Mitten im alten jüdischen Viertel, wo die Gentrifizierung des Stadtkerns fortschreitet, aber noch nicht abgeschlossen ist, gibt es Grund zur Hoffnung: Kreative und tatkräftige Leute haben ein Coworking-Kulturzentrum-Geschäft eröffnet. Es heißt Almacén de Salazones (Lager für Pökelfisch) und ist auf jeden Fall besuchenswert. Geld nicht vergessen, denn was da geboten wird, ist gut und günstig.

Der Name ist eine Referenz an alte Zeiten und hat weder mit der jetzigen noch mit der ursprünglichen Nutzung des mehrstöckigen Raumes zu tun. Hier gibt es Möbel, Collagen, Mode, Grafikdesign und Illustrationskunst. Der Gemeinschaftsraum, seine Nutzer und das, was sie herstellen, wirken bei aller Vielfalt vor allem echt und ehrlich.

Die Initiative zeigt: Palmas Altstadt steht noch nicht komplett zum Ausverkauf. Es gibt noch Leute, die hier tatsächlich leben und arbeiten, Leute wie Bita Bennàssar, Candela López, Rosa Bosch, Tina Codina und Antònia Fuster. Sie hoffen, dass die Miete des großen Ladens mit Lagerraum nicht bald in die Höhe schießen wird, und sie hoffen, dass Anwohner und Besucher den schönen, neuen Ort in der kleinen Pelleteria-Straße entdecken werden. Nicht nur, um zu kaufen, was ausgestellt wird. Man kann hier auch Arbeiten in Auftrag geben oder an Workshops teilnehmen.

Sie alle sind ausgebildete Fachleute. Bita Bennàssar hat Industriedesign studiert und verdient sein Brot als Gestalter von TV-Sets oder Studios sowie als Restaurateur von Vintage-Möbeln. Nebenbei arbeitet der 46-Jährige im Souterrain, an einer riesigen Werkbank. Seine Recycling-Möbel überzeugen stilistisch und materiell. „Ich verarbeite nur noble Materialien", sagt er und zeigt auf einen Metallstuhl mit gelber Lehne, den er ohne Sitzfläche gefunden hat. Er hat sie neu daraufgeschraubt: eine nicht ganz eckig abgeschliffene, matt lackierte, ­dicke Furnierholzplatte. Und aus kleinen Hirschgeweihen hat Bennàssar zwei unverfroren kitschige Tischlämpchen mit rot-weiß karierten Lampenschirmchen gemacht, die „irgendwie aussehen, als kämen sie aus der Schweiz". Rund um die Schalter auf dem Lampenfuß hat er aus einer Laune heraus Rehfell geklebt.

Auch Antònia Fuster arbeitet mit Stilsicherheit und Materialkunde. Die ehemalige Kostümbildnerin schneidert tragbare, hochwertig verarbeitete Kleidung und Taschen der Marke „Antonia Camia". Die Stoffe sind alt, viele stammen aus aufgelösten Fabriken und liegen mit ihrer zurückhaltenden Retro-Eleganz voll im Modesty-Trend.

Candela López beweist Humor. Die Grafikdesignerin und Illustratorin bietet unter der Marke „Miteta" (meine Titte) bedruckte T-Shirts, Poster, Postkarten oder Lederfliegen. Dargestellt sind alte Leute oder Accessoires, die mit dem Alter assoziiert werden: Hosenträger, an die man eine Kamera knüpfen kann, oder Holzbroschen, auf die bequeme Herrenunterhosen und Damenschlüpfer gedruckt sind. López arbeitet auf einer erhöhten, gut ausgeleuchteten Halbetage mit Blick durch das große Schaufenster des Almacén.

Die Künstlerin Rosa Bosch schließlich ist neu dazugekommen. Sie fertigt mit Naturfarben Drucke an, auf Papier, Stoff und alle möglichen Materialien. Und was macht Tina Codina? Sie bastelt witzige Fotocollagen, mit Figürchen, die auf Wurststückchen herumklettern oder in Eintöpfen schwimmen. Und sie schmeißt den Laden. Die Kulturmanagerin ist eine der erfahrensten Frauen der mallorquinischen Szene und hat vor allem ein Händchen dafür, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ihrem Riecher ist der Laden zu verdanken.

Almacén de Salazones, C/. Pelleteria, 5, Palma. Do., Fr., Sa. 10-14 Uhr, Do., Fr. auch 17-20 Uhr. Tel.: 871 02 69 08.