Auf dem Boden vor dem Kongresszentrum steht ein gebrauchter Kaffeebecher. Ramón Vidal Castro hebt ihn auf. „Das macht keinen guten Eindruck", sagt der Chef des seit 2017 nach jahrelanger Verzögerung eröffneten Kolosses direkt an Palmas Stadtstrand Can Pere Antoni. Vidal ist ein freundlicher Mann, der sich bescheiden gibt. Er selbst habe keine Sekretärin, erzählt er. Wenn er von der Arbeit spricht, betont er das Team. Seit Anfang des Jahres umfasst die Arbeit neben der Buchung von Firmenevents und Kongressen auch kulturelle Veranstaltungen, die in den beiden Sälen Auditori Illes Balears (1.978 Plätze) und Auditori Mallorca (462 Plätze) abgehalten werden. Bisher sind dort die spanische Sopranistin Ainhoa Arteta und das Russische Staatsballett aufgetreten. Am 23.2. wird die Kantate „Carmina Burana" aufgeführt.

Herr Vidal, wie sind die ersten Erfahrungen mit dem Kongresspalast als Kulturort?

Wir hatten schon im vergangenen Jahr größere Events, bei denen es etwa musikalische Auftritte gab. Allerdings waren das Benefizveranstaltungen. Wir haben zwei sehr gute Publikumssäle, und wir wollen das weiter nutzen.

War das Kongresszentrum schon von Anfang an auch für Kultur­events ausgelegt?

Ja, aber unser Fokus liegt natürlich bei den Kongressen und den Firmenevents. Das macht eine langfristige Planung von Konzerten oder Theaterstücken unmöglich.

Inwiefern?

Nun, wenn ich etwa mit einem Konzertveranstalter verhandle, muss ich ihm sagen: Ich halte dir den Termin frei, aber wenn etwas anderes reinkommt, bist du raus. Wir können nicht beispielsweise ein Firmenevent opfern, dass möglicherweise eine Woche lang mehrere Hundert Leute in die Stadt holt, nur weil wir an einem Abend ein Konzert programmiert haben. Da sind unsere Prioritäten ganz klar. Und während Kongresse üblicherweise eine lange Vorlaufszeit von ein bis zwei Jahren haben, kann es bei Firmenevents schnell gehen, in drei Monaten kann so etwas geplant werden. Die Kultur füllt die Lücken.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Kulturveranstaltungen aus, die bei Ihnen stattfinden?

Zum einen müssen sie natürlich ein gewisses Niveau haben. Da sind wir unserem Publikum verpflichtet. Zum anderen müssen wir das Kongresszentrum pflegen. Wenn wir also von Konzerten reden, müssen es ruhige Veranstaltungen sein. Wir können hier keine Rockkonzerte veranstalten, wo die Leute auf den Sesseln tanzen. Also werden Sie hier eher klassische Konzerte erleben.

Das Kongresszentrum gehört der Stadt, wird aber von der Hotelkette Meliá betrieben. Wie wirkt sich das auf die Finanzierung der Kulturveranstaltungen aus?

Die Stadt hat keinen Einfluss auf die Veranstaltungen, das machen wir von Meliá. Was die Finanzierung angeht: Wir finanzieren Benefizevents, etwa für die Hunger- oder die Kinderkrebshilfe. Teil dieser Veranstaltungen sind auch immer wieder Konzerte. Diese Events mit sozialem Charakter sind die einzigen kulturellen Veranstaltungen, für die es ein Budget gibt. Daneben gibt es eben die Veranstaltungen, bei denen wir mit einem privaten Veranstalter zusammenarbeiten.

In Ihrer Idealvorstellung: Welche Rolle soll das Kongresszentrum im kulturellen Leben der Stadt eines Tages spielen?

Ich möchte, dass die Bürger dieser Stadt das Kongresszentrum als einen Ort wahrnehmen, an dem unterschiedliche kulturelle oder gastronomische Events ebenso stattfinden wie Tagungen und Kongresse. Auch möchte ich festhalten: Das Kongresszentrum ist dafür da, die Nebensaison zu beleben, eine wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung zum Sommerurlaub zu bieten. Das ist unsere Hauptaufgabe.

Mit dem Auditori Illes Balears haben Sie einen der größten Theatersäle der Stadt. Wie stellen Sie sich das Verhältnis zu den anderen Veranstaltungsorten und insbesondere zum Auditorium de Palma vor?

Mir wäre es unangenehm, uns mit anderen Veranstaltungsorten zu vergleichen. Das Kongresszentrum ist ein weiterer Ort, der das kulturelle Angebot der Stadt bereichern kann. Ich glaube, es ist für die Menschen in Palma und in Mallorca nur von Vorteil, wenn sie ein breites Angebot haben.