Ein Vollblutmusiker auf Mallorca muss Überlebenskünstler sein. Andreu Galmés ist so einer. Der Gitarrist, der 1967 in Manacor geboren wurde, ist einer der profiliertesten Jazzinterpreten der Insel.

Sie haben noch das Jazzfestival von Palma der 1970er und 1980er Jahre erlebt.

Dieses Festival war eines der bedeutendsten in Spanien. Alle Großen kamen, von Ella Fitzgerald und Miles Davis bis Joe Pass. Außerdem gab es viele Auftrittsmöglichkeiten für hiesige Musiker. Man bekam nichts geschenkt, aber wir wurden unterstützt. Das hat uns motiviert.

Warum gibt es das Festival nicht mehr?

Nach dem politischen Wechsel wurden die Gelder wieder für schlechte Tanzmusik und mallorquinische Folklore ausgegeben. Das war ein Schritt um 40 Jahre zurück. Bezeichnenderweise gibt es jetzt das Jazzfestival in Sa Pobla, in einem Dorf, das vom Kartoffelanbau lebte. Renommierte Musiker treten dort auf, in Sa Pobla! Das beweist, dass die Leute Jazz mögen.

Liegt das nicht daran, dass die Konzerte gratis sind?

Nein, auch auf Hochzeiten ist Jazzmusik zunehmend gefragt. Sogar von Mallorquinern. Jazz läuft gut, und ich weiß, wovon ich rede, weil ich vom Jazz lebe. Ich spiele viel in Hotels, und ich bin nicht der Einzige. Hätte ich das jemandem vor 20 Jahren prophezeit, er hätte mich für verrückt erklärt.

Ist Mallorca am Ende ein gutes Pflaster für Jazz-Musiker oder sollte man besser auf dem Festland oder gar im Ausland bekannt werden?

Das ist sehr schwierig, nicht nur für Mallorquiner, sondern auch für Musiker in Barcelona oder Berlin. Um dich zu bewegen, musst du das Ticket bezahlen, die Unterkunft, und das 20 Mal. Dagegen gibt es auch gute Musiker in deiner Stadt. Trotzdem werden immer dieselben engagiert: Diana Krall, Pat Metheny, Sonny Rollins. Für die Guten, die keinen Namen haben, bleibt die Tür verschlossen. Hinzu kommt, dass die Festivals rentabel sein müssen und zunehmend Musiker wie Norah Jones einladen, die Country oder Pop machen. Das ist zwar auch gute Musik, aber eben kein Jazz.

Und die Clubs?

Ich gehe nur selten in Clubs, aus einem einfachen Grund: Ich lebe von Musik, und sie zahlen sehr schlecht. Traditionell sind die Musiker in Clubs gegangen, nachdem sie in Hotels Musik spielen mussten, die ihnen nicht gefiel, um dann eine Jamsession zu machen, um Spaß zu haben - und zum Teufel mit dem Geld. Das kann man machen, wenn man jung ist, doch irgendwann ist es genug.

Wie oft haben Sie die Gelegenheit, mit Musikern von außerhalb zu spielen?

Nur sporadisch. Es fehlen die kulturellen Einrichtungen. Ich will niemanden beleidigen, aber die Gemeinden fördern nur Kultur für Dumme. Da geht es auch um viel Geld. Ich habe den Gemeinden für ihre Sommerfeste ein Konzept angeboten, Jazz und Blues der Insel zu präsentieren, von Victor Uris bis zu Marcos Collado - für bescheidene 4.000 Euro, Anlage inbegriffen, wo sonst 30.000 Euro ausgegeben werden. Ich erhielt nicht eine einzige Antwort.

Warum?

Wie erklären Sie sich, dass ein Sommerfest 30.000 Euro kostet, der Musiker dabei aber nur 100 Euro verdient? Selbst wenn es 15 Musiker sind und eine Anlage bezahlt werden muss …

Denken Sie gelegentlich ans Aufhören?

Ich hatte schon öfter dunkle Gedanken. Ein Musiker gilt hier nichts. In Deutschland, überhaupt in Nordeuropa, ist das anders. Dort ist der Musiker ein Gott.

www.andreugalmes.com