des österreichischen Regie-Revoluzzers Hans Kresnik.

Natürlich hat sie, die von klein auf Bücher verschlang und schon zu ihren Theaterzeiten einen ersten Gedichtband veröffentlichte („Besteck im Kopf", 1994), auch mal versucht, ein Theaterstück zu schreiben. Aber als sie den fertigen Text durchlas, hatte sie das Gefühl, dass die Dialoge allein über die Sprache wirkten, dass die Worte Bilder auslösten, die vor den Augen vorbeiflossen, dass eine Bühne also nur stören würde. Kurzerhand etikettierte sie ihren Text zum Hörspiel um. „Seenebel" wurde 1999 - „nach etlichen und zum Teil sehr persönlich, sehr verletzend formulierten Absagen" - produziert.

Nachdem sie mehrere Filme fürs Fernsehen gemacht hatte, „über norddeutsche Themen wie U-Boot-Kapitäne", erinnerte sie sich an die Erzählungen ihrer Großeltern, und in ihrem Kopf formierten sich das Gehörte und Recherchierte zu einer fiktiven Geschichte. Mit ihrem ersten Roman „Kindbettfieber" war es neuerlich das alte Spiel: An 40 Verlage geschickt, 39 Absagen erhalten, bei einem traf das Manuskript nie ein. Und genau der (S. Fischer), war es kurioserweise, der nach Abdruck mehrerer Gedichte in der FAZ Interesse an ihrer Arbeit bekundete. „Ich schickte ihnen den Roman per E-Mail, nach zwei Tagen hatte ich einen Vertrag."

Mit diesem Vertrag in der Tasche reiste sie im selben Jahr nach Klagenfurt, um als eingeladene Autorin an der Bachmann-Literaturshow teilzunehmen, die immerhin - das gesteht Schiffner zu - über die Spektakelschiene das Interesse an Literatur fördert.

Seit 2007 lebt die 43-Jährige Deutsche mit dem bekannten mallorquinischen Schriftsteller ­José Luis de Juan zusammen, den sie 2004 in einer Autoren-Residenz in Deutschland kennenlernte, in dessen Haus in Deià. Derzeit arbeitet sie an ihrem zweiten Roman. Mallorca wird darin nicht vorkommen. Worum geht es also? „Um zwei U-Boot-Kapitäne."

„Gedichte zum Frühling", Lesung mit Sabine Schiffner und Konzert (Sopran und Piano), Sonntag 26.4. 12.00 Uhr in der Kulturfinca Son Bauló (bei Lloret nahe Sineu). Tel. 971-52 42 06.

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