Die Idee kam Matthias Kramer vor der Glotze. In einer Sendung im deutschen Fernsehen hörte er eine verwitwete Mallorca-Residentin darüber klagen, dass sie sich auf der Insel kulturell ausgeschlossen fühle und oftmals gelangweilt zuhause sitze - statt im Theater oder Konzertsaal. „Diesen Menschen kann geholfen werden", dachte sich der deutsche Cembalobauer, der seit rund zehn Jahren einen Teil des Jahres auf seiner Finca bei Manacor verbringt und bereits fast ebenso lange mit dem Gedanken spielt, dass er dort eigentlich auch die ein oder andere Kulturveranstaltung auf die Beine stellen könnte. „Musikalisch gesehen ist der Osten der Insel eine Wüste."

In diesem Sommer wird der lang gehegte Traum nun endlich Wirklichkeit. Am 7. Juni (19.30 Uhr) steht im Auditorium von Manacor das erste Opern-Konzert mit Arien aus Mozarts Werken „Die Hochzeit des Figaro", „Don Giovanni" und „Così fan tutte" auf dem Programm. Für die Soli hat Kramer namhafte Sänger aus Italien, Österreich, Polen und vom spanischen Festland verpflichtet. Für die Musik sorgt hingegen ein eigens gegründetes Orchester, das „Orquestra de l´Òpera de Manacor", das aus Mitgliedern der Balearen-Sinfoniker und der Banda Municipal de Palma sowie aus Musikern des Konservatoriums besteht. Zusammengestellt hat das neue Ensemble der erste Geiger des Sinfonie-Orchesters, Ramón Andreu. „Der hat die Besten für uns ausgewählt", ist Kramer überzeugt.

Und seine Lebensgefährtin Giuliana Retali pflichtet ihm bei. Die aus Italien stammende Dirigentin mit Cembalo- und Klavierausbildung, die schnell Feuer und Flamme für das Vorhaben war, wird die musikalische Leitung übernehmen. Damit löste sich Kramers Problem, dass ihm jahrelang der passende Dirigent gefehlt hatte, schließlich in Wohlgefallen auf.

Vielleicht schon im September, spätestens aber ab dem kommenden Jahr möchte das Paar dem Publikum in Manacor dann komplette Opernaufführungen bieten - wobei Retali auch in Zukunft eher auf leicht verdauliche Werke von Mozart statt auf schwere Kost à la Verdi setzen will. Angedacht sind zwei Opern mit jeweils mehreren Vorstellungen pro Jahr. „Wie viel genau wir machen, hängt von der Nachfrage ab, Vielleicht verträgt Manacor ja auch mehr", sagt Kramer - in dessen Augen die unprätentiöse Kleinstadt im Inselinneren ideal für sein Vorhaben geeignet ist.

„Manacor wirkt auf den ersten Blick total unspannend, aber das täuscht." Die Stadt verfüge über eine lange Theatertradition, sämtliche Vorstellungen, egal ob es sich um Auftritte der örtlichen Theatergruppen oder Gastspiele handelt, seien ausverkauft, erzählt er. „Und die wollen wir nun auch für die Oper begeistern, die ja nichts anderes ist als Theater mit Musik und Gesang." Zur Zielgruppe seines Projekts zählen somit nicht nur ausländische Residenten, sondern auch Mallorquiner - die sich durch das neue Angebot noch aus einem anderen Grund angezogen fühlen könnten. „Viele klassische Opern haben Texte in Altitalienisch, und das ist dem Mallorquinischen recht ähnlich", erklärt Retali.

Im Rathaus von Manacor rannte das Paar mit seinem Vorhaben jedenfalls offene Türen ein. Die Genehmigung, das städtische Auditorium dafür nutzen zu dürfen, hat die Kulturverantwortliche innerhalb von nur einem Tag erteilt. Und das Beste: Die Stadt stellt nicht nur die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung, sondern kümmert sich auch um das Bewerben der Veranstaltungen.

Aus eigener Tasche bezahlen müssen Retali und Kramer hingegen die Musiker und Sänger - wobei eine Opern-Vorstellung mit 50.000 bis 70.000 Euro zu Buche schlagen kann. Um die Finanzierung langfristig zu gewährleisten, haben die beiden deshalb bereits einen Förderverein, die „Amics de l´Òpera del Llevant de Mallorca" (Opernfreunde aus dem Osten Mallorcas), gegründet. Neben finanziellen Unterstützern sind auch Freiwillige willkommen, die sich bei der Organisation und Durchführung einbringen möchten - oder einen der Mit­wirkenden für die Dauer des Gastspiels in Manacor bei sich zu Hause aufnehmen wollen.

Auf diese Weise, so die Idee der Initiatoren, könne man nicht nur Geld für die Unterbringung sparen, sondern auch Einheimische, wie die deutsche Witwe aus dem Fernsehen, in das neue Kulturangebot integrieren - und zwar nicht nur als Publikum. „Für die Musiker ist das angenehmer als ein Hotel und für jemanden, der kulturell interessiert ist, sicherlich eine spannende Erfahrung", verspricht Kramer.

Wer das Projekt unterstützen möchte, kann sich unter Tel.: 638-27 26 22 bzw. (+49)172-44 37 661 oder per Mail an kramer@cembalo.de bei Matthias Kramer melden.