Auch abstrakte Künstler können Humor haben. Das wohl merkwürdigste Werk, das die Galerie Kewenig derzeit beherbergt, ist eine Serigrafie auf Karton: Eine Mappe mit fünf Bildern, die Grace Kelly zeigen. Jedenfalls in den Augen des Urhebers. Die als Porträts deklarierten Bilder zeigen im Grunde nur rechteckige Farbflächen, doch diese tragen den Stempel eines der radikalsten Abstrakten der deutschen Kunstszene: Imi Knoebel.

Seit Donnerstag (29.7.) sind in der Galerie Kewenig in Palma Werke dieses international bekannten Künstlers in einer Ausstellung unter dem Titel „Constel-lació" zu sehen, der an Mirós berühmte Bilderserie erinnert. Sein eigentlicher Name ist Klaus Wolf Knoebel. Den Vornamen Imi (ich mit ihm) nahm er gemeinsam mit seinem engen Freund Rainer Giese an.

Das Duo werkelte in den 60er-Jahren im legendären Raum 19 der Klasse von Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie und setzte die Prämissen ihres Lehrers – „jeder ist ein Künstler" – mit Resultaten um, die den damaligen Guru der Gegenwartskunst erstaunten. Denn Knoebel & Co verweigerten sich der Ästhetik ihres Meisters und suchten das Heil in einer Reduktion, die manchmal über die Minimal Art hinausging, den Bogen spannte von der amerikanischen Spielart des Weniger-ist-mehr zum Suprematismus, einer russischen Strömung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen radikalen Formen-Exodus betrieb und von vielen Kunstkritikern – vor allem in der damaligen Sowjet­union – noch lange als Clownerei abgetan wurde.

Nun gehört schon einiges dazu, in einer schwarz vollgepinselten Leinwand mehr zu sehen als eine schwarz vollgepinselte Leinwand (genau das war eines der Schlüsselwerke der gegenstandslosen Malerei des Suprematismus, „Schwarzes Quadrat" von Kasimir Malewitsch).

Wie weit man die Suche nach Einfachheit treiben kann, ohne ins Nichts zu stürzen, loten Radikale wie

Knoebel mutig aus. In der Kapelle in der Carrer Sant Feliu gibt ein bekanntes Werk des Deutschen eine mögliche Antwort: „Weiße Konstellation" ist ein geradezu hypnotisches Ensemble aus vier rechteckigen Formen, in Knoebels bekannter Manier an der Schnittstelle zwischen Skulptur und Bild angesiedelt, ein Vierteljahrhundert alt, eine Viertelmillion teuer.

Nahezu gegenständlich mutet dagegen die – klar als solche ausgewiesene – Skulptur „Radio Beirut" an, mit der Knoebel in den 80er-Jahren auf die Nachricht über ein Attentat im Libanon reagierte. Ein vertikaler Eisenträger, um den sich rostige Rohre schlängeln.

Es zeigt auch, dass Knoebel, nachdem er sich von seinem Lehrer entfernt hatte, ihm wieder näherrückte, denn die Erweiterung des Kunstbegriffs, die Nutzung unterschiedlichster Medien war eines der zentralen Beuys-Credos.

Eine überraschende Erweiterung seines Wirkungsraumes steht Knoebel im kommenden Jahr bevor, wenn die Kathedrale von Reims die von ihm gestalteten Buntglasfenster einweiht.

Mit anderen unkonventionellen Kunstmaterialien hat Knoebel reiche Erfahrung. Als „Betoni" betitelt er etwa geometrisch geformte Betonstücke, die bildhaft an der Wand befestigt sind, natürlich bemalt und in Serie hergestellt. Auch Arbeiten auf Papier und eine Collage sind bei Kewenig zu sehen. Und das „Mennigebild", ein Werk, mit dem Knoebel Entwürfe aus dem Jahr 1976 mehr als 30 Jahre später in einem großformatigen Form-Gemälde mit phosphoreszierender Farbe umsetzte.

Die Ausstellung

„Constel-lació", Imi Knoebel, Galerie Kewenig, Palma, bis 30.9., Tel.: 971-71 61 34.

In der Prinatausgabe vom 29. Juli (Nummer 534) lesen Sie außerdem:

- Wie Buchstaben zu Kunst werden: „Third Thought" im CCA Andratx

- Kunst-Offensive im Orangental: Kulturwochenende in Sóller

Diese Artikel finden Sie auch hier.