Natürlich sei er traurig, sagt Hartmut Usadel. Sa Taronja, das war ein Traum, eine Idee. Nun soll der Kulturverein, der seit 2004 von der Britin Tina Horne geführt wird, im Oktober seine Pforten schließen. Sa Taronja, das war Usadels Baby. Er hatte die stillgelegte Hühnerfarm am Ortsrand von Andratx in den 70er Jahren übernommen, weil er in den riesigen Baracken, in denen sich früher die Legebatterien befanden, viel Platz für seine Bilder und seine Ideen sah.

Am Donnerstag (16.8.) eröffnet der 79-jährige Deutsche die vermutlich letzte Kunstausstellung in Sa Taronja: „Picos y alas“ (Schnäbel und Flügel). Es sind lauter Gemälde von Vögeln. Bei einer vorherigen Ausstellung waren es nur Ziegen-Bilder gewesen. Was gefällt ihm an Vögeln? „Die sind frei“, lacht Usadel. Und an Ziegen? „Das sind Überlebenskünstler.“ An der Wand in seiner Galerie am Kirchplatz von S‘Arracó hängt auch ein Katzen-Gemälde. Usadel verzieht das Gesicht. Nein, Katzen mag er nicht. Aber gemalt hat er trotzdem eine.

Usadel hätte anführen können, dass er deren Eigensinn bewundert. Den, und die Freiheit des Vogels, die Überlebenskunst der Ziege - alles das hat er selber gelebt. Als Halbwaise im zerbombten Nachkriegs-Deutschland, wo er kaum eine Schulbildung bekommt, sich aber mit einer Schreiner­lehre die Eintrittskarte in die Kunstakademie erkämpft und prompt an einen genialen Lehrer gerät: Willi Baumeister, den Usadel gerade noch die letzten zwei Jahre vor dessen Pensionierung und danach kurz im privaten Unterricht genießen konnte. „Er war so großzügig, hat auch andere Ideen, andere Vorstellungen gelten lassen, hat seine Schüler wirklich unterstützt.“ Und das, obwohl Baumeister ein ganz Großer war, einer der wichtigsten deutschen Künstler der Moderne - im CaixaForum in Palma fand vor einem Jahr eine große Baumeister-Ausstellung statt.

Und wohin verschlug es den Meisterschüler? In den Süden. In eine Höhle an der französischen Mittelmeerküste, wo ihm andere Überlebenskünstler von Ibiza erzählten, der Insel des billigen, guten Lebens. Also startete Usadel in den 50er-Jahren auf Ibiza eine Galerie. Er flüchtete nach Mallorca, als die Kinder des Wirtschaftswunders in Massen die Pityusen-Insel entdeckten und sich dort „mit dicken Schecks von Papa“ als antimaterialistische Hippies verwirklichten.

Auf Mallorca blieb Usadel im Südwesten hängen, betrieb eine Galerie, verdiente zwischendurch sein Geld als Koch auf Yachten, als Gärtner, als Hausbau-Allrounder. Und verwandelte zum Beispiel den privaten Mühlen-Ruinen-Hügel der aktuellen Sa Taronja-Betreiberin Tina Horne in ein rustikales Mini-Dorf. Ja, und in Sa Taronja hob er mitten in einem der Riesen-Hühnerställe einen Graben aus und schüttete Ränge auf, um ein Theater zu bauen.

Doch obwohl er nur eine Veranstaltung pro Monat organisierte, wuchsen ihm der Papierkram und die finanziellen Probleme über den Kopf. Nun wurde es auch Tina Horne zuviel. Mit Usadels fröhlich-naiven Vogel-Bildern geht im großen Kultur-Theater Sa Taronja wohl endgültig der Vorhang runter.

„Picos y alas“, Eröffnung am Do (16.8.) 18.30 Uhr, Associació Cultural Sa Taronja, Andratx. Bis 7.10.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 16. August (Nummer 641) lesen Sie außerdem:

- Ara Malikiàn kommt nach Artà

Hier geht´s zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.