Auf halber Strecke seines Romanprojektes, erzählt der Künstler und Schriftsteller Ulrich Magnus Hammer, sei ihm bewusst geworden, dass Distanz zum Thema nicht mehr möglich war. Als „Magenverstimmung", als „grauen Schleier" auf seinem Gemüt nahm er den Umstand war, dass die weltweite Wirtschaftskrise ihn nun auch persönlich betraf. Der Leser hingegen bemerkt ­diese persönliche Betroffenheit von Beginn weg – und das ist eines der Probleme eines Buches, das andererseits seine Qualitäten hat. Die wichtigste: Es liest sich gut, trotz allem, was man daran aussetzen kann.

„Fanal" ist ein Krisen-Thriller, eine Geschichte über eine wahnwitzige Erpressung, irgendwie auch ein gotisches Märchen über den Untergang des Abendlandes, geschrieben, während die Krise ihren Lauf nahm, eine übersteigerte Variante der Realität, vielleicht auch Therapie. Die Schauplätze sind vielfältig. Mallorca, wo der Autor lebt, ist als Nebenbühne präsent, als Treffpunkt mächtiger, reicher Deutscher, um die sich „Fanal" hauptsächlich dreht. Der Erzählfluss stimmt, die Hauptfigur ist originell angelegt: Markus Romer, ehemaliger Profiler beim Bundeskriminalamt, tingelt als Bühnenmagier durch die Welt. Die Erpressung einer großen Bank führt dazu, dass seine „hellseherischen Fähigkeiten" bei der Polizei plötzlich wieder gefragt sind.

Das Buch erzählt allerdings auch etwas anderes. Es erzählt von der Bedeutung jener, die dem Schriftsteller bei seiner Arbeit helfen. Wenn ein Leser heute einen Roman aufschlägt (oder einschaltet ...), hat er es – außer bei Selfpublishing – mit einem Gemeinschaftsprodukt zu tun. Die wichtigste und heikelste Rolle spielt der Lektor. Er wirft dem Autor das Manuskript voller Korrekturen und Anmerkungen zurück auf den Schreibtisch. Ein guter Lektor macht nicht alleine auf Tippfehler und verunglückte Sätze aufmerksam, sondern auch auf grundlegende Probleme, die die Qualität des Textes beeinflussen. Und er nimmt in Kauf, dass der Urheber ihn dafür manchmal am liebsten umbringen würde. Literatur ist etwas sehr Persönliches.

Das Problem: Das gute Lektorat existiert kaum noch, und vielen Büchern merkt man es an. Wer kein vom Verlag gehätschelter Bestsellerautor ist, hat es bei jedem Projekt mit einem anderen Lektor zu tun, muss sich bei jedem Buch mit einer neuen Person herumschlagen, und nicht immer mit einer sehr kompetenten. Natürlich müssen Verlage auch sparen. Viele tun es u.a. beim Lektorat. „Fanal" ist ein passables Buch, es hätte ein richtig packendes werden können. Ein guter Lektor hätte Hammer zum Beispiel davor gewarnt, ständig irgendjemanden sagen zu lassen, wie böse und kriminell die Bankiers sind – der Leser muss seine Schlüsse selbst ziehen können. Der gute Lektor hätte die Sprache getrimmt, die glänzenden Passagen (der Einstieg in Kapitel 1.7 ist ein Gourmetstück) noch heller scheinen lassen und Sätze wie „Dieses war jetzt mein zweiter Fernflug innerhalb kürzester Zeit" nie zugelassen. Er hätte die Hälfte der Adjektive entsorgt und den Ich-Erzähler angestupst, wenn er plötzlich in die dritte Person abrutscht. Patzer und Schwächen wie diese gibt es in fast jedem Roman­manuskript. Den Unterschied macht das Teamwork am beendeten Text. Dass „Fanal" trotzdem rund rüberkommt und immer wieder Lust aufs Lesen macht, lässt ahnen, wozu Hammer mit einem guten Lektor imstande wäre.

Ulrich Magnus Hammer, „Fanal", Edition Frebold, 19,90 Euro (D).

In der Printausgabe lesen Sie außerdem:

- Die Inspiration zum Film: Projekte von Alix François Meier

- Der Drang zum Malen: Ausstellung mit Amateurkünsten

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