Die Welt ist voller ­Widersprüche. Auf der einen Seite Kriege, Dürren, Abholzung, verdreckte Küsten, Ausbeutung und Instabilität. Auf der anderen Seite volle Regale im Supermarkt, Sicherheit auf der Straße, stabile Familien, ärztliche Versorgung, bezahlte Arbeit und Menschenrechte. Und zwischendrin die Vögel, die sich mühe­los von einer Welt in die ­andere bewegen.

Dieser Grundgedanke steht am Anfang des Stückes „Birdie", symbolisiert durch das Bild von Flüchtlingen, die über einen riesigen Zaun an einem Golfplatz nach Europa klettern. „Birdie" - der Titel verweist zugleich auch auf Hitchcock und auf das Golfspiel selbst -ist eine Produktion des Ensembles Señor Serrano, einer der renommiertesten spanischen Theatergruppen. Und der englischsprachige Beitrag in der aktuellen Saison des Teatre Principal. Es wird am Donnerstag (16.11.) und Freitag im kleinen Saal aufgeführt.Spiel mit den technologischen Möglichkeiten

Señor Serrano, Preisträger des Silbernen Löwen bei der Theater­biennale in Venedig 2015, sind für ihr Spiel mit technologischen Möglichkeiten bekannt. Das Stück wird auf einer ­Leinwand inszeniert: Die Ensemble­mitglieder filmen auf der Bühne diverse Miniaturfiguren; das Resultat ist live im Hintergrund zu sehen. Zum Einsatz kommen in „Birdie" unter anderem 2.000 Plastikfigürchen von Tieren, verschiedene Landschaftsmodelle und allerlei andere Gegenstände wie eine Kaffeekanne oder ein Aschenbecher.

Ein ähnliches Projekt wurde schon vor einem Jahr im Teatre Principal gezeigt. Damals war es die Dramaturgin Cris Blanco, die in ihrem Ein-Frau-Stück „El agitador vórtex" die gleiche Technik verwendete. Nur dass Blanco in ihrem Stück eine absurde Komödie um verschiedene Filmgenres präsentierte, während Señor Serrano sich der Missstände in der Welt annehmen. Allerdings fehlen auch hier nicht Humor und Empathie.

Fusion von Genres

Das Ensemble Señor Serrano, das zurzeit aus Àlex Serrano (künstlerische Leitung), Pau Palacios (Dramaturgie) und Bárbara Bloin (Produktion) besteht und ansonsten mit wechselnden Mitwirkenden arbeitet, ist 2006 in Barcelona gegründet worden. In seinen bislang neun Produktionen, die alle von der Fusion von Genres leben, hat sich Señor Serrano mit so unterschiedlichen Themen wie Einsamkeit, den Schwierigkeiten des künstlerischen Schaffens und der Wahrung von Erinnerung auseinandergesetzt. Auch ein biografisches Stück über den Schauspieler Marlon Brando ist dabei sowie eines über Osama Bin Ladens letzten Unterschlupf in der pakistanischen Provinzstadt Abottabad.

„Birdie" ist im Rahmen mehrerer Workshops und in Anwesenheit von Publikum entstanden. Die Uraufführung war 2016 im Teatre Grec in Barcelona. „Gerade als wir damit anfingen, eskalierte die Flüchtlingskrise", schreiben die Macher in einem Text zum Stück. Ihr Ziel sei es gewesen, sich nicht von spontaner Wut leiten zu lassen, sondern einen Schritt zurückzutreten und zu versuchen, dem Chaos einen Sinn zu geben. Mit Erfolg: Juan Carlos Olivares schrieb in der Tageszeitung „El País" über das Stück, es sei eine „makellose Geschichte über die Menschlichkeit in den drei Dimensionen einer Miniaturwelt".

Birdie, Señor Serrano, ­Tea­tre Principal, 16./17.11., jeweils 20 Uhr, Eintritt 15 Euro