Vivir sin miedo. Ohne Angst leben. Der Titel von Concha Buikas neuester Veröffentlichung könnte gut ihr Lebensmotto sein. Die Mallorquinerin mit guineischen Wurzeln gilt als toughe Frau, die sich nicht versteckt, die immer ihre Meinung sagt. Die unbequem ist.

Eine Frau, die jahrelang in einer Dreierbeziehung lebte, mit dem Vater ihres Kindes und der gemeinsamen Freundin. Die dies auch gerne erzählt. Weil es für sie völlig normal ist und sie auch schon so aufgewachsen ist: „Die Hälfte meiner Geschwister sind nicht von meiner Mutter", erzählte sie kürzlich in einem Interview mit der Zeitschrift „Mujer Hoy". „Ich weiß nicht, worin der Neuigkeitswert meines Beziehungs­lebens besteht."

Doch diese Einblicke in ihr Gefühls- und Intimleben sind nur ein Aspekt von dem, was die Faszination von Concha Buika ausmacht. Eine Europa-Tournee im Frühjahr diesen Jahres hat der Sängerin, die 1972 unter dem Namen María Concepción Balboa Buika in Palma geboren wurde, wieder einmal begeisterte Kritiken beschert.

Die Tochter eines in seinem Heimatland in Ungnade gefallenen Politikers aus Äquatorial­guinea, der in Spanien Asyl fand, ist vor allem durch ihre ungeschliffene Interpretation spanischen Liedgutes bekannt geworden. Seit ihrem ersten Album „Mestizo" im Jahr 2000 hat sie sich aber auch immer wieder mit anderen Musikstilen beschäftigt. Sie sei eine „Botschafterin des mutanten multiförmigen Stils", scherzte sie jetzt in Madrid bei der Präsentation von „Vivir sin miedo", ihres achten Albums.

Vielleicht muss man sie tatsächlich als Weltmusik-­Interpretin bezeichnen, auch wenn diese Bezeichnung genau genommen nur sehr wenig aussagt. „Mein Repertoire ist ein buntes Sammelsurium, früher war ich nicht mutig genug, das zuzugeben: Entweder du warst Rock oder Blues oder Soul. Aber es gibt keine Stile mehr, es gibt nur Musik", sagt sie. Concha Buika lebt in Miami, einem Schmelztiegel der Kulturen, und hat ihr Album in London aufgenommen, weil in den europäischen Studios die Qualität derzeit höher sei als in den US-amerikanischen.

Martin Terefe, ihr schwedischer Produzent, hat auch schon für Coldplay gearbeitet. Noch vor einigen Jahren hatte Concha Buika nicht viele gute Worte für Musikproduzenten übrig. Das hat sich nun offenbar geändert. Sie habe erst mit den Jahren die Rolle des Musikproduzenten verstanden, sagt sie. Die da wäre: „meine rebellische musikalische Sprache zu übersetzen".

Martin Terefe nun hat ein wenig in Pop übersetzt. Der Sound ist glatter als sonst bei Buika üblich, die Produktion ein Stück weit gefälliger, wenngleich sich ihre raue, ungeschliffene Stimme, die für ihre Musik so prägend ist, nicht verändert hat. Und die Texte sind zum großen Teil auf Englisch. Buika streitet jeglichen kommerziellen Hintergrund ab, schließlich habe sie auch schon in ganz anderen sprachlichen und kulturellen Gefilden bis hin zum Armenischen gewildert.

Unter den Gastmusikern - auch dies schon eine feste Einrichtung - sinddiesmal unter anderen die US-Amerikanerin Meshell Ndegeocello, eine gebürtige Berlinerin, sowie die Flamenco-Sängerin Potito. Und da ist Jason Mraz, mit dem sie das als ­Singleauskopplung veröffentlichte Duett „Carry Your Own Weight" singt. Mraz ist vielleicht am besten durch seine Gute-Laune-Schnulze „I´m Yours" von 2008 bekannt.

Ansonsten dominieren auf dem Album karibische Rhythmen. Ein bisschen Reggae hier, ein bisschen Rumba da. Ab und an scheinen auch Afrobeat und Gospel durch. Das ist durchaus gelungen. An vielen Stellen des Albums aber scheint die Stimme mit der weichgespülten Musik zu kollidieren. Die ungesättigte Leidenschaft, die man Buika so gerne nachsagt, geht ein wenig verloren. Doch es gibt auch Songs, die herausstechen. Das tanzbare „Good Men" oder auch der Abschlusssong „Sister", bei dem Buika nur von einer Akustik­gitarre begleitet wird. Da ist sie wieder, die Leidenschaft.