Die großen Stars des Mallorca Live Festivals

Sie waren die großen Gewinner des Mallorca Live Festivals Ende April: Die andalusische Band Fuel Fandango überraschte und überzeugte Publikum und Kritiker mit einer fu­riosen Liveshow, angeführt von der charismatischen Sängerin Cristina Manjón. Ihr Album „Aurora", das Anfang des Jahres erschien, ist nicht weniger beeindruckend. Die Band verbindet Rock, Flamenco und elektronische Beats zu einer elektrisierenden Mischung. Spanische und englische Texte wechseln sich ab, wie auch in der Ende Oktober ausgekoppelten Single „Toda la vida".

Fuel Fandango, „Aurora", Warner.

Verzerrter Gesang und Nietzsche

Hinter dem verzerrten Gesang, den dreckigen Gitarren und dem scheppernden Schlagzeug versteckt das mallorquinische Trio Lost Fills auf seinem zweiten Album „Hiper Centro" - benannt nach dem gleichnamigen Supermarkt - eigentlich ganz hübsche Melodien. Und neben Texten, die eher Alltägliches behandeln („Merda") setzen sie sich etwa in „Cercles Negres" kritisch mit Nietzsches Konzept der ewigen Wiederkehr auseinander. Zudem liefern sie in „L´àngel purificador" eine Erklärung dafür, warum der Teufel in der Religionsgeschichte eigentlich die Oberhand behalten müsste.

Lost Fills, „Hiper Centro", Titola.

Experimente mit mallorquinischem Folk

Insgesamt vier Jahre hat die 1982 in Manacor geborene Sängerin Joana Gomila an ihrem Album „Folk Souvenir" gearbeitet. Ihr Ziel: traditionelles mallorquinisches Liedgut in ein neues Gewand zu verpacken. Dafür leiht sie sich hier ein paar Elemente des Jazz aus, vermischt die Songs mit Samples und Zitaten aus Interviews mit Mallorquinern, und hier und da darf auch mal eine verzerrte elek­trische Gitarre erklingen. Das Ergebnis ist musikalisch durchaus spannend und könnte einen Einstieg in die reiche Tradition des mallorquinischen Liedes geben.

Joana Gomila, „Folk Souvenir", Bubota.

Vier spanische Frauen erobern die Welt

Ihr Auftritt auf Mallorca liegt zwar länger als zwölf Monate zurück (im September 2015 auf dem Solar Fest), aber schon damals braute sich der Hype um die Madrider Band Hinds zusammen, der mit Erscheinen des Albums „Leave Me Alone" explodierte. Schrammelige Gitarren und sorglose Texte, gepaart mit der unwiderstehlichen Dynamik, die die beiden Frontfrauen Carlotta Cosials und Ana Perrote ausstrahlen, erfreuen Kritiker und Publikum gleichermaßen. In diesem Jahr sind die vier jungen Frauen schon mehrmals um die Welt getourt.

Hinds, „Leave Me Alone", Lucky Number.

Instrumentaler Rock als Geschichtsstunde

Das musikalische Gegenstück zum Happy-Urlaub-Image der Insel. Die Band Forces Electriques d´Andorra, die sich nach dem Stromversorger des Pyrenäenstaates benannt hat, spielt schwere instrumentale Rockmusik. Laute verzerrte Passagen wechseln sich dabei mit ruhigen, fast hypnotischen Klangteppichen ab. Inspiriert sind die Songs von den Werken Joseph Conrads, aber auch von der Geschichte des 1629 vor Australien gesunkenen Handelsschiffes „Batavia", dessen Überlebende sich der Terrorherrschaft des Kaufmanns

Jeronimus Cornelisz unterwerfen mussten.

Forces Electriques d´Andorra, „Congo", Bubota.

Songs wie aus Übersee

Dass amerikanisch klingende Rockmusik nicht unbedingt aus den USA kommen muss, beweist das mallorquinische Sextett Son and The Holy Ghosts auf seinem dritten Album „1995". Von Americana bis Pearl-Jam-Grunge zitiert die Band, immer getragen von der charismatischen Stimme des Sängers Biel Mesquida, die prägendsten Stilrichtungen des US-Rocks der vergangenen Jahrzehnte. Die Band beherrscht das Spiel zwischen breiten Gitarrenwänden, die aber nie übermäßig hart werden, und den intimen Momenten, die nur von Akustikgitarre begleitet werden.

Son and The Holy Ghosts, „1995", Espora.

Lieder, die ein Lebensgefühl ausdrücken

Das vierte Album der Indie-Band Manel aus Barcelona, „Jo competeixo", landete nach der Veröffentlichung im Mai auf Platz eins der spanischen Charts. Und das, obwohl alle Lieder­texte auf Katalanisch und nicht gerade einfach gestrickt sind. Melodien, Rhythmen und Arrangements sind umgänglich, vielspurig, entspannt, manchmal gewagt. Das Phänomen Manel belegt, was englischsprachige Bands schon lange vermuten lassen. Fans erwarten keine verständlichen Texte. Lieder müssen vor allem ein Lebensgefühl vermitteln, das dem der Zuhörer entspricht.

Manel, „Jo competeixo", Warner.

In der Gang von Miquel Barceló

Forats Negres waren mehr als nur eine Band. Die vier Musiker experimentierten Anfang der 80er-Jahre mit befreundeten Künstlern, unter ihnen Aina Bonner, Rafel Joan und Miquel Barceló, an künstlerischen Konzepten für Live-Shows. Die Band trat etwa in Weiß gekleidet vor weißem Hintergrund auf und ließ Gemälde auf die Bühne projizieren. 1981 nahm man ein zehn Songs langes Demoband auf, das aber erst jetzt erschienen ist. Darauf zu hören ist solider Postpunk mit hektischem Gesang und weitgehend unverzerrten Gitarren. Das Cover hat Miquel Barceló gestaltet.

Forats Negres, „Maqueta 1981", Espora.