Woranes auch immer liegen mag: Auf der bunten Landkarte der sogenannten Weltmusik ist Mallorca ein weißer Fleck. Im Unterschied zum spanischen Festland – wo dieser Tage ein großes Sommerfestival das andere jagt – schaut auf der Insel kaum mal ein großer Name vorbei. Nur einmal im Jahr, an einem Abend, ist das anders.

Dann organisieren bezeichnenderweise die katalanischen Sprachnationalisten der Obra Cultural Balear das MallorcaMón Festival. Nach Hochkarätern wie dem Senegalesen Youssou n´Dour (2005), dem Algerier Cheb Khaled (2006) und dem Kubaner Pablo Milanés (2009) wird am Freitag (23.7.) in Palmas Parc de la Mar Femi Kuti aus Nigeria erwartet. Seinen letzten großen Auftritt hatte er bei der Eröffnungsfeier der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika.

Der 48-Jährige ist zunächst einmal der Sohn eines Übervaters, des Superstars Fela Kuti. Der 1997 an den Folgen einer AIDS-Erkrankung gestorbene Musiker erfand in den 60ern eine ganz eigene Stilrichtung, den Afrobeat, ein ungemein dichter Klangteppich aus westafrikanischen Rhythmen, Soul, Funk, Rock und Jazz. Fela Kuti war ein musikalisches Kraftbündel, ein unermüdlicher ­Politaktivist und ein Freund aller erdenkbaren Exzesse. Seit am Broadway das preisgekrönte Musical „Fela!" läuft, ist er zumindest in den USA wieder in aller Munde.

Sohn Femi nun ist der Hüter seines Erbes. Was nicht heißen soll, dass er seinen Vater nur kopiert. Schon seit mehr als 30 Jahren hat er seine eigene Band – die ebenfalls in Palma erwarteten The Positive Force. Und dann, weil es ihm gelungen ist, den außerhalb Nigerias nur bedingt massenkompatiblen Originalsound weiterzuentwickeln. Die Stücke sind kürzer als diejenigen Felas, der es selten unter einer halben Stunde machten, und die Rhythmen nicht ganz so komplex und somit einfacher zu tanzen.

Und noch in anderer Sicht haut der Sohn nicht so über die Stränge: Drogen sind bei ihm verpönt, er ist nicht von einem ganzen Harem schöner Frauen umringt, und Band sowie Musikgeschäft werden professionell gemanagt.

Unverändert und allenfalls etwas diplomatischer formuliert hingegen der politische Anspruch: Afrobeat ist auch bei Femi Kuti Protest und Anprangerung der himmelschreienden Missstände im Vielvölkerstaat Nigeria. Die Militärdiktaturen sind inzwischen passé, und zumindest formal wird das Land von einer zivilen Regierung unter Goodluck Jonathan geführt.

Schikanen sei er als Musiker und Oppositioneller dennoch ausgesetzt, so Femi Kuti, der in Lagos einen Club namens The New Shrine unterhält und auch damit in die Fußstapfen des Vaters getreten ist, dessen Nachtclub The Shrine 1977 von Militärs in Schutt und Asche gelegt wurde.

„Die demokratische Ära ist eine Farce", sagte Femi Kuti in einem erst vergangene Woche in der „New York Times" erschienenen Interview. „Es sind die gleichen korrupten Führer. Die Militärs haben ihre Uniformen ausgezogen und tun jetzt so, als seien sie Politiker. Für mich sind das Clowns."

Es darf mit Spannung erwartet werden, wie sich Femi Kuti am Freitag an seine über 3.500 auf Mallorca lebenden Landsleute richten wird – auch sie bekanntlich nicht die privilegierteste Bevölkerungsgruppe auf der Insel.

Wobei Politik das eine ist, die unbändige Spielfreude das andere. Fünf Bläser, drei Tänzerinnen und Background-Sängerinnen sowie fünf weitere Musiker werden Femi Kuti am Freitag in Palmas Parc de la Mar dabei helfen, den Klangteppich auszurollen. Als Vorgruppen mit dabei sind die Mallorquiner Sonadors del Vuit Vents und der Katalane Peret. Der Eintritt ist frei.

In der Ausgabe vom 22. Juli (Nummer 533) lesen Sie außerdem:

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