Am Anfang war Chagall. Die Idee zu seinem „Circus Klezmer" kam Adrián Schvarzstein, als er die Darstellungen des Lebens in jüdischen Gemeinden Osteuropas sah und deren typische Musik hörte: Klezmer. Daraus, dachte sich der Entertainer mit argentinisch-italienisch-spanisch-

israelischen Wurzeln, lässt sich ein Spektakel zimmern.

Im Teatre Municipal Xesc Forteza in Palma wird diese katalanische Produktion vom 14. bis 16.1. zu sehen sein. Neben dem mallorquinischen Circ Bover, der dieser Tage im Parc de la Mar gastiert, stellt sich somit ein weiteres Beispiel für eine neue Art Zirkus vor. Keine Tiger, keine Clowns in Riesenschuhen und keine Manege mit Sägespänen. Der „Circus Klezmer" ist sogar ohne Zelt unterwegs – diese Flexibilität ist ein weiteres Merkmal des „neuen Zirkus".

In wenigen Worten, dafür mit viel Musik und Aktion, wird die Geschichte eines „Schtetls" erzählt, also eines jüdischen Städtchens, das sich auf eine Hochzeit vorbereitet. In die allgemeine Fröhlichkeit mischen sich alsbald Misstöne, eine Menge geht schief, Streithähne geraten aneinander und das Ereignis scheint gefährdet. Doch die originellen Probleme werden auf nicht weniger originelle Weise gelöst und die Hochzeit – das darf man verraten – findet ein Happy End.

Den akustischen roten Faden liefert ein Live-Quartett mit der klassischen Klezmer-Besetzung: zwei Violinen, Klarinette und Akkordeon (das letztgenannte Instrument spielt die Deutsche Petra Rochau). Es ist eine heitere Musik mit melancholischem Unterton, seinerzeit – bevor die jüdische Kultur in Osteuropa zuerst der hausgemachten Verfolgung, später dem Vernichtungsfeldzug der Nazis zum Opfer fiel – die unverzichtbare Note einer jeden Feier.

Ebenso wie diese Musik ein Comeback feiert, scheint auch der Zirkus auf dem Weg zu sein, eine Formel für die neue Zeit zu finden. Schvarzstein gehört zu jenen, die wenig Gutes am traditionellen Zeltspektakel finden. „Ich hasste es, wenn mich meine Eltern zum Zirkus mitnahmen, das hat mich traumatisiert", sagte er in einem Interview anlässlich des Herbstfestivals in Madrid, an dem der „Circus Klezmer" neben zwei anderen Ensembles teilnahm. „Das einzige Tier, das gerne auftritt, ist der Mensch."

Seinen Zirkus sieht er in der Tradition des Vaudeville des ausgehenden 19. Jahrhunderts, des Zirkus, wie er noch vor dem Ersten Weltkrieg existierte, und jener Opernparodien, die im 18. Jahrhundert auf der Straße geboten wurden. „Wir kehren zu den Ursprüngen

zurück."

Es ist ein Cocktail aus Disziplinen wie zeitgenössischem Tanz, Straßentheater und Geschicklichkeitsübungen, die jedoch nicht mit Pomp und Glitzer, sondern zumeist eingebettet in humoristische Situationen dargeboten werden. Damit werde auch jene „Infantilisierung" konterkariert, die den Zirkus der alten Schule präge.

Adrián Schvarzstein, der sich als „physischen Clown" sieht, leitet die Produktion seit 2004 und hat mit ihr mehr als 300 Vorstellungen absolviert, davon nur selten in Spanien, meist in anderen europäischen Ländern und auffällig oft in Frankreich.

Daneben ist Schvarzstein solo unterwegs. Zu Beginn seiner Karriere in den 90er Jahren etwa machte er als „Greenman" Furore, der komplett in Grün gekleidet (und grün angemalt) mit einem grünen Tretroller und ausschließlich grünen Utensilien eine Stadt durchquerte und dabei anhand der Reaktionen der Passanten drauflos improvisierte.

In „Klezmer" nimmt sich der Entertainer zurück – er spielt die Nebenrolle des Dorftrottels.

„Circus Klezmer", Freitag (14.1.) 21 Uhr, Samstag und Sonntag (15.1. und 16.1.) jeweils 20 Uhr, Teatre Municipal Xesc Forteza, Palma, Eintritt: 10 Euro.

In der Printausgabe vom 13. März (Nummer 558) lesen Sie außerdem:

- "Illamor" - das Insel-Musical

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