Wofür genau Malena Estrany von ihren Parteifreunden mit den Ressorts Kultur und Finanzen bestraft wurde, wird sie selbst am besten wissen. Die frischgebackene Gemeinderätin von Pollença muss vom Start weg ein traditionsreiches 200.000-Euro-Musikfestival ohne die gewohnte Finanzspritze aus Palma über die Saison retten, und aus der Gemeindekasse klingt ein hohles Echo, wenn man hineinruft.

Die Kulturschaffenden des Dorfes immerhin haben beschlossen, auf die Krise zu pfeifen: Seit Dienstag (9.8.) und bis zum 21. August zeigen sie mit einem Event-Potpourri namens FIL, wie man aus dem Nichts ein Festival zaubert. Ein Festival mit 13 Tagen Programm – Ausstellungen, Performances, Konzerte – und einem Budget von 5.000 Euro. In Worten: fünftausend.

Ein Sommer wie dieser bietet wenig Platz für falschen Stolz, und so ist es den Pollençinern egal, dass das „1. Festival Interdisciplinari i Lúdic" (FIL) im Wesentlichen auf dem Mist eines Zugereisten gewachsen ist, der noch dazu aus Madrid stammt. Saeta Her­nando scheint bei seiner Ankunft in Pollença vor zehn Monaten blitzartig begriffen zu haben, wie die Bewohner dieses Dorfes ticken, und er gibt sich Mühe, im Hintergrund zu bleiben.

Aber das ist schwer, denn alles begann mit seinem Wunsch, nach längerer Pause endlich wieder eine Gemäldeausstellung zu veranstalten. Sein Brot verdient der 40-Jährige – Künstlername Saeta – mit Illustrationen, Comic und Zeichentrickfilm, er betreibt eine internationale Karriere und arbeitet für namhafte Labels. Auf Mallorca, wo er seit zwei Jahren lebt, wollte er an seine zweite Passion anknüpfen: die Malerei.

Weil er zur Vernissage gerne Musik gehabt hätte, hörte er sich in der Dorfszene um. Warum, ist ihm bis heute ein Rätsel, „aber ich stieß überall auf riesigen Enthusiasmus, und irgendwie wurde aus der kleinen Idee einer Vernissage mit Musik plötzlich ein Festival". Der Madrilene ist noch heute ganz erstaunt. Seine Ausstellung konnte er vergessen – dafür war angesichts der Aufgabe, ein ausgewachsenes Festival zu organisieren, keine Zeit mehr.

Fast 90 Künstler wirken mit, und eigentlich das ganze Dorf, inklusive rund 200 Omas (siehe Kasten). Und weil klar war, dass keine Behörde Geld hatte, um das Projekt finanziell zu unterstützen, kam niemand auf die Idee, Bezahlung zu verlangen.

Gespart wurde an allem, auch an der Werbung. Das Mikro-Budget bettelten die Organisatoren bei Dutzenden Sponsoren zusammen. Dass Malena Estrany den Gemeindestempel auf das karge Flugblatt knallen durfte, erkaufte sie sich im Wesentlichen mit freundlichen Gesten: Das Rathaus stellt Räume zur Verfügung, schickt Gemeindearbeiter zum Helfen und steht nicht im Weg.

Hernando glaubt nicht, dass eine derartige Aktion überall möglich ist: „Pollença ist ein spezielles Dorf mit einer sehr lebendigen Szene." Als Thema für dieses erste Festival, das am 21. August mit einem fünfstündigen Konzert zu Ende gehen soll, wählte er die griechische Mythologie, konkret Ariadne, deren Faden (fil) zugleich das Akronym des „Festival Interdisciplinari i Lúdic" ist.

Wird sein kreatives Heer auch im kommenden Jahr zum Nulltarif aufmarschieren? Hernando lächelt breit. „Also irgendwie wäre es schon nett, wenn wir in Zukunft ein bisschen Hilfe erhielten."

In der Printausgabe vom 11. August (Nummer 588) lesen Sie außerdem:

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