Ein knallgelber Hintergrund. Davor Menschen, in Bewegung aufgenommen. Visuelle Spannung. Das PR-Foto und die Webseite zum dritten Album der katalanischen Popband Manel scheint aus dem Trailer zur britischen Miniserie „Utopia" geschnitten zu sein. Die lief kürzlich auf Channel 4 und erregte Aufsehen, auch wegen ihrer ungewöhnlichen Optik. Die Ähnlichkeit sei zufällig, beteuerten die Musiker Guillem Gisbert, Roger Padilla, Martí Maymo und Arnau Vallvé. Vielleicht stimmt es sogar. Doch nicht nur das Foto erinnert an britisches Design. Auch Humor, Ironie und Distanz der Liedtexte lassen an die angelsächsische Art denken, dem Leben zu begegnen. Und das scheue, fast spröde Auftreten der Endzwanziger aus Katalonien.

Es hat wenig Südeuropäisches. Als sie vor fünf Jahren mit ihrer ersten CD auf einen Schlag bekannt wurden, drückten sie öffentlich die Angst vor einem Leben als Popstars aus. Vielleicht ist auch das nur halb wahr, zeugt von britischem Understatement. Mediterrane Hemmungs- und Sorglosigkeit strahlen die Musiker jedenfalls nicht aus.

Sie sind Grübler, Denker. Wer seine Alben „Els millors professors europeus" (Europas beste Lehrer, 2008), „10 milles per veure una bona armadura" (Zehn Meilen um eine gute Rüstung zu sehen, 2011) oder „Atletes, baixin de l´escenari" (Athleten, verlassen Sie die Bühne, April 2013) nennt, der kann nicht an luftigem Mainstream interessiert sein. Den Namen des jüngsten Albums haben die Musiker der Abschlussfeier der Olympiade 1992 in Barcelona entnommen. „Wir waren Kinder", erzählt Guillem Gisbert, „sahen im Fernsehen einen Haufen betrunkener Leistungs­sportler und hörten eine Stimme, die sagte: ´Athleten, verlassen Sie die Bühne!´ Das ist uns in Erinnerung geblieben. Ob der Satz allerdings gleich als Titel eines Albums taugt, das ist eine andere Frage."

Eine Sinnsuche ist bisweilen mühsam, denn auch den Musikern selbst fehlen Erklärungen. Der Bandname zum Beispiel, die katalanische Variante des Namens ­Manuel: „Wir wollten ein Demotape bei einem Newcomer-Wettbewerb einreichen und hatten keinen Namen", erinnert sich Roger Padilla, „da schrieben wir einfach Manel drauf."

Seitdem hat sich viel verändert: Das erste Album hat sich landesweit mehr als 30.000 mal verkauft und bekam eine Goldene Schallplatte, das zweite war im Erscheinungsjahr 2011 wochenlang Nummer eins der spanischen Popcharts. Das hatte zuvor noch keine auf Katalanisch singende Gruppe geschafft. Eigenbrötlerische Tüftler auf Platz eins - das wirft ein gutes Licht auf Spaniens Popmusik­freunde und spricht für differenzierte Wahrnehmung im Land. Man kann auch sagen: Hier gibt es ein Leben jenseits des Enrique Iglesias-Gedöns´.

Mitte April ist auch das dritte Album erschienen und direkt wieder auf Platz eins der best verkauften CDs gelandet. Es bietet 13 Titel sehr unterschiedlicher Machart. Die meisten haben keinen Refrain und sind nicht nach dem gängigen Strophen­schema gestrickt. Sie wollten die Hörer nicht langweilen und zudem vermeiden, dass ein paar wiederholte Zeilen wichtiger wirken könnten als der Rest der narrativ angelegten, oft langen Texte, so erklärten die Musiker jüngst im katalanischen Regionalfernsehen. Keine Frage: Das Quartett nimmt seine Arbeit ernst.

Das danken ihm viele Spanier (nicht nur die Katalanen). Die schlichten Arrangements (Gitarre, Ukulele, Schlagzeug, Gesang, Bass) verleihen dem Album etwas Handgemachtes, Privates, sie schaffen Nähe beim Hören. Auch die Videoclips verführen mit hausgemachtem Charme: Zur Musik der im Vorfeld lancierten Single „Teresa Rampell" tanzen die vier im Harlem Shake-Stil. Sie gesellen sich damit zu all jene Youtube-Freaks, die sich in den vergangenen Wochen bei zuckenden Tanzbewegungen zu dem Hip Hop-Titel filmen ließen. Auch den Musikern gelingt das nicht besonders gut.

Auf der Bühne wirken sie verhaltener. Manel werden ihr neues Album beim internationalen Pop­musik-Festival Primavera Sound Ende Mai in Barcelona vorstellen. Ein großer Auftritt, der größte vielleicht in ihrer kurzen Geschichte. Dann beginnt eine lange Tournee, die auch nach Mallorca führt. Am 8. Juni sind die Stücke aus „Artistes, baixin de l´escenari" in Lloseta zu hören. Danach geht es weiter, von Bühne zu Bühne. Monatelang werden sie diese dann nicht mehr verlassen.

Manel treten am 8.6., 22 Uhr imPalau d´Aiamans in Lloseta auf. Eintritt: 27 Euro.

www.ticketmaster.es

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 9. Mai (Nummer 679) lesen Sie außerdem:

- Palma Open Studios: Ateliers öffnen Besuchern ihre Türen

- Palma amb la Dansa: Ungewöhnliche Vorführungen im Untergrund

Hier geht's zum E-Papier: epaper.mallorcazeitung.es.